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Gevatter Tod

Gevatter Tod

Titel: Gevatter Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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einem Totenschädel mit mehreren Knochen bestand.
    Aber damit noch nicht genug.
    Mort stöhnte innerlich. Er konnte deutlich sehen, daß die Lebensuhr überhaupt keinen Sand enthielt.
    Der zweite Behälter wirkte schlicht und verzichtete auf Verzierungen. Mort griff danach.
    »Darf ich?« fragte er.
    NUR ZU.
    Mort las seinen Namen, der in die obere Hälfte graviert war. Er hielt das Glas ins Licht und stellte ohne große Überraschung fest, daß nur noch wenig Sand blieb. Als er es ans Ohr hielt, konnte er das Geräusch seines verstreichenden Lebens hören, obwohl sich um ihn herum das Rieseln der Myriaden Körner zu einem dumpfen Tosen vereinte.
    Er setzte den kleinen Behälter ganz vorsichtig ab.
    Tod wandte sich an Schneidgut.
    HE, ZAUBERER. SEI SO GUT UND ZÄHL FÜR UNS BIS DREI.
    Schneidgut nickte kummervoll.
    »Könntet ihr euer Problem nicht aus der Welt schaffen, indem ihr euch an einen Tisch setzt und in aller Ruhe…«, begann er.
    NEIN.
    »Nein.«
    Mort und Tod traten langsam über die schwarzweißen Fliesen und beobachteten sich aufmerksam. Ihre winzigen Spiegelbilder glitten über Tausende von Lebensuhren.
    »Eins«, sagte Schneidgut.
    Tod hob drohend seine Sense.
    »Zwei.«
    Die beiden Klingen trafen aufeinander, und es klang so, als strichen Katzenkrallen über eine Glasscheibe.
    »Sie haben beide gemogelt!« entfuhr es Keli.
    »Natürlich«, bestätigte Ysabell und nickte.
    Mort sprang zurück, holte viel zu langsam mit seinem Schwert aus und schlug zu. Es fiel Tod nicht weiter schwer, den Hieb zu parieren, und einen Sekundenbruchteil später ging er zu einem weitaus geschickteren Gegenangriff über. Mort rettete sich, indem er zur Seite hechtete.
    Die Sense gehört zwar nicht zu den wichtigsten und bedeutsamsten Kampfwaffen, aber wer sich auf der falschen Seite einer Bauernrevolte befindet (um nur ein Beispiel zu nennen), macht rasch die Erfahrung, daß sie in geübten Händen eine Menge Unheil anrichten kann. Sobald sie umherschwingt, weiß nicht einmal mehr ihr Eigentümer, wo sich die Schneide befindet.
    Tod kam näher und grinste. Mort duckte sich, wich einem Hieb in Kopfhöhe, aus und sauste nach rechts. Hinter ihm klirrte es, als die Sense eine Lebensuhr im Regal traf…
    … In einer dunklen Gasse von Ankh-Morpork preßte sich ein nächtlicher Leichensammler beide Hände auf die Brust und fiel vom Kutschbock…
    Mort richtete sich wieder auf, schloß beide Hände ums Schwertheft und schlug zu. Eine sonderbare Erregung erfaßte ihn, als er beobachtete, wie Tod zurücksprang. Die in einem bläulichen Ton glühende Klinge traf ein Regal und durchschnitt es. Als die darauf stehenden Lebensuhren zu rutschen begannen und sich dem Boden entgegenneigten, hastete Ysabell an Mort vorbei, um die kristallenen Behälter nacheinander aufzufangen…
    … In verschiedenen Regionen der Scheibenwelt stürzten insgesamt vier Menschen, aber wie durch ein Wunder kamen sie mit dem Leben davon…
    … Mort stürmte los, um seinen Vorteil auszunutzen. Tods Hände bewegten sich so schnell, daß die Konturen verwischten, als er das mehrmals zustoßende Schwert abwehrte. Schließlich drehte er die Sense ein wenig, und ihre gewölbte Schneide beschrieb einen weiten Bogen, dem Mort unbeholfen auswich. Das Schwertheft stieß dabei gegen ein Glas und stieß es vom schmalen Sockel…
    … Ein Tharga-Hirte in den Spitzhornbergen wanderte über eine hohe Weide und suchte im blassen Schein seiner Lampe nach einer verschwundenen Kuh. In der pechschwarzen Finsternis stolperte er über einen Stein und stürzte in eine dreihundert Meter tiefe Schlucht…
    … Schneidgut gab sich selbst einen Stoß, griff mit verzweifelt ausgestreckter Hand nach der fallenden Lebensuhr, prallte auf den Boden und glitt bäuchlings an den Regalen entlang…
    … Eine breite, aus der Klippenwand ragende Wurzel fing den Sturz des schreienden Hirten ab und bewahrte ihn vor einigen schwierigen Problemen: Tod, das Urteil der Götter, die Ungewißheit, ob ihn im Jenseits wirklich das Paradies erwartete oder vielleicht die seelischen Schmelztiegel der Hölle. Er strich diese Punkte von der langen Liste seiner Sorgen, und es blieb nur ein Eintrag, der ihm vergleichsweise wenig Kummer bereitete: Er brauchte nur dreißig Meter an einer steilen und völlig glatten Felswand emporzuklettern, umhüllt von undurchdringlicher Schwärze.
    Es kam zu einer kurzen Unterbrechung des Kampfes, als die beiden Gegner voneinander fortwichen, sich auf die nächste Runde

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