Geteilter Tod - Norman, H: Geteilter Tod - Caged
reicht leider nicht, um einen Richter zu überzeugen. Nicht einmal, dass zwei Leichen in seinem Aquarium lagen.« Martinez wischte sich mit der Papierserviette den Mund ab. »Verdammt. Jetzt ist mir schon wieder der Appetit vergangen.«
Was Anthony Christou betraf, hatten sie die Frage einer möglichen Täterschaft immer wieder diskutiert und waren übereingekommen, dass niemand so verrückt sein könne, zwei Opfer zu entführen, zu töten, in den eigenen Garten zu legen und dann die Polizei zu rufen.
Trotzdem - die Christous führten eine Ehe, in der einer den anderen nicht ausstehen konnte. Vielleicht war es sogar blanker Hass. Weder Sam noch Martinez waren jetzt schon bereit, sich die Christou-Theorie völlig aus dem Kopf zu schlagen.
»Wir könnten ihm in Boca einen Besuch abstatten«, regte Martinez an.
»Oder in seinem Büro«, erwiderte Sam.
Sie hatten herausgefunden, dass Christou seine kleine Restaurantkette aus einem Büro leitete, das sich im Obergeschoss des ersten Lokals befand, das er vor sechs Jahren in Aventura eröffnet hatte, dem Anthonys Taste of Ionia.
»Vielleicht hat er irgendwo eine zentrale Lagerhalle«, überlegte Martinez. »Irgendetwas, das so abgelegen ist, dass er die Opfer dort verstecken und diese scheußliche Klebstoffgeschichte mit ihnen anstellen kann, ohne dass jemand etwas davon mitbekommt.«
»Hast du eine Idee, welches Motiv dahinterstecken könnte?«, fragte Sam.
»Für die Beatty-Leute haben wir doch auch kein Motiv.«
»Stimmt.« Sam zuckte mit den Achseln. »Okay, reden wir noch mal mit Christou. Wir können ihn ja fragen, wie er und Karen mit dem Schock fertigwerden.«
»Ja, nur ein paar harmlose Fragen«, pflichtete Martinez ihm bei. »Zum Beispiel, ob er hin und wieder verlängerte Wochenenden an der Golfküste verbringt, oder ob er Golf spielt.«
»Oder ob er und seine Frau wegen ihrer miesen Ehe einen zwanghaften Hass auf glückliche Ehepaare entwickelt haben«, fügte Sam hinzu.
»Siehst du?« Martinez stand auf. »Da haben wir ein Motiv!«
57
In den letzten Stunden ihres offiziellen Arbeitstages senkte sich ein seit langem erwartetes Damokles-Schwert langsam auf das Team nieder: Die Medien waren dahintergekommen, dass ein Zusammenhang zwischen den Morden bestand.
Zu vermeiden war das selbstverständlich nicht gewesen, doch schienen sich die Anzahl und Intensität der Anrufe von Presse, Fernsehen und schlagzeilengeilen Radiojournalisten zunächst lediglich zu vervierfachen, so schwoll das Trommelfeuer rasch zu etwas an, was Ähnlichkeit mit einem Schwarm zorniger Hornissen hatte. Wenigstens ein Gutes hatte es, als die Lage sich verschlimmerte: Der Polizeichef schaltete sich ein, und die Herrschaften der Führungsetage entschieden, welche Informationen weitergegeben und welche zurückgehalten wurden.
Für acht Uhr dreißig am nächsten Morgen war eine Pressekonferenz anberaumt worden. »Was fällt mir ein, auch bloß daran zu denken, jetzt auf eine Kreuzfahrt zu gehen?« In der Herrentoilette, als außer seinem Partner niemand da war, sprach Sam diese Frage endlich aus, die ihm bisher die Kehle zugeschnürt hatte.
»So habe ich mich heute Morgen wegen des Ringes gefühlt, und da hast du mir gesagt, ich soll losgehen und ihn trotzdem kaufen, also habe ich das getan. Und weißt du was? Ich glaube, das war richtig.« Martinez zuckte mit den Achseln. »Und überhaupt, es ist ja noch eine ganze Woche bis zu deiner Kreuzfahrt. In einer Woche kann viel passieren.«
»Ja«, erwiderte Sam, »beispielsweise weitere Morde.«
»Oder eine heiße Spur tut sich auf«, sagte Martinez. »Vielleicht gibt es sogar eine Verhaftung.«
»Ich bin da nicht sehr optimistisch.« Sam schüttelte den Kopf. »Nach dem, was wir auf dem Hof dieses Bildhauers gesehen haben, sehe ich schwarz.«
»Meinst du, wir sollten das morgen Abend absagen?«
»Auf keinen Fall«, erwiderte Sam. »Grace kocht ja schon.«
»Dann siehst du so schwarz nun auch wieder nicht, oder?«, meinte Martinez.
Sam lächelte, doch ohne jeden Humor.
58
Isabella die Siebte und ihre ungeborenen Jungen waren tot.
Der Keeper war in Trauer. Nicht nur wegen des Weibchens, auch wegen der nächsten Generation. Und wer konnte schon voraussagen, ob es jemals einen Romeo den Sechsten oder eine neue Isabella geben würde.
Der Käfig war jetzt leer. Die Zedernholzspäne und Nistkästen, die Konserven und Futterreste waren verbrannt. Isabella ebenfalls.
Die Ratten waren viel mehr als ein Projekt gewesen, sehr viel
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