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Gevatter Tod

Gevatter Tod

Titel: Gevatter Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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den Weihrauch und die Duftkräuter für die Absolution Des Viergeteilten Pfades vor.«
    Geflüster. Geflüster.
    Das Gesicht des Hohepriesters verdunkelte sich.
    »Ich nehme an, mhm, es kommt nicht einmal ein kurzes Gebet in Frage, oder?« fragte er eisig.
    »Wenn wir uns nicht endlich sputen, ergeben sich einige Probleme«, warf Keli ruhig ein.
    Geflüster.
    »Oh, ich weiß, selbstverständlich, natürlich«, brummte der Hohepriester. »Warum die Gemeinde mit einer religiösen, mhm, Zeremonie langweilen, nicht wahr? Also holt den blöden Elefanten.«
    Der Meßdiener warf Schneidgut einen verzweifelten Blick zu und gab den Wächtern ein Zeichen. Als sie ihr schwankendes Mündel mit lauten Rufen und spitzen Stöcken antrieben, schob sich der junge Geistliche an den Zauberer heran und drückte ihm etwas in die Hand.
    Schneidgut betrachtete den Gegenstand. Es handelte sich um einen wasserdichten Hut.
    »Hältst du das für nötig?«
    »Der Hohepriester ist sehr fromm und nimmt seine Aufgabe ernst«, erwiderte der Meßdiener. »Vielleicht brauchen wir sogar Schnorchel.«
    Der Elefant erreichte den Altar, und die Soldaten zwangen ihn ohne große Mühe dazu, auf die Knie zu sinken. Das Tier rülpste und machte »Hick!«
    »Nun, wo ist das Opfer?« fragte der Hohepriester scharf. »Bringen wir diese, mhm, Farce hinter uns!«
    Der Meßdiener trat erneut auf ihn zu und flüsterte. Der alte Mann lauschte eine Zeitlang, nickte ernst, schloß beide Hände um den weißen Griff des Opfermessers und hob es hoch über den Kopf. Das Publikum wartete angespannt, wartete noch etwas länger – und ließ langsam den angehaltenen Atem entweichen.
    » Wo vor mir?«
    Geflüster.
    »Deine Hilfe habe ich gewiß nicht nötig, Bursche. Schon seit siebzig Jahren opfere ich Männer und Jungen – auch, mhm, Frauen und Tiere –, und wenn ich nicht mehr mit dem Messer, mhm, umgehen kann, darfst du mich mit einer Grabschaufel zu Bett bringen.«
    Der Hohepriester holte in einem weiten Bogen aus und stieß entschlossen zu. Nur rein zufällig gelang es ihm, dem Elefanten eine leichte Fleischwunde am Rüssel zuzufügen.
    Das große Tier erwachte aus seiner angenehmen, nachdenklichen Benommenheit und trompetete. Der Meßdiener drehte sich entsetzt um und starrte in zwei blutunterlaufene Augen, die am verletzten Rüssel entlangschielten. Mit einem weiten Satz brachte er eine sichere Distanz zwischen sich und den Altar.
    Der Elefant war wütend. Undeutliche, verwirrende Erinnerungsbilder trieben ihm durch den schmerzenden Schädel, zeigten ihm lodernde Flammen und schreiende Menschen mit Netzen, Käfigen und Speeren. Dumpf entsann er sich daran, viel zu lange schwere Baumstämme geschleppt zu haben. Er hob den Rüssel und schmetterte ihn auf den Altar, beobachtete zu seiner eigenen Überraschung, wie der feste Marmor auseinanderbrach. Mit den Stoßzähnen hob er die beiden Teile an, versuchte ohne großen Erfolg eine steinerne Säule zu entwurzeln, spürte plötzlich das Bedürfnis nach frischer Luft und lief rheumatisch durch den Mittelgang.
    Er machte sich nicht die Mühe, vor der geschlossenen Tür anzuhalten – der in seinem Blut brodelnde und vom Wein verstärkte Herdenruf war viel zu stark. Er rannte einfach weiter, stieß die Pforte aus den Angeln, stürmte über den Hof, zerschmetterte die Tore, rülpste noch einmal, donnerte durch die schlafende Stadt und beschleunigte noch immer, als er in der Nachtbrise den Geruch des fernen dunklen Kontinents Klatsch witterte. Er hob den zitternden Schwanz, eilte weiter und begann mit der langen Heimreise.
    Unterdessen herrschte im Saal eine Mischung aus wallendem Staub, erschrockenen Schreien und allgemeinem Durcheinander. Schneidgut rückte den Hut aus der Stirn und stemmte sich langsam in die Höhe.
    »Danke«, sagte Keli, die unter ihm gelegen hatte. »Warum bist du auf mich gesprungen?«
    »Ich habe instinktiv gehandelt, um Euch zu schützen, Euer Majestät.«
    »Ja, der Instinkt mag in diesem Zusammenhang eine nicht unbeträchtliche Rolle spielen, aber…« Sie wollte hinzufügen, der Elefant hätte vielleicht weniger gewogen, überlegte es sich jedoch anders, als sie das breite, ernste und recht gerötete Gesicht des Zauberers bemerkte.
    »Wir sprechen später darüber«, entschied sie, setzte sich auf und klopfte Staub von ihrem massigen Gewand. »In der Zwischenzeit… Vielleicht sollten wir bei der Zeremonie auf ein Opfer verzichten. Ich bin noch keine Majestät, nur eine Hoheit. Wenn bitte jemand

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