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Getäuscht - Thriller

Titel: Getäuscht - Thriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bastei Lübbe
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des Mörders liefern?«
    Graves stieg der Geruch des alten Leders und der neuen Reifen in die Nase. Für ihn war es der Geruch uneingeschränkter Macht. »Einverstanden.«
    Chagalls Sorgen schienen sich augenblicklich in Luft aufzulösen. Auch seine fast anbiedernde Art war von einer Sekunde auf die andere verschwunden. Nun wirkte er wieder arrogant wie eh und je. »Sie sollten die Information von der Quelle selbst hören. Anderenfalls würden Sie mir wahrscheinlich nicht glauben. Ich werde meinen Informanten sofort anrufen. Hätten Sie heute Abend Zeit?«
    »Ich werde mir den Abend freihalten.«
    »Großartig.« Chagall blickte auf. »Ich habe noch eine letzte Frage, Captain Graves. Sie haben gesagt, dass Russells Mörder vom Keller aus in seine Wohnung gekommen ist. Aber der Keller wird ebenfalls überwacht. Ich weiß es, denn ich hätte mir dort beinahe selbst ein Apartment gekauft. Würden Sie mir verraten, wie der Mörder in den Keller gelangen konnte?«
    Graves kam auf die Fahrerseite des GT 40 und klopfte zum Abschied mit den Fingern gegen die Wagentür. »Der Mörder hatte sich im Kofferraum von Russells Wagen versteckt.«
    Chagall blickte Graves mit weit aufgerissenen Augen nach, als dieser zu seinem Wagen ging.

60.
 
    Jonathan ging vom Gas, als er die französische Grenze erreichte. Die Autobahn führte von hier aus in zwei Fahrtrichtungen weiter. Der Abzweig, der in westliche Richtung verlief, führte ins Hügelland; der andere verlief entlang der Küste. Im frühabendlichen Verkehr kamen die Fahrzeuge nur schleppend voran. Nach ungefähr einem Kilometer steckte Jonathan im Stau fest. Er lehnte das Motorrad gegen das linke Bein und ließ den Blick über die zahllosen Autodächer schweifen. Auf der anderen Seite der Autobahn erhob sich ein Hügelhang mit Reihenhäusern, Gärten und zwischen Olivenbäumen gespannten Wäscheleinen. Vom Meer wehte eine leichte Brise herüber und brachte den Geruch von Salzwasser mit, der sich mit dem Gestank der Auspuffgase und dem warmen Duft der Pinienbäume vermischte.
    Die Autoschlange schob sich quälend langsam voran. Jonathan konnte nun die muschelförmigen Gebäude sehen, in denen die Büroräume der Zoll- und Einwanderungsbehörde untergebracht waren. Zollbeamte und Polizisten gingen zwischen den Fahrzeugen umher und warfen einen kurzen Blick auf Reisepässe und Personalausweise, bevor sie die Fahrzeuge durchwinkten.
    Jonathan nahm den Motorradhelm ab, als er das Zollhaus erreichte. Den Ausweis hielt er griffbereit in der Hand. Er war auf den Namen Dr. Luca Lazio ausgestellt. Das Foto war sieben Jahre alt, zerkratzt und ausgebleicht.
    Ein Polizist kam zu Jonathan und musterte ihn von Kopf bis Fuß. »Die Papiere, bitte.«
    Jonathan reichte ihm den Ausweis.
    Der Polizist musterte prüfend Jonathans Gesicht und warf erneut einen Blick auf den Ausweis. »Dr. Luca Lazio?«
    »Der bin ich.«
    »Sie sind Arzt?«
    »Ja.«
    Der Polizist gab ihm den Ausweis zurück. »Danke«, sagte er. »Weiterhin gute Fahrt.«

61.
 
    Eine ganz normale Nacht. Eine ganz normale Inventur.
    Emma breitete ihr übliches Werkzeug auf dem Bett aus: Messer, Isolierband, Pfefferspray, Elektroschockpistole, zwei Paar Handschellen, Mullkompressen (eine Packung, hypoallergen), eine Sig Sauer 9 mm mit Schalldämpfer sowie zwei Magazine.
    Sie trat einen Schritt zurück und begutachtete die Werkzeuge, die sie heute Nacht brauchen würde. Schon auf den ersten Blick fiel ihr auf, dass etwas fehlte. Sie durchwühlte ihre Tasche, bis ihre Finger den rechteckigen metallenen Gegenstand ertasteten, den Dietrich.
    So. Alles komplett.
    Emma setzte sich aufs Bett und untersuchte jedes einzelne Werkzeug, um sicherzugehen, dass alles einwandfrei funktionierte.
    Sie prüfte die Schärfe des Messers.
    Sie markierte den Anfang des Isolierbands, damit sie es später ohne langes Suchen benutzen konnte.
    Sie entfernte das Schutzsiegel vom Pfefferspray und drückte probehalber kurz auf den Sprühknopf. Eine kleine Pfefferwolke verteilte sich im Raum. Sie schnüffelte, und sofort stiegen ihr Tränen in die Augen. Zufrieden legte sie die Dose zurück aufs Bett.
    Sie stellte die Elektroschockpistole auf zehntausend Volt ein und prüfte, ob die Batterien voll waren.
    Handschellen und Mullkompressen waren in tadellosem Zustand.
    Emma schraubte den Schalldämpfer auf die Pistole und schob ein Magazin ein. Sie wartete, bis ihre Hand sich an das Gewicht der Waffe gewöhnt hatte, und zielte in die Zimmerecken. Dann zog sie das

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