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Getrieben - Durch ewige Nacht

Getrieben - Durch ewige Nacht

Titel: Getrieben - Durch ewige Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Veronica Rossi
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festhielt, um ihm die Haare zu bürsten. Liv in Roars Armen, lachend am Strand. Liv, die mit Vale wegen der Vereinbarung mit Sable stritt und fast auf ihn losgegangen wäre. Er konnte nicht fassen, dass er sie nie wiedersehen würde.
    Talon war jetzt alles, was ihm noch geblieben war, seine ganze Familie. Perry warf einen Blick auf Arias Arme, die ihn umschlangen. Vielleicht irrte er sich. Vielleicht hatte er ja noch jemanden.
    Als sie sich Reverie näherten, rauschte ein warmer Windstoß durch die Bäume und trug einen scharfen Geruch heran. Perry spürte einen Chemikaliengeschmack auf der Zunge, den er aus der Nacht im letzten Herbst kannte, als er in die Biosphäre eingebrochen war. Er konnte die Kuppel zwar noch nicht sehen, aber er wusste, dass Reverie brannte.
    Kurz darauf erreichten sie eine Bergkuppe, und das Pferd kam abrupt zum Stehen, stieg hoch und wieherte panisch. Das Tal vor ihnen bot einen Anblick, der sich mit nichts vergleichen ließ, was Perry je gesehen hatte. Sie waren stundenlang geritten – es musste inzwischen mitten in der Nacht sein, aber Ätherwirbel erleuchteten die weite Fläche. Hunderte von Trichtern gingen vom Himmel nieder und hinterließen leuchtend rote Schneisen in der Landschaft. Perry zog die Zügel an, als das Pferd mit den Hufen stampfte und den Kopf hin und her warf. Es konnte noch so gut abgerichtet sein, jetzt setzten sich seine Fluchtinstinkte durch.
    Angst erfasste Perry, als er den runden Bau der Biosphäre ausmachen konnte. Reverie lag direkt unter dem heftig wütenden Sturm und spie Rauchwolken, so schwarz wie Kohle. Ein großer Teil der Anlage war verdeckt, aber Perry erinnerte sich an ihre Anordnung: eine riesige Kuppel in der Mitte, umgeben von kleineren Kuppeln, die wie Sonnenstrahlen in alle Richtungen zeigten. Irgendwo da drin würde er Talon finden.
    Das Pferd wollte sich nicht beruhigen. Perry drehte sich im Sattel um. »Wir können nicht weiterreiten.«
    Ohne zu zögern, sprang Aria ab. »Komm!«
    Perry schnappte sich seinen Bogen und folgte ihr, die Beine schwer von den langen Stunden im Sattel. Als sie die Wüste in der Ebene durchquerten, versuchte Perry, nicht daran zu denken, wie ihre Überlebenschancen standen – schließlich mussten sie viele Kilometer in einem Sturm zurücklegen, ohne irgendwo Schutz suchen zu können.
    Die Trichter schlugen immer dichter um sie herum ein, wurden stetig lauter und bliesen glühend heiße Luft über seine Haut. Ein plötzliches Kreischen explodierte in seinen Ohren, dann blendete ihn ein Lichtblitz. Vierzig Schritte entfernt wand sich ein Äthertrichter nach unten und riss die Erde auf. Jeder Muskel in seinem Körper verkrampfte sich und wurde von einer Woge des Schmerzes erfasst. Perry konnte seinen Sturz nicht abfedern und schlug so heftig auf dem Boden auf, dass es ihm die Luft aus den Lungen presste.
    Aria hockte ein paar Schritte von ihm entfernt, hatte sich ganz klein gemacht und hielt sich die Ohren zu. Sie schrie. Das Geräusch ihres Schmerzes drang über den Äther hinweg zu ihm und fuhr ihm wie ein Messer durch den Körper. Aber er konnte es nicht ändern, schaffte es nicht zu ihr hinüber. Wie hatte er sie nur hierherbringen können?
    Das grelle Licht verschwand abrupt, als der Trichter sich wieder nach oben spulte. Stille rauschte Perry in den Ohren. Mühsam rappelte er sich auf und taumelte auf Aria zu, die ihm bereits entgegenkam. Sie prallten zusammen und klammerten sich aneinander, um nicht das Gleichgewicht zu verlieren. Ihre Blicke trafen sich, und Perry sah, wie sich seine eigene Panik in ihrem Gesicht spiegelte.
    Eine Stunde verging wie im Flug. Perry spürte sein Gewicht nicht, hörte seine Schritte nicht, während er weiterrannte. Strahlend helle Lichtblitze umgaben sie, und das ohrenbetäubende Brüllen des Sturms ließ keine Sekunde nach.
    Unaufhaltsam näherten sie sich dem massiven Bau und blieben dann wenige Hundert Meter davon entfernt stehen. Um sie herum stiegen Rauchfahnen auf. Perrys Augen und Lungen brannten, und er konnte nichts mehr wittern. Von seinem Standort aus sah er, dass große Teile von Ag 6 , der Servicekuppel, in die er vor Monaten eingebrochen war, eingestürzt waren. Gewaltige, etliche Meter hohe Flammen schlugen aus der Kuppel. Er hatte gehofft, über diesen Eingang in die Biosphäre zu gelangen, aber das war vollkommen unmöglich.
    »Perry, da drüben!«, rief Aria.
    Der Rauch wurde vom Wind davongetragen, hob sich wie ein Schleier und gab den Blick frei auf eine

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