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Getrieben - Durch ewige Nacht

Getrieben - Durch ewige Nacht

Titel: Getrieben - Durch ewige Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Veronica Rossi
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Flamme gerichtet.
    In den letzten Tagen hatte er so lange Fisch geschuppt und ausgenommen, bis der Geruch des Meeres in seine Finger eingedrungen war, und so lange Nachtwache geschoben, bis seine Augen kaum noch geradeaus schauen konnten. Er hatte einen Zaun, dann eine Leiter und ein Dach repariert. Schließlich konnte er von den Tiden nicht verlangen, Tag und Nacht zu arbeiten, wenn er selbst nicht mit gutem Beispiel voranging.
    Reef verschränkte die Arme. »Der Stamm hätte sich gegen dich gewandt, wenn du mit ihr gegangen wärst. Das Gleiche wäre passiert, wenn sie geblieben wäre. Das Mädchen hat klug gehandelt. Sie hat es erkannt. Diese Entscheidung ist ihr bestimmt nicht leichtgefallen, aber es war die richtige.«
    Perry blickte auf. Reef schaute ihn unverwandt an. Im Licht der Kerze wirkte die Narbe auf seiner Wange tiefer und ließ ihn brutal aussehen. »Was soll das, Reef?«
    »Ich versuche, das Gift herauszubekommen. Du hast es in dir, genau wie sie in jener Nacht. Du kannst das nicht ewig mit dir herumtragen, Perry.«
    »Doch, kann ich«, knurrte er. »Es ist mir egal, was sie getan hat oder ob sie recht hat oder nicht, verstehst du?«
    Reef nickte. »Ja.«
    »Und mehr gibt es dazu nicht zu sagen.« Hatten Herumsitzen und Reden je zu etwas geführt? Es würde sowieso nichts ändern.
    »In Ordnung«, sagte Reef.
    Perry lehnte sich zurück, nahm einen Schluck aus seinem Becher und verzog das Gesicht. Das Wasser aus dem Brunnen war seit dem Sturm nicht besser geworden; es schmeckte noch immer nach Asche. Der Äther drang in alles ein, zerstörte ihre Nahrung, verbrannte ihr Feuerholz, bevor es ihre Kochstellen erreichte, und er verdarb sogar ihr Trinkwasser.
    Vor ein paar Tagen hatte Perry Marron eine Nachricht zukommen lassen und ihn um Hilfe gebeten. Mehr konnte er nicht tun. Es bestand keine Chance, Talon aus Reverie zu befreien. Er konnte nur warten, bis Aria und Roar zurückkamen, und in der Zwischenzeit so gut wie möglich dafür sorgen, dass sein Stamm nicht verhungerte. Diese Warterei gefiel ihm ganz und gar nicht.
    Perry fuhr sich über den Scheitel und seufzte. »Weißt du was?«
    »Was denn?«
    »Ich fühle mich wie ein alter Mann. So, wie du dich fühlen musst.«
    Daraufhin musste Reef grinsen. »Ist nicht gerade leicht, was, Kleiner?«
    »Könnte leichter sein.« Perrys Blick fiel auf seinen Bogen, der an der Wand lehnte. Wann hatte er ihn das letzte Mal benutzt? Seine Schulterverletzung war ausgeheilt, und er hatte im Moment genügend Zeit. Er könnte auf die Art und Weise Nahrung besorgen, wie er es früher immer getan hatte. »Wollen wir auf die Jagd gehen?«, schlug er vor. Bei der Vorstellung strömte Energie durch seinen Körper.
    »Jetzt?«, fragte Reef überrascht. Es war schon fast Mitternacht. »Ich dachte, du bist müde.«
    »Nicht mehr.« Perry zog sich die Kriegsherrenkette über den Kopf und ließ sie in seinen Beutel fallen. Er wartete auf Reefs Einwände und hatte seine Antworten schon parat. Die Kette war zu laut, wenn er hinter dem Wild herschleichen musste, und sie glänzte zu hell, wenn er nicht gesehen werden durfte. Aber Reef saß nur da und grinste bis über beide Ohren.
    »Dann mal los.«

    Sie füllten ihre Köcher und liefen zu Hayden, Hyde und Twig, die am östlichen Posten Wache schoben, um sie zu informieren. Dann wurden sie langsamer und drangen in den dichten, unberührten Wald vor. Hier entfernten sie sich hundert Schritte voneinander und suchten nach Spuren.
    Perry verspürte Erleichterung, und seine verkrampften Glieder lockerten sich, als sie das Dorf hinter sich ließen. Er atmete tief ein und nahm das Brennen des Äthers wahr. Als er nach oben schaute, sah er die leuchtenden Ströme, die schon die ganze Woche bedrohlich über den Himmel zogen. Sie tauchten den Wald in ein kühles Licht. Eine frische Brise von der Küste erreichte ihn, perfekt geeignet, den Geruch von Wild zu ihm heranzutragen und seinen eigenen zu verbergen. Vorsichtig setzte er einen Fuß vor den anderen, hob witternd den Kopf und nahm den Wald in sich auf. So lebendig hatte er sich seit Wochen nicht mehr gefühlt.
    Als der Wind sich legte, bemerkte er, wie still die Nacht war und welchen Lärm seine Schritte verursachten. In Erwartung eines Sturms blickte er nach oben, aber die Ströme flossen unverändert über das Firmament. Dann entdeckte er Reef, der kopfschüttelnd auf ihn zukam.
    »Nichts. Nur Eichhörnchen und eine alte Fuchsfährte. Lohnt sich nicht – Perry, was ist

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