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Getäuscht - Thriller

Titel: Getäuscht - Thriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bastei Lübbe
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Hurensohn erwischte, bevor er seine verbrecherischen Pläne in die Tat umsetzen konnte.
    Graves warf einen finsteren Blick auf sein Gesicht im Innenspiegel. Schluss damit, sagte er sich. Spiel dich nicht auf wie ein großer Denker. Du bist kein Edmund Burke. Konzentriere dich auf deine Arbeit. Finde heraus, was Emma Ransom vorhat, und zwar schnell.
    Er bog auf den Sloane Square ab und entdeckte augenblicklich sein Ziel. Doch es gelang ihm nicht, den plötzlichen Anflug von Melancholie abzuschütteln. Er konnte sich nicht vorstellen, dass es jemanden gab, der nachvollziehen konnte, wie er sich fühlte.
    Mit Ausnahme von Kate vielleicht.
 
    Ein unauffälliges Messingschild, auf dem die eingravierten Buchstaben mit der Zeit fast unleserlich geworden waren, war alles, was auf den Windsor Club am Sloane Square hinwies. Graves drückte auf die Klingel. Eine Frauenstimme meldete sich aus dem Lautsprecher, und Graves nannte seinen Namen und seinen Dienstgrad. »Ich komme in einer dringenden Angelegenheit«, fügte er hinzu. »Öffnen Sie bitte.«
    Ein Summer erklang, und Graves drückte die Tür auf. Der Eingangsbereich war vollständig mit Holz ausgekleidet. An der Decke hing ein Kronleuchter aus der Zeit Admiral Nelsons. Der Boden war abgenutzt und benötigte dringend eine gründliche Politur. Heruntergekommener Chic für Mitglieder, die zu reich waren, um sich über Kleinigkeiten wie diese aufzuregen.
    »Colonel Graves, ich bin James Tweeden, der Clubmanager. Wie kann ich Ihnen behilflich sein?« Der Mann war groß und kräftig und trug einen konservativen dunkelblauen Anzug mit Krawatte. Sein Händedruck war eisern. Militärische Laufbahn, vermutete Graves und folgte Tweeden in eine leere Lounge.
    »Haben Sie immer so lange auf?«, fragte Graves, wobei er sein Jackett aufknöpfte und es sich auf einem Stuhl bequem machte.
    »Im Grunde gibt es keine festen Öffnungszeiten. Der Club macht um elf Uhr morgens auf. Das Personal bleibt so lange hier, wie es gebraucht wird.«
    Ein Kellner erschien. Tweeden schickte ihn mit einer Geste wieder fort, noch bevor Graves um einen Tee bitten konnte.
    »Ich bin wegen Robert Russell hier. Er war vor zwei Tagen bei Ihnen. Ich möchte gerne wissen, mit wem er sich hier getroffen hat.«
    »Wir geben keine Informationen über unsere Mitglieder an Dritte weiter«, sagte Tweeden. »Unser Haus nennt sich nicht umsonst Privatclub.«
    »Und wie steht es mit ihren Ex-Mitgliedern? Russell ist tot.«
    »Das ändert nichts. Wir müssen schließlich an Russells Familie denken.«
    »Dafür habe ich vollstes Verständnis. Unter normalen Umständen würde ich Sie jetzt nicht weiter belästigen, aber in diesem Fall kann ich leider nicht anders. Wir haben Fotos von Russells Wagen, der in der fraglichen Nacht vor Ihrem Club geparkt war.«
    »Steht das in irgendeinem Zusammenhang mit seiner Ermordung?«
    »Es geht um viel mehr.« Graves beugte sich vor und raunte Tweeden vertraulich zu: »Wissen Sie, Mr. Tweeden, Sie arbeiten vielleicht bis spät in die Nacht, aber bei mir sieht das für gewöhnlich anders aus. Wenn ich um 1.30 Uhr morgens in Ihrem Club aufkreuze, dann nur, weil ich in einer sehr ernsten Angelegenheit ermittle. Es geht um die nationale Sicherheit. Wenn Sie möchten, können Sie gerne den Direktor des MI 5 anrufen.« Graves streckte Tweeden sein Handy entgegen.
    »Ich denke, das ist nicht nötig.« Tweeden winkte Graves näher zu sich heran. »Sie müssen mich verstehen, Colonel. Ich habe mir diese Stellung hart erarbeitet. Die Konkurrenz schläft nicht. Unsere Mitglieder sind ehrbare Leute. Russells Vater, der Duke, hat meinem Jungen einen Platz in Eton gesichert. Alles, was diese Leute als Gegenleistung erwarten, sind Loyalität und Diskretion. Wenn einer unserer Mitglieder in den Club kommt, will er die Welt für eine Weile draußen lassen.«
    Graves versicherte ihm erneut, dass er vollstes Verständnis dafür habe. »Was Sie mir sagen, bleibt zwischen Ihnen und mir. Ich gebe Ihnen mein Wort darauf, dass nichts von dem, was Sie mir anvertrauen, Ihre Stellung im Club gefährden wird.«
    »Also schön«, sagte Tweeden. »Aber es bleibt zwischen uns. Lord Russell war hier. Er kam um Mitternacht. Ich habe ihn begrüßt. Er bat mich um einen privaten Raum. Er erwartete einen Gast und wollte den Hintereingang benutzen ...« Hinter ihnen an der Tür erklangen Schritte. Graves blickte sich um und sah ein markantes, längliches Gesicht, das allen Briten ab dem zweiten Lebensjahr nur allzu gut

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