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Gevatter Tod

Gevatter Tod

Titel: Gevatter Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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Stimme des Monarchen war kaum mehr als ein Flüstern. »So etwas läßt sich wohl nicht vermeiden, oder?«
    ES PASSIERT ALLEN TOTEN. VERSUCH EINFACH, ES ZU GENIESSEN.
    »Wie denn?« raunte Olerve und waberte.
    KEINE AHNUNG. ICH BIN NICHT TOT. ICH BIN DER TOD.
    Der König erzitterte heftig und schrumpfte, wurde immer kleiner, bis sich die Größe seines morphogenetischen Felds auf einen winzigen, strahlenden Punkt reduzierte. Es passierte so schnell, daß Mort nur einen Teil des Veränderungsprozesses beobachten konnte. Innerhalb eines Sekundenbruchteils wurde aus dem Geist ein funkelndes Staubkorn, das leise seufzte.
    Tod fing das glühende Etwas vorsichtig ein und verstaute es irgendwo unter seinem Umhang.
    »Was ist mit ihm geschehen?« fragte Mort.
    DAS WEISS NUR ER ALLEIN, entgegnete Tod. KOMM!
    »Meine Oma sagte immer, mit dem Sterben sei es so, als schliefe man ein«, fügte Mort hoffnungsvoll hinzu.
    KEINE AHNUNG. BEIDE ERFAHRUNGEN SIND MIR FREMD.
    Mort warf einen letzten Blick durch den Korridor. Die große Tür schwang gerade auf, und die Leute verließen den Saal. Zwei ältere Damen bemühten sich, die Prinzessin zu trösten, aber die achtete gar nicht darauf, marschierte mit langen energischen Schritten durch den Flur. Die beiden dicken Frauen schnauften asthmatisch und trachteten vergeblich danach, mit der Thronfolgerin Schritt zu halten.
    SIE IST BEREITS EINE KÖNIGIN, sagte Tod anerkennend. Er mochte Stil.
    Auf dem Dach erklang erneut die Stimme des Knochenmannes.
    DU HAST VERSUCHT, DEN KÖNIG ZU WARNEN, sagte er und nahm Binkys Futtersack ab.
    »Ja, Herr. Tut mir leid.«
    MAN MUSS SICH MIT DEM SCHICKSAL ABFINDEN UND DARF NICHT VERSUCHEN, EINFLUSS DARAUF ZU NEHMEN. WER BIST DU SCHON, DASS DU ES DIR ANMASST, ÜBER LEBEN UND TOD ZU ENTSCHEIDEN?
    Er musterte seinen Lehrling aufmerksam.
    SO ETWAS DÜRFEN NUR DIE GÖTTER, fuhr er fort. WER MIT DEM SCHICKSAL ODER AUCH NUR DER ZUKUNFT EINES EINZELNEN MENSCHEN HERUMPFUSCHT, BESCHWÖRT DEN UNTERGANG DER GANZEN WELT HERAUF. VERSTEHST DU?
    Mort nickte zerknirscht.
    »Schickst du mich jetzt nach Hause?« fragte er.
    Tod beugte sich vor und zog den Jungen hoch. Mort nahm hinter dem Sattel Platz.
    WEIL DU MITGEFÜHL GEZEIGT HAST? NEIN. ICH WÜRDE MICH VON DIR TRENNEN, WENN DU DICH GEFREUT HÄTTEST. ABER IN UNSEREM BERUF MUSS MAN LERNEN, DEM MITLEID DIE RICHTIGE FORM ZU GEBEN.
    »Welche?«
    DIE EINER SCHARFEN KLINGE.
     
    Tage vergingen, und Mort verlor schon bald die kalendarische Übersicht. Die düstere Sonne von Tods Welt kroch in regelmäßigen Abständen über den Himmel, doch den Abstechern ins Universum der Sterblichen schien keine bestimmte Routine zugrunde zu liegen. Tod besuchte nicht nur Könige und wichtige Schlachten; zu seinen Kunden gehörten auch ganz gewöhnliche Leute.
    Die Mahlzeiten wurden von Albert serviert, der fast ständig lächelte und nur selten sprach. Ysabell blieb die meiste Zeit über in ihrem Zimmer oder ritt auf einem kleinen Pony durchs Moor jenseits der Schlucht. Mort beobachtete sie dabei und sah, wie ihr Haar wehte. Nun, sicher hätte sie einen weitaus beeindruckenderen Anblick geboten, wenn sie eine bessere Reiterin und das Pony ein wenig größer gewesen wäre. Was das Haar betraf… Manche Haarsorten wehen auf eine natürliche Art und Weise, doch Ysabells Strähnen mangelte eine solche Eigenschaft.
    Wenn Mort seinen Lehrmeister nicht bei nächtlichen Ausflügen begleitete – Tod sprach dabei immer wieder von der PFLICHT –, half er Albert oder machte sich im Garten und im Stall nützlich. Manchmal suchte er auch Tods große Bibliothek auf und las dort mit dem unersättlichen allesfressenden Appetit derjenigen, die zum erstenmal die Magie des geschriebenen Wortes entdecken.
    Bei den meisten Büchern handelte es sich natürlich um Biographien. Zumindest in einer Hinsicht stellten sie etwas Besonderes dar: Sie schrieben sich selbst. Wer bereits gestorben war, füllte seine Werke von Deckel zu Deckel, wohingegen sich Ungeborene mit leeren Seiten begnügen mußten. Die übrigen Leute… Mort machte sich Notizen, markierte einzelne Stellen, zählte später die zusätzlichen Zeilen und gelangte zu dem Schluß, daß sich manche Bücher pro Tag um vier oder fünf Absätze erweiterten.
    Die Handschrift erkannte er nicht.
    Schließlich nahm Mort all seinen Mut zusammen und wandte sich an Tod.
    DU MÖCHTEST WAS? erwiderte der Knochenmann überrascht. Er saß hinter seinem verzierten Schreibtisch und drehte den sensenförmigen

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