Gesundheit, Herr Doktor!
Schritt zurück. «Sie wollen doch damit nicht sagen, daß auch die Patienten streiken?»
«Ich bin nicht sein Patient. Ich bin sein Schwager.»
«Ich vermag Ihnen nicht ganz zu folgen», sagte der Vorstand verwirrt.
«Professor Dingos Schwager. Aus Schanka. Er soll mein Herz herausnehmen und mir das Herz eines ganz fremden Menschen einsetzen.»
«Ach ja, jetzt erinnere ich mich. Dingo ist auf Grund eines Chirurgenaustausches hier, den das Ministerium zur Förderung von Entwicklungsländern arrangiert hat. Eine anerkennnswerte Idee, die viele Vorurteile beseitigen wird. Er tut es nur zu Ihrem Besten», tröstete Sir Lionel den Patienten und versuchte, sich dem klammernden Griff der braunen Finger zu entwinden.
«Er tut es nur wegen der fetten Pension, die er von dem Verbrecher, der unser Land regiert, kriegen wird», erwiderte der Mann bitter. «Mein Herz ist absolut tipptopp. Schlechte Füße habe ich, aber mein Schwager ist nicht daran interessiert, Füße zu operieren, die keinen Ruhm einbringen.»
«Falls Sie irgendwelche Beschwerden bezüglich Ihrer Behandlung haben», sagte der Vorstand, nachdem er sich befreit hatte, «brauchen Sie keine Angst zu haben, daß diese kein Ohr finden. Falls Ihre Beschwerden begründet sind, werden wirksame Vorkehrungen getroffen werden, sie zu beheben.»
«Wie schön!» Das Gesicht des Männchens strahlte. «Ich wußte doch, daß Sie ein guter Mensch sind. Weisheit und Wohlwollen glänzen in Ihren Augen wie kostbare Juwelen im Sonnenschein.»
«Danke.»
«Mein Herz fühlt große Erleichterung. Und wie stelle ich es an, aus Ihrer überaus willkommenen Information Nutzen zu ziehen?»
«Sie befinden sich in einem vom Volksgesundheitsdienst betreuten Spital, folglich können Sie alle Vorteile unseres Volksgesundheitsdienstes genießen. Genauso, wie wenn Sie als britischer Untertan geboren worden wären», erklärte der Vorstand. «Für derlei Zwecke ist soeben ein Beamter eingesetzt worden. Sein Titel lautet eigentlich , aber er wird stets nur genannt. »
«Ombudsman», wiederholte der Patient langsam. «Bitte, Sir Lionel, wo in diesem Spital kann ich jene machtvolle Persönlichkeit finden?»
«Oh, er befindet sich nicht hier bei uns», erwiderte der Vorstand belustigt. «Ich weiß überhaupt nicht genau, wo er sich befindet. Vielleicht sollten Sie es in Whitehall versuchen. Aber seine Lokalisierung ist belanglos, weil sämtliche Beschwerden selbstverständlich schriftlich eingebracht werden müssen. Mr. Clapper im Verwaltungsbüro wird Ihnen die korrekte Vorgangsweise mitteilen können.» Er deutete hinter sich auf die Tür. «Innerhalb von sechs bis zwölf Monaten dürfen Sie mit einer positiven oder negativen Erledigung rechnen können.»
«Aber in sechs Monaten bin ich tot und begraben», sagte der Mann, außer sich. «Und noch dazu mit dem Herzen eines Fremden in mir drinnen!»
«Das ist Ihr Problem, möchte ich sagen. Entschuldigen Sie mich bitte. Ich habe dringend im Keller zu tun.»
Der Patient faßte neuerlich nach des Vorstands Rockaufschlägen. «Aber, Sir Lionel - verstehen Sie denn nicht? Dieser Beamte muß mich, wo immer er ist, sofort aus dem Spital entlassen.»
«Nichts, aber auch gar nichts, hindert Sie daran, zu gehen, wenn Sie Lust haben», erwiderte der Vorstand gereizt und versuchte abermals, sich von den braunen Fingern freizumachen. «Sie sind im St. Swithin, nicht im Staatsgefängnis.»
«Ah, da bist du ja, du alter Gauner!» dröhnte eine Stimme im Korridor. «Hast du mir aber Sorge gemacht!»
Die riesige, joviale Gestalt Professor Dingos näherte sich in rasantem Tempo. Sein Patient klammerte sich unter Winseltönen noch fester an den Institutsvorstand.
«Fast eine Minute lang hast du mich glauben lassen, du wärst vor Schreck über deine lebensrettende Operation getürmt. Sir Lionel Lychfield, nehme ich an?» Unter schallendem Lachen schüttelte Dingo dem Vorstand die Hand und packte zugleich seinen winzigen Patienten fest an der Schulter. «Der ist ja ein nervöser Typ. Fortwährend muß ich ihm sagen: «Ganz gewiß, die Transplantationschirurgie hat Riesenfortschritte gemacht», bestätigte der Vorstand.
«Nichts weiter dabei. Wir warten lediglich, daß irgend so ein Scheißkerl irgendwo hineinfährt, ins Spital kommt mit seinem alten
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