Getäuscht - Thriller
zustimmend.
3.
Das SZ4, auch »Schwarzes Zimmer« genannt, war einer der fünf Sondereinsatzräume der britischen Einwanderungsbehörde auf dem Londoner Flughafen Heathrow. Es war ein stickiger Büroraum mit niedriger Decke, der direkt über der Ankunftshalle im Terminal 4 lag. An der Computerzentrale, die eine ganze Wand ausfüllte, saßen mehrere Polizisten und behielten die zahlreichen Monitore im Auge. Überwachungskameras an der Decke und hinter Doppelglasspiegeln waren auf die Fluggäste gerichtet, die an der Passkontrolle Schlange standen. Die Beamten der Passkontrolle waren über Funk mit SZ4 verbunden.
Jedes Jahr wurden rund achtundsechzig Millionen Reisende auf ihrem Flug von oder zu hundertachtzig Reisezielen in Großbritannien und anderen Orten rund um den Globus durch die Kontrollen am Flughafen Heathrow geschleust, dem meistbesuchten Flughafen der Welt. Etwa siebenundzwanzigtausend Menschen landeten hier täglich auf britischem Boden. Die Aufgabe der Einwanderungsbehörde bestand darin, ein wachsames Auge auf die Flut der Reisenden zu halten und Personen mit kriminellem Hintergrund die Einreise ins Vereinte Königreich zu verwehren.
Die Männer und Frauen an den Computern des SZ4 steuerten die Kameras und kontrollierten die Warteschlangen. Von jedem Reisenden wurde ein Bild aufgenommen. Dieses Foto wurde mit der Personenkontrollsoftware der Einwanderungsbehörde abgeglichen, die über eine Verbrecherdatei verfügte. Sobald der Computer eine verdächtige Person herausgefiltert hatte, wurde der oder die Betreffende sofort von Polizeibeamten in Zivil, die sich überall in der Ankunftshalle aufhielten, zu einem Verhörraum geführt, wo nach eingehender Befragung über eine Einreisegenehmigung entschieden wurde.
Zu den Überwachungskameras gehörte ein Scanner, der Körpertemperatur, Pulsschlag und Atemfrequenz des Verdächtigen maß. Außerdem waren die Kameras mit einem speziellen Bildsensor ausgestattet, dem selbst die unauffälligsten Signale und nervösen Ticks im Gesicht nicht verborgen blieben. Die Daten wurden in ein Programm mit Namen MALINTENT eingespeist, das mit einer Genauigkeit von vierundneunzig Prozent die kriminellen Absichten einer verdächtigen Person ermitteln konnte.
»Ich habe einen Treffer«, verkündete der Beamte auf Platz 3.
Sein Vorgesetzter kam zu ihm. »Wer?«
Der Beamte wies auf das Foto eines weißen Mannes mit gebräunter Haut und kurzen Haaren, der an der Passkontrolle stand. »Jonathan Ransom. Amerikaner. Kam mit der Maschine der Kenya Airways aus Nairobi. Körpertemperatur 37,5° Celsius. Puls 84. Der Mimik-Sensor gibt sechs von zehn Trefferpunkten an.«
»Liegt gegen den Mann etwas vor?«
»Bei uns nicht.«
»Und in den USA?«
»Ich warte noch auf Antwort.«
An der Passkontrolle war Jonathans Reisepass eingelesen und die Daten mit den Verbrecherdateien von Großbritannien, Interpol, den EU-Mitgliedsländern, den USA, Kanada, Australien und einem Dutzend weiterer Staaten abgeglichen worden. Anschließend wurden sein Name und die Passnummer an das FBI weitergeleitet, wo überprüft wurde, ob sein Name auf der Liste mutmaßlicher Terroristen und gesuchter Straftäter stand.
»Er sieht nicht gerade wie ein Schwerverbrecher aus«, sagte der leitende Beamte, der Jonathans Gesicht auf dem Monitor betrachtete. »Vielleicht hat die Verhaftung im Flugzeug den Mann nervös gemacht. Wen hat die CT eigentlich geschnappt?«
»CT« stand für Counter Terrorism, die Abteilung für Terrorbekämpfung der London Metropolitan Police.
»Ein mutmaßliches Mitglied von Al-Qaida.« Der Beamte richtete seine Aufmerksamkeit wieder auf den Bildschirm, auf dem soeben die angefragten Informationen erschienen. »Wir haben einen Treffer bei Interpol. Bei der Schweizer Bundespolizei wurde vor sechs Monaten ein Haftbefehl gegen Jonathan Ransom ausgestellt.«
»Weswegen?«
»Mord an zwei Polizeibeamten. Das Ganze ist ziemlich seltsam. Hier steht, dass der Haftbefehl sechs Tage später wieder aufgehoben wurde.«
»Warum?«
»Keine Angaben.«
»Lass mal hören.« Der leitende Beamte streifte sich Kopfhörer über. Sein Untergebener aktivierte eine Leitung, die es erlaubte, die Gespräche unten an der Passkontrolle mitzuhören.
»Ich muss Ihnen ein paar Fragen stellen, Dr. Ransom«, sagte der Beamte am Schalter soeben. »Besuchen Sie England aus beruflichen oder privaten Gründen?«
»Ich nehme an einem Ärztekongress im Dorchester Hotel teil. Ich bin mir nicht sicher, ob das unter
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