Getäuscht - Thriller
leichtsinnig und grenzte an einen Dilettantismus, der in keiner Weise zu dem ausgeklügelten Plan passte, der hinter dem Diebstahl der Computer-Notfallcodes der IAEO steckte.
»Der Festnetzanschluss gehört einem gewissen G. Bahrani, Rue Jean Mathieu 84.« Am anderen Ende der Leitung trat eine kurze Pause ein; dann meldete Graves' Freund sich zurück. Seine Stimme überschlug sich beinahe vor Aufregung: »Charles, bist du noch dran? Warte mal eine Sekunde. Gütiger Himmel ... okay, wir haben Glück.«
»Was ist los?«, fragte Graves angespannt.
»Wir hatten soeben einen Anruf auf einer der SIM-Karten-Nummern, die du mir genannt hast. Die beiden Gesprächsteilnehmer telefonieren genau in diesem Moment miteinander.«
Einer der beiden musste Emma Ransom sein, ging es Graves durch den Kopf. »Kannst du das Gespräch mithören?«
»Leider nein. Dafür fehlt uns die notwendige Technik.«
Graves schluckte seinen Frust hinunter. »Wer ist der Anrufer, und wo befindet er sich jetzt?«
»Das kann ich dir leider auch nicht sagen. Der Anruf läuft über die France Télécom, also muss das Eingangssignal irgendwo aus Paris oder der näheren Umgebung stammen. Warte mal ... der Anruf wurde soeben beendet. Er hat genau einunddreißig Sekunden gedauert.«
»Setz dich sofort mit der France Télécom in Verbindung. Bitte sie um eine Liste aller Anrufe von oder zu dieser Nummer und sag ihnen, sie sollen so schnell wie möglich herausfinden, wo sich der Besitzer des Handys aufhält. Ich kümmere mich darum, dass der Durchsuchungsbefehl bis zum Mittag vorliegt. Es geht um den Bombenanschlag in der Victoria Street. Deshalb ist es äußerst dringend.«
»Ich sehe zu, was ich ausrichten kann.«
»Ach, übrigens, hast du noch etwas über die dritte Nummer herausfinden können, die ich dir genannt habe?«
»Die dritte Nummer? Absolut nichts. Sie ist noch nie benutzt worden.«
Graves hatte plötzlich eine böse Vorahnung. »Kannst du die Nummer sperren lassen? Sie deaktivieren, sodass man sie nicht mehr anrufen kann?«
»Ich bin sicher, dass die Jungs in der technischen Abteilung das hinbekommen. Es wird aber eine Weile dauern.«
»Wie lange?«
»Bis zum frühen Nachmittag.«
Also weitere zwölf Stunden. Das war zwar nicht optimal, aber besser als nichts. »Danke. Ich bin dir was schuldig.« Graves beendete das Gespräch und wählte Kate Fords Nummer. »Wo sind Sie im Moment?«, fragte er.
»In Èze. Wir durchsuchen gerade die Villa, in der Ransom sich zuletzt aufgehalten hat.«
»Wer ist der Eigentümer?«
»Offiziell gehört die Villa einem kleinen Unternehmen mit Namen VOR S. A. Es gehört einem gewissen Serge Simenon.«
»Serge Simenon ... Sergei Shvets. Die gleichen Initialen und ein ähnlich klingender Name, finden Sie nicht auch?«
»Tut mir leid, da komme ich nicht ganz mit.«
Graves informierte Kate über sein Treffen mit dem russischen Spion Kempa und über das, was er mit Hilfe seines Freundes beim Handyhersteller herausgefunden hatte. »Das Handy ist noch immer in Gebrauch und befindet sich derzeit irgendwo in Paris.«
»O Gott.«
»Haben Sie in der Villa irgendetwas entdeckt, was auf eine Verbindung nach Russland hindeutet?«
»Im Arbeitszimmer haben wir Dokumente in kyrillischer Schrift gefunden und ein paar CDs mit russischer Musik. Halten Sie das für einen Zufall?«
»Ganz sicher nicht. Wo ist das Flugzeug im Moment?«
»Auf der Landebahn in Nizza.«
»Wie schnell können Sie in Paris sein?«
»In drei oder vier Stunden, wenn ich mich beeile. Was haben Sie vor?«
»Eine Hausdurchsuchung«, sagte Graves. »Bei Tagesanbruch stürmen wir die Bude.«
67.
In Paris ging um Punkt 5.42 Uhr die Sonne auf. Auf ihrer Fahrt vom Flughafen Charles de Gaulle in die City beobachtete Kate, wie die Kathedrale Sacré Cœur auf dem Montmartre im Licht der ersten Sonnenstrahlen leuchtete. Der Wagen, in dem sie saß, fuhr ratternd über den Pont Neuf. Eine angenehm kühle Brise wehte von der Seine ins Wageninnere. Kurz darauf fuhren sie durch ein Wirrwarr eintöniger, heruntergekommener Straßen. Dies hier war eine andere Seite von Paris. Hier gab es keine weltbekannten Sehenswürdigkeiten, hier gab es nur traurige Überbleibsel aus der Kolonialzeit. Kate sah algerische Kaffeehäuser, arabische und türkische Cafés und schäbige Läden mit westafrikanischer Kleidung. Als sie in eine triste Plattenbausiedlung gelangten, schien sich die Stadt zu verdunkeln und verströmte eine feindselige Atmosphäre. Kate entdeckte
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