Geteiltes Geheimnis
haben«, sagte ich. »Aber keinen Nerz.«
»Okay«, sagte Elizabeth. »Aber es wird bestimmt nicht dazu kommen, dass wir deinen Besitz aufteilen müssen.«
»Das kann man nie wissen. Das Leben ist komisch. Manchmal passieren einem die seltsamsten Dinge«, sagte ich und warf ein paar Schuhe mit flachem Absatz in den Koffer. So war es! Immerhin war ich nicht nur bei S.E.C.R.E.T. aufgenommen worden, sondern packte jetzt sogar für einen Interkontinentalflug. Ich war froh, dass ich schließlich doch zugesagt hatte, und hoffte, dass ich den Flug überleben würde, damit ich noch häufiger Gelegenheit hatte, Ja zu sagen.
• • •
Ich war noch nie geflogen und hatte auch dem Reisen an sich bisher nicht besonders viel Gutes abgewinnen können. Der Flughafen war ebenso chaotisch wie langweilig, man musste sich erst unheimlich beeilen, um anschließend stundenlang zu warten, was stressbedingte Schweißausbrüche und Magenschmerzen begünstigte.
»Nach Buenos Aires?«, schreckte mich eine tiefe Stimme aus meiner Trance.
Ich drehte mich um und blickte auf ein frisches, weißes Hemd, das sich über die durchtrainierte Brust eines außergewöhnlich großen, außergewöhnlich attraktiven Afroamerikaners spannte. Er stand hinter mir in der Schlange und legte eine schwere Platinuhr in den Plastikcontainer, ebenso wie eine schwarze Brieftasche aus Leder und einen ordentlich zusammengefalteten Kleidersack. Obwohl er wie ein normaler Geschäftsmann gekleidet war, wirkte er durch sein gewinnendes Lächeln eher wie ein Filmstar.
»Woher wissen Sie, wohin ich fliege?«, fragte ich und ließ mein S.E.C.R.E.T. -Armband mit einem Klingeln in die Plastikwanne gleiten. Ich hatte überlegt, ob ich es nicht lieber zu Hause lassen sollte, aber nun, da schon zwei Charms daran baumelten, war es mir bereits ans Herz gewachsen.
»Ich habe geraten.« Er hatte einen britischen Akzent, mit kleinem Cockney-Einschlag vielleicht. »Außerdem steht es auf Ihrem Ticket. Und es ist heute Morgen der erste Flug, der geht.«
Wenn die Götter mir wahrhaft gnädig waren, dann würden sie mir diesen Mann an die Seite stellen, damit ich mich bei Turbulenzen an ihn lehnen konnte.
»Fliegen Sie auch dorthin?«, fragte ich und schlug die Augenlider nieder.
Bevor er antworten konnte, zerrte mich eine brüske Sicherheitsbeamtin in den Ganzkörperscanner. Ich betrat die Kammer, reckte die Hände in die Höhe und drehte mich einmal um die eigene Achse. Dann bekam ich meine Habseligkeiten zurück. Als ich mich umdrehte, um die Unterhaltung wieder aufzunehmen, wurde der Mann an unserer Warteschlange vorbeigeführt, flankiert von zwei Männern in Uniform. Anscheinend handelte es sich um eine wichtige Persönlichkeit. Er war wirklich gut gekleidet. Ich erkannte sofort die edlen Knöpfe, die sorgfältig ausgewählten Manschettenknöpfe und das gut geschnittene Hemd über dem V-förmigen Oberkörper. Er drehte sich noch einmal um, um mir einen Blick zuzuwerfen.
Von dem Augenblick an, da ich mich auf meinen Mittelgangplatz in der Ersten Klasse setzte, schien die kühle, blonde Flugbegleiterin sich ganz besonders um mich zu kümmern.
»Ich bin Eileen. Man hat uns mitgeteilt, dass dies Ihr erster Flug ist«, sagte sie. »Sagen Sie mir, wie ich dazu beitragen kann, Ihnen das Erlebnis zu erleichtern.«
Sie reichte mir ein heißes Handtuch, eine kleine Fußstütze und ein paar Zeitschriften, wobei sie mir jedes Mal beruhigend die Hand auf den Unterarm legte. Die Sicherheitsbestimmungen schien sie direkt an mich zu richten. Und als das Flugzeug abhob und ich in den Sitz gedrückt wurde – ein ebenso erschreckendes wie berauschendes Gefühl –, zwinkerte Eileen mir von ihrem Sitz aus zu. Ihre Freundlichkeit rührte mich fast zu Tränen. Dankbar dachte ich an Matilda, die die Fluggesellschaft informiert hatte, dass ich zum ersten Mal in einem Flugzeug saß. Trotzdem krallte ich mich in den Armlehnen fest und löste meinen Griff erst, als wir uns wieder in der Horizontalen befanden. Meine Finger waren taub.
Die Anschnallzeichen verloschen, aber ich löste den Gurt trotzdem nicht. Eigentlich hatte ich vor, jedes Getränk stehen zu lassen, damit ich nicht dreißigtausend Fuß über Peru auf die Toilette gehen musste. Wenn ich fast regungslos sitzen blieb, würde ich diese Tortur überstehen, ohne durchs Fenster zu sehen – obwohl der Sitz neben mir leer war –, wie wir mit fast tausend Stundenkilometer dahinrasten.
Nach eineinhalb Stunden – wir lebten alle noch –
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