Gesundheit, Herr Doktor!
glitt.
«Stimmt.» Sir Lancelot blickte, indem er sich den Bart strich, auf den Farbigen hinab. «Ich kenne Sie doch? Kommen Sie nicht aus Shoreditch?» Er musterte ihn nachdenklich.
«Nein, nein, von viel weiter», erwiderte der Mann aufgeregt. «Aus Schanka.»
«Ja, richtig. Sie sind der Patient, an dem Professor Dingo eine Herztransplantation vornehmen will.»
«Das ist alles Schwindel», erklärte der Mann leise, aber eindringlich. «Ich bin nicht sein Patient. Ich bin sein Schwager.»
Sir Lancelot fragte verblüfft: «Diese beiden Umstände sind doch nicht unvereinbar, möchte ich annehmen?»
«Aber ich bin nicht krank. Mir fehlt überhaupt nichts. Nicht das Geringste.» Das Männchen schlug fest auf seine Brust, sie dröhnte wie eine Trommel. «Hören Sie? Ich bin gesund wie ein Floh.»
«Aber Professor Dingo hat mir doch vor genau zwei Tagen klar und deutlich mitgeteilt, daß Sie an einem schweren angeborenen Herzdefekt leiden. An einem Defekt, für dessen Behebung ich ebenfalls nur in einer Herztransplantation Hoffnung sehe.»
«Ich will keine Operation, nicht um mein Leben», rief der Patient in hellster Verzweiflung.
«Sie zeigen aber Professor Dingo gegenüber nicht sehr viel Dankbarkeit», wies Sir Lancelot den dicht an seinen Bauch gepreßten Mann streng zurecht. «Er hat Sie schließlich, zweifellos unter hohen Kosten, den weiten Weg hierhergebracht, damit Ihre Operation in unserem gut ausgerüsteten modernen Spital vorgenommen werden kann.»
«Mein Herz ist am richtigen Platz», protestierte der Patient erbittert. «Hören Sie mich bitte an, Sir Lancelot. Sie müssen mir helfen. Dieser Mörder, der unser Land regiert, möchte den Nobelpreis erhalten. So sagte er denn zu Professor Dingo: Professor Dingo und eine Herztransplantation! Unter uns, Sir Lancelot: Nicht einmal meine Zehennägel möcht ich mir von ihm schneiden lassen. Aber Professor Dingo muß eben einen Versuch wagen. Oder es endet damit, daß er toter sein wird als... toter als ich innerhalb der nächsten vierzehn Tage.» Er wischte sich mit dem Handrücken über die Augen.
Der Lift hielt im Erdgeschoß, und seine Insassen begannen sich in Bewegung zu setzen. Pip blieb im Lift drinnen, verschanzt hinter dem Frühstückswagen. Sir Lancelot und der Mann im Frotteeschlafrock traten in die große Eingangshalle hinaus.
«Eine beklagenswerte Sache -» Die Hände tief in die Sakkotaschen vergraben, bewegte sich Sir Lancelot auf die Tür zu. «Aber warum haben Sie bei diesem Unternehmen mitgemacht? Es scheint mir übrigens noch mehr ein vorsätzlicher Mord zu sein als die übrige Chirurgie.»
«Ich hab ja gar nicht freiwillig mitgemacht! Ich mußte. Sonst hätte mich der Präsident erschießen lassen. Mir schien es am gescheitesten, nach London mitzureisen und dann zu fliehen. Professor Dingo hat mich nie leiden können», fügte der Patient hinzu. «Ich glaube, kein normaler Mann mag seinen Schwager.»
«Schau, schau, da bist du ja! Ich hab mich schon gefragt, wo du steckst.» Professor Dingo näherte sich strahlend vom Eingang her und packte seinen Patienten mit liebevollem, aber eisernem Griff am Arm. «Nach dem Frühstück ein wenig spazierengegangen, was? Du Schlimmer!» gluckste er und fuchtelte dabei dem andern mit dem Finger kräftig unter der Nase. «Hab ich dir nicht gesagt, du sollst in deinem netten, gemütlichen, sterilen Bett bleiben, bis sich ein Pechvogel überfahren oder sonstwie umbringen läßt, damit dann endlich der Spaß beginnen kann, he?»
«Sie haben eigentlich nie erwähnt, daß Sie beide miteinander in Beziehung stehen», bemerkte Sir Lancelot.
«In Beziehung?» sagte Professor Dingo verdutzt, dann grinste er breit. «Klar. In der famosen Arzt-Patient-Beziehung.»
Er wälzte sich eine Minute lang vor Lachen.
«Die Arzt-Patient-Beziehung», wiederholte er, «ist die beste Beziehung der Welt. Patienten nisten sich nicht im Hause des Arztes ein und schnorren ihn nicht an. Nicht, wie wenn einer etwa der Schwager des andern wäre, was?»
«Soll ich das so auslegen, daß er wirklich Ihr Schwager ist?» fragte Sir Lancelot mit schärferer Stimme, als er bemerkte, daß des Professors Sinn für Humor so weit ging, seinen jämmerlichen Gefährten mehrmals mit den Fäusten in die Rippen zu stoßen.
«Vielleicht. Wer weiß das schon? In Schanka haben
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