Geteiltes Geheimnis
Bezug auf Jesse denkst. Du kannst Will nicht haben, und diesen jungen Typen willst du nicht, also suchst du nach etwas, das in der Mitte liegt. Das ist okay. Aber ich halte es eigentlich für keine gute Idee, Jesse aus dem Rennen zu nehmen. Außerdem habe ich eine kleine Reise für dich vorgesehen. Du weißt doch, dass wir Red Rage verkaufen wollen?«
»Das Gemälde im Kutschenhaus?«
»Genau. Wir haben beschlossen, es in Buenos Aires zu versteigern, in Carolinas Heimatland. Wir glauben, dass wir dort den besten Preis erzielen können, denn es sind nur noch zwei Gemälde übrig. Wir möchten, dass du das Bild begleitest und unser … Konsortium repräsentierst. Du musst dich weder fotografieren lassen noch irgendwelche Fragen beantworten. Du musst einfach nur ein schickes Kleid anziehen und ein Überführungsformular unterzeichnen.«
Wow. Buenos Aires. Meine letzte Reise hatte mich nach Kanada geführt, wo ich meine Skilehrer-Fantasie gehabt hatte. Einen kleinen Urlaub konnte ich wohl brauchen … aber Tracina war schwanger und Dell alt. Es ging einfach nicht.
»Ich wünschte, das wäre möglich, aber ich kann Will jetzt nicht im Stich lassen … Es würde das Café in große Schwierigkeiten stürzen.«
»Du magst ihn sehr, nicht wahr?«
Bevor ich antworten konnte, rollte der Ball auf unsere Bank zu, gefolgt von dem Typen, auf den Matilda ein Auge geworfen hatte. Sie lächelte ihm zu.
»Hey. Sind Sie unsere neue Trainerin? Oder nur der Schiri?«, fragte er Matilda atemlos.
»Ihr Jungs könntet beides gebrauchen«, sagte Matilda und hob den Kopf, um trotz Hutkrempe sein Gesicht besser betrachten zu können. »Wie heißen Sie?«
»Dominic. Und Sie?«
»Matilda Greene. Und das ist meine Freundin, Cassie.«
»Ihr Mädels seid Fußballfans?«
»Nein«, antwortete Matilda.
Dominic lachte, während einer seiner Gegner ihn drängte, endlich den Ball wieder aufs Spielfeld zu kicken.
»Bewegen Sie sich nicht vom Fleck, Matilda Greene!«, rief er rückwärts aufs Spielfeld zurücklaufend. Dann spielt e er weiter.
Alle paar Sekunden warf er einen Blick über die Schulter, um sich davon zu überzeugen, dass sie immer noch da war.
Ich war von Ehrfurcht ergriffen. »Wie hast du das denn gemacht?«
»Was denn?«
»Den heißesten Typen im Park dazu zu bringen, zu dir herüberzukommen und mit dir zu reden. Frauen, die halb so alt sind wie du, hätten das nicht geschafft.«
Sie zuckte die Achseln, den Blick weiterhin unverwandt auf ihn gerichtet. »Ich habe ihn mir ausgesucht. Ihn von seiner Herde getrennt. Jeder macht es anders. Und das ist meine Methode.«
Dominic war jetzt wieder in Ballbesitz, rannte mit hoher Geschwindigkeit zur anderen Seite des Spielfeldes. »Los! Los! Los!«
»Sind wir gerade dabei, ihn anzuwerben?«
»In der Tat. Uns fehlt ein Mann, seit wir uns von Pierre getrennt haben. Deshalb zögere ich ja auch, dir Jesse zu überlassen. Hast du einen Ehering bei Dominic bemerkt?«
»Ich habe nicht nachgesehen.«
»Das ist das Erste, nach dem du Ausschau halten solltest.«
Das wollte ich mir merken. Die Fußballspieler bewegten sich derweil im Mittelfeld. Irgendwann zog Dominic sein T-Shirt in die Höhe, um sich das Gesicht abzuwischen, und enthüllte seinen muskulösen Bauch.
»Wow«, sagte ich.
»Ja, er sieht ziemlich gut aus, nicht wahr? Aber die Männer, die wir für uns anwerben, müssen nicht unbedingt alle wie Models rüberkommen. Sie müssen wissen, dass sie sexy sind. Sie müssen in der Lage sein, ein Gespräch zu führen, müssen interessant wirken, auch wenn sie es gar nicht sind. Attraktivität ist subjektiv, aber wir halten uns vorzugsweise an die ›klassischen‹ drei Attribute: sexy, selbstbewusst und maskulin. Und natürlich müssen sie gesundheitlich topfit sein. Das alles trifft auf diesen Mann hier zu. Und – was sagt man dazu! – kein Ehering.« Sie sah auf die Uhr. »Cassie. Du musst diese Sache für mich zu Ende bringen. Ich muss jetzt jemand anderen finden, der für uns nach Argentinien reist.«
»Was muss ich zu Ende bringen?«
»Du musst Dominics Telefonnummer herauskriegen. Vielleicht kann er ja auch Jesse ersetzen«, sagte sie und zwinkerte mir zu.
Eine Welle der Panik wanderte von meinen Füßen hinauf bis zum Hinterkopf wie der Kopfschmerz, den man von zu viel Eiscreme bekommt.
»Aber er will dich kennenlernen. Mich hat er kaum eines Blickes gewürdigt. Was, wenn er mir seine Nummer nicht gibt?«
Matilda erhob sich und sah zu dem Spielfeld hinüber, wie eine
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