Geteilter Tod - Norman, H: Geteilter Tod - Caged
die Ohren aufsperren und sich nach einer Gruppe umhören, die kleiner und geheimniskrämerischer ist als die anderen.«
»Und möglicherweise sehr viel bösartiger«, fügte Beth hinzu.
Sam hörte seine Nachrichten ab und lächelte.
»Was ist?«, fragte Beth.
»Martinez ist von der Intensivstation runter.«
Beth atmete auf. »Gott sei Dank.«
»Ja«, meinte Sam, der vor Erleichterung auf einen Schlag erschöpft war.
Beth nahm den Hörer ihres Telefons ab. »Ich rufe Duval an. Du besuchst Martinez.«
»Ich kann später zu ihm fahren.«
»Falls wir auf die Schnelle auf irgendetwas stoßen sollten«, entgegnete Beth, »kannst du ja zurückkommen.«
»Bist du sicher?«, fragte Sam.
»Ja. Es wird dir guttun, Martinez zu sehen«, erwiderte Beth, »jetzt, wo er von der Station runter ist.«
Sie hatte recht. »Ich ruf dich vom Krankenhaus aus an«, sagte Sam.
Martinez lag in einem normalen Zimmer, ein hübscher Raum mit blauen Vorhängen vor den Fenstern und einem gerahmten Kunstdruck, der eine Strandszene von South Beach zeigte. Sam nahm an, dass es sich um das gleiche Motiv handelte, das sie acht Tage zuvor im Zimmer des Gärtners gesehen hatten.
Jessica saß im Sessel, als Sam hereinkam.
»Hi«, sagte sie, wurde rot und wirkte schrecklich verlegen.
Wie es sich gehörte, dachte Sam, verdrängte dann aber den Gedanken an Jessicas innigen Kuss. Das war Schnee von gestern - hoffte er zumindest. Dass Martinez wieder gesund wurde, war jetzt das Einzige, was zählte.
»He, Mann«, sagte er zu Martinez. »Gut siehst du aus!«
»Vielen Dank. Wie läuft's denn so bei dir?«
Zum ersten Mal seit Tagen hörte Sam, wie Martinez einen zusammenhängenden Satz sprach, wenn auch noch mit schwacher Stimme.
»Es geht uns allen gut.« Sam hielt seinem Freund einen Moment die Hand und hoffte insgeheim, dass er Einwände erheben würde, womit er wieder ganz der Alte gewesen wäre. Stattdessen schloss Martinez die Augen, und Sam wurde klar, dass ihm seine eigene Sterblichkeit bewusst geworden war.
»Alle vermissen dich«, sagte er.
»Ich spreche über den Fall«, gab Martinez zurück. »Nicht über meine Beliebtheit.«
Erleichterung durchströmte Sam. »Es geht dir wirklich besser, wie ich sehe.«
»Komm schon, Mann«, drängte Martinez. »Ich brauche Details.«
»Du brauchst Ruhe«, sagte Sam.
»Schiebst du mich aufs Abstellgleis?«
»Das käme mir nie in den Sinn.«
»Al, du bist gerade erst runter von der Intensivstation«, warf Jessica ein.
»Ich weiß.«
»Und ich weiß, dass du es weißt«, erwiderte sie. »Entschuldige.«
Martinez schüttelte den Kopf. Sein schwarzes Haar klebte ihm am Kopf, nachdem er tage- und nächtelang Fieber gehabt und nicht geduscht hatte. »Nein, ich entschuldige mich, Jessica«, sagte er. »Ich will mich nur einfach wieder so fühlen wie ein normaler Mensch ... wie ich selbst, verstehst du?«
»Natürlich versteht sie das«, sagte Sam. »Das verstehen wir alle.«
»Dann erzähl mir endlich was.«
»Ich wünschte, ich könnte es«, seufzte Sam.
»Gibt es denn gar nichts?« Martinez wirkte ungläubig, als hätte er das ganze letzte Jahr im Bett verbracht und nicht nur die vergangenen vier Tage. »Keine Verhaftungen? Keine Verdächtigen?«
»Nichts, was erwähnenswert wäre.«
Jessica stand auf. »Weil ich hier bin.«
Sam schüttelte den Kopf. »Nein, weil ich wirklich nichts habe, was es wert wäre, berichtet zu werden, und weil dieser Junge hier wieder gesund werden muss. Und das bedeutet, er muss sich ausruhen wie jeder andere Patient, der um Haaresbreite an Rattenbissfieber gestorben wäre.«
»Ich habe den Ärzten immer wieder gesagt«, stöhnte Martinez, »dass mich noch nie eine Ratte gebissen hat.« Er schauderte. »Mir wird schon ganz schlecht, wenn ich bloß daran denke. Ich hasse Ratten. Scheiß Biester sind das.«
»Denk nicht daran«, sagte Jessica.
»Hör auf deine Verlobte«, meinte Sam.
Wieder schloss Martinez die Augen. »Oh Mann, bin ich müde.«
»Dann schlaf ein bisschen«, erwiderte Sam. »Ich fahre nach Hause.«
Sein Partner öffnete die Augen wieder. »Ist bei Grace alles okay?«
»Es geht ihr prima«, antwortete Sam. »Und es sieht ganz so aus, als würden wir die Reise antreten.«
»Das ist gut.« Martinez rang sich ein Lächeln ab.
»Alvarez erlaubt mir nicht, sie abzusagen«, berichtete Sam. »Ist das zu fassen?«
»Was ist das denn für eine Reise?«, fragte Jessica.
»Es ist eine Überraschung für Grace«, erzählte Martinez ihr
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