Getäuscht - Thriller
Stahlbolzen.
Fünf Säcke mit jeweils 5 Kilo Schrotmunition mit acht Kügelchen per Unze.
Vier 25-Kilo-Säcke mit Portlandzement.
Eine Rolle Kupferdraht.
Eine ein Meter lange Zündschnur, hergestellt von Bofors in Schweden.
Eine Schachtel mit insgesamt zehn Sprengkapseln.
Eine Dose mit Stalignite-Gel, besser bekannt unter dem Namen »Napalm«.
Ein originalverpacktes Handy und eine SIM-Karte mit einem Guthaben von 20 Britischen Pfund.
Und davor schließlich der Wagen, der die Bombe an ihren Zielort bringen würde, erst kürzlich ins Land gebracht und so blank poliert, dass sich die Neonbeleuchtung der Garage auf dem Lack spiegelte.
Der Wagen war ein BMW. Teure Autos waren weniger verdächtig als Schrottlauben, und dieses Modell hatte 90000 Pfund einschließlich Mehrwertsteuer gekostet. Es war ein silbergraues 7er-Modell mit schwarzen Ledersitzen, verlängerter Achse und 19-Zoll-Alufelgen. Ein Diplomatenauto. Ein Auto, das auf den Straßen von Whitehall, dem Stadtteil Londons mit den meisten Regierungsgebäuden, kaum auffallen würde.
Ein Mann stand neben dem Wagen und betrachtete ihn aufmerksam von allen Seiten. Er war blass und dünn und trug einen blauen Overall. Das Auffälligste an ihm waren seine Hände. An der linken Hand hatte er nur drei Finger. Den kleinen Finger und den Ringfinger hatte er bei einem Unfall mit einer defekten Sprengkapsel verloren. An der rechten Hand hatte er zwar noch alle Finger, aber die Haut war mit Narben übersät und bot einen grotesken Anblick. Die Brandverletzungen waren bei der Arbeit mit einem Material entstanden, das nicht mit Wasser gelöscht werden konnte. Es waren die Hände eines Bombenbauers.
Der Mann war ebenfalls heimlich ins Land gebracht worden, aber auf einem weniger verschlungenen Weg als der BMW. Er war vor vierundzwanzig Stunden mit dem Schnellboot einer Zigarettenschmugglerbande von Calais über den Ärmelkanal nach Dover gebracht worden. Nachdem er die Bombe gebaut und verstaut hatte, würde man ihn auf direktem Weg zum Strand zurückbringen. Doch ob man ihn wieder nach Calais oder zu einem anderen Zielort bringen würde, war ungewiss. Männer wie er sprachen niemals über ihre Reisepläne.
Niemand kannte den Namen des Mannes. Für seine Auftraggeber war er nur »der Mechaniker«.
Der Mechaniker ging langsam um den Wagen herum. Seine Hand glitt von der Motorhaube über das Dach bis zum Kofferraum. Keine Bombe war wie die andere. Jede musste so angefertigt werden, dass sie ihren speziellen Zweck bestmöglich erfüllte. Wenn ein Gebäude in die Luft gejagt werden sollte, brauchte man mindestens fünfhundert Kilogramm Sprengstoff und musste die Bombe möglichst nah ans Zielobjekt heranbringen. Dazu eignete sich am besten ein Lastwagen oder ein Kleintransporter. Außerdem brauchte man eine Person, die bereit war, bei der Aktion ihr Leben zu opfern. Für ein Bombenattentat mit möglichst vielen Toten oder Verletzten brauchte man weniger Sprengstoff, aber mehr Granatsplitter. Auch hier spielte die Entfernung eine entscheidende Rolle. Militärische Sprengstoffe explodierten mit einer solchen Wucht, dass die Druckwelle jedes Fahrzeug, das in der Nähe war, zerstörte und dass jeder Gegenstand, der fortgeschleudert wurde, über eine beträchtliche Entfernung hinweg zur tödlichen Waffe wurde.
Der Job, den der Mechaniker an diesem Abend erledigen sollte, war ein Zwischending zwischen diesen beiden Optionen. Sechs Stunden später war seine Arbeit vollendet.
Der Mechaniker begutachtete den BMW zum Abschluss mit dem kritischen Blick eines ehemaligen Polizisten. Der Wagen sah genauso aus wie vorher. Er hatte weder an den Seiten noch im hinteren Teil eine Schieflage. Der Sprengstoff war gleichmäßig auf der Beifahrerseite, im Kofferraum, in der Schwellerverkleidung, der Dachverkleidung und unter der Motorhaube verteilt.
Um die explosive Fracht im Fahrzeug zu verstauen, waren drei Arbeitsschritte nötig gewesen: Zuerst hatte der Mechaniker das Fahrzeuggestell mit Napalm-Gel bestrichen. Dann hatte er das Material verteilt: Nägel, Bolzen und Schrotladung. Abschließend hatte er den Plastiksprengstoff in Form gebracht und befestigt.
Den Zement hatte er benötigt, um das zusätzliche Gewicht auszugleichen. Ein Sack lag auf der rechten Seite im Kofferraum; den anderen Sack hatte der Mechaniker in kleinere Beutel umgefüllt und gleichmäßig im Motorraum verteilt. Der Zement sollte außerdem dafür sorgen, dass die Explosionswelle in die gewünschte Richtung gelenkt
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