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Getrieben - Durch ewige Nacht

Getrieben - Durch ewige Nacht

Titel: Getrieben - Durch ewige Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Veronica Rossi
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»Deine Freunde sind wegen der Hochzeit gekommen, Liv.«
    Aria gefror das Blut in den Adern.
    Sable bemerkte ihre Überraschung. »Wusstet ihr das etwa nicht?«, fragte er mit hochgezogenen Augenbrauen. »Ich habe den Tiden die Nachricht überbringen lassen. Ihr seid gerade rechtzeitig gekommen. Liv und ich werden in drei Tagen heiraten.«
    Liv würde
heiraten
. Aria wusste nicht, warum sie so schockiert war. Schließlich war genau das der Handel, den Vale mit Sable abgeschlossen hatte – Livs Hand im Tausch gegen Lebensmittel –, aber irgendetwas stimmte hier ganz und gar nicht.
    Dann sah sie, wie dicht Liv und Sable nebeneinanderstanden. Als seien sie ein Paar.
    Sable streckte die Hand aus und strich mit dem Daumen über den Striemen auf Livs Wange. Dann fuhren seine Finger mit einer langsamen, sinnlichen Geste ihren Hals hinab. »Bis dahin hat sich diese Verletzung hier hübsch violett verfärbt.« Er schlang den Arm um Livs Taille. »Eigentlich müsste ich Loran dafür bestrafen, aber das hast du ja schon erledigt.«
    Liv hatte Roar die ganze Zeit nicht aus den Augen gelassen. »Du hättest nicht herkommen müssen«, sagte sie, aber was sie meinte, war klar: Sie
wollte
ihn nicht hierhaben. Liv wollte Sable heiraten.
    Zorn ergriff von Aria Besitz. Sie biss sich so fest auf die Lippe, dass sie Blut schmeckte. Neben ihr war Roar zu Stein erstarrt. Sie musste ihn von hier fortbringen. »Können wir uns irgendwo ausruhen? Es war ein langer Weg.«
    Liv blinzelte, schien sie jetzt erst zu bemerken. Sie schaute von Aria zu Roar und fragte ruhig: »Wer bist du?«
    »Entschuldige, wie unhöflich von mir«, mischte sich Sable ein. »Ich dachte, ihr würdet euch kennen. Liv, das ist Aria.« Er winkte einen seiner Männer heran. »Bring sie zu den Gästezimmern in meinem Quartier«, trug er ihm auf. Dann lächelte er breit. »Ich lasse für uns vier ein Abendessen bereiten. Heute wird gefeiert.«

    Arias Zimmer war kalt und spärlich eingerichtet: eine einfache Pritsche und ein Stuhl mit einer gewundenen Rückenlehne aus Hirschgeweih. Die einzige Lichtquelle bildete ein schmuddeliges Bleiglasfenster, das tief in die Steinmauer eingelassen war.
    Roar hatte das Zimmer direkt nebenan, aber er folgte ihr in ihres. Aria zog die Tür zu und nahm ihn in den Arm. Seine Muskeln waren angespannt, und er zitterte.
    »Ich verstehe das nicht. Liv hat es zugelassen, dass er sie anfasst.«
    Aria zuckte zusammen, als sie den Schmerz in seiner Stimme wahrnahm. »Ich weiß. Es tut mir leid.« Sie fand keine besseren Worte, um ihn zu trösten. Dann erinnerte sie sich an die Unterhaltung, die sie beide ein paar Tage nach Verlassen der Tiden geführt hatten. Damals hatte sie noch immer das Gift in sich gespürt und war völlig verwirrt und aufgewühlt gewesen, weil sie Perry zurückgelassen hatte. Und Roar hatte daraufhin von
Wahrheit
gesprochen. Heute hatte er eine Wahrheit verloren, genau wie sie selbst vor einigen Monaten, als sie von ihrem Außenseiterblut erfuhr. Ihr Leben hatte auf einer Säule geruht, die dann plötzlich verschwunden war, und sie hatte ihr Gleichgewicht bis jetzt noch nicht wiedergefunden. Nichts, was sie sagen konnte, würde ihm helfen, und so stand sie einfach nur da und hielt ihn fest, bis er in der Lage war, wieder aus eigener Kraft zu stehen.
    Als er sich von ihr löste, versetzte ihr der Zorn in seinen Augen einen Schreck. Hastig nahm Aria seine Hand.
Roar, greif Sable auf keinen Fall an. Er wartet nur darauf. Gib ihm keine Veranlassung, dir wehzutun.
    Roar schwieg, und Aria wünschte inständig, zur Abwechslung einmal
seine
Gedanken hören zu können.
    Schließlich schüttelte er den Kopf. »Nein. Das willst du gar nicht wissen, was ich denke.« Dann trat er ein paar Schritte zurück und ließ sich mit dem Rücken an der Tür auf den Boden gleiten.
    Aria setzte sich auf die Pritsche und sah sich in dem kleinen Zimmer um. Sie wusste nicht, was sie nun tun sollte. Während der letzten zwei Wochen hatte sie kein anderes Ziel gekannt, als möglichst schnell hierherzugelangen. Jetzt, da sie endlich angekommen war, fühlte sie sich, als würde sie in einer Falle hocken.
    Roar zog die Knie an und stützte den Kopf in die Hände. Seine Unterarme zuckten, und seine Finger wirkten starr. In wenigen Stunden würden sie mit Liv und Sable zu Abend essen. Wie würde es sich anfühlen, Perry und einem anderen Mädchen gegenüberzusitzen? Und zuzusehen, wie er ihre Wange streichelte, so wie Sable Livs Wange gestreichelt hatte?

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