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Gevatter Tod

Gevatter Tod

Titel: Gevatter Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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Zauberer wissen über solche Dinge Bescheid.«
    »Wie du meinst. Übrigens: Kannst du mich sehen?«
    Schneidgut musterte seine Besucherin. »Ja. Ja, ich glaube, es besteht kein Zweifel daran, daß ich dich sehe.«
    »Und hören? Kannst du mich auch hören?«
    »Laut und deutlich. Ja. Jede einzelne Silbe ist genau am richtigen Platz. Kein Problem.«
    »Würde es dich dann überraschen zu erfahren, daß ich für die anderen Leute in der Stadt überhaupt nicht existiere?«
    »Du bist Luft für sie?«
    »Noch weniger als das.«
    »Nur ich kann dich sehen und hören?«
    Keli schnaubte abfällig. »Und dein Türklopfer.«
    Schneidgut zog sich einen Stuhl heran und nahm Platz. Er rutschte ein wenig hin und her. Er runzelte nachdenklich die Stirn. Er stand auf, griff unter seinen Hosenboden und holte eine zerquetschte rötliche Masse hervor, die einst eine halbe Pizza 2 gewesen sein mochte. Er starrte kummervoll darauf.
    »Soll man's fassen?« klagte er. »Den ganzen Morgen habe ich danach gesucht. Gehört zu der Alles-drauf-Sorte, mit einer Extraportion Paprika.« Er zog einen halb zerflossenen Käsestreifen lang und erinnerte sich plötzlich an Keli.
    »Oh, entschuldige bitte!« sagte. »Wo bleiben nur meine Manieren? Du mußt mich für sehr unhöflich halten. Hier. Probier eine Sardelle! Bitte.«
    »Hast du mir überhaupt zugehört?«
    »Fühlst du dich unsichtbar?« fragte Schneidgut und schmatzte. »Ich meine, in dir selbst?«
    »Natürlich nicht. Ich bin nur ärgerlich. Und ich möchte, daß du für mich einen Blick in die Zukunft wirfst.«
    »Nun, ich weiß nicht… Was du mir eben geschildert hast, klingt irgendwie medizinisch, pathologisch, um ganz genau zu sein…«
    »Ich bin bereit, für deine Dienste zu bezahlen.«
    »Es ist illegal«, brachte Schneidgut fast verzweifelt hervor. »Der alte König hat das Wahrsagen in Sto Lat verboten. Er konnte Zauberer nicht ausstehen.«
    »Ich bezahle eine Menge.«
    »Frau Thugent meinte, mit der Krönung des Mädchens zur neuen Königin würde alles noch schlimmer. Die Prinzessin soll arrogant und hochmütig sein. Vielleicht hält sie von den Praktikanten der subtilen Künste noch viel weniger als ihr Vater.«
    Keli lächelte. Wer zum Hof gehörte und dieses Lächeln kannte, hätte Schneidgut vom Stuhl gezerrt und ihn irgendwo in Sicherheit gebracht, zum Beispiel auf dem nächsten Kontinent. Aber der Magier ahnte nichts, blieb still sitzen und strich sich kleine Pilze vom Mantel.
    »Soweit ich weiß, ist sie in dieser Hinsicht nicht zum Scherzen aufgelegt«, entgegnete Keli. »Es würde mich nicht überraschen, wenn sie dich nach dem Wahrsagen aus der Stadt jagen ließe.«
    »Lieber Himmel!« platzte es aus Schneidgut heraus. »Glaubst du wirklich?«
    »Ich schlage vor, wir lassen die Zukunft ruhen und beschränken uns auf die Gegenwart«, sagte Keli. »Dagegen könnte nicht einmal die jetzige Prinzessin und baldige Königin etwas einwenden.« Großzügig fügte sie hinzu: »Wenn du möchtest, lege ich bei ihr ein gutes Wort für dich ein.«
    Schneidguts Miene erhellte sich. »Oh, du kennst sie?«
    »Ja. Manchmal allerdings nicht besonders gut.«
    Der Zauberer seufzte. Er kramte im Durcheinander auf dem Tisch, rückte vorsichtig einige hohe Türme aus Tellern mit mumifizierten Nahrungsresten beiseite und entdeckte schließlich eine dicke Ledermappe, an der ein Käsestück klebte.
    »Nun«, meinte er skeptisch, »das hier sind Karok-Karten. Die geballte Weisheit der Ahnen und so weiter. Oder wie wär's mit dem Ching Aling des Mittwärtigen? Bei der Schickeria ist es gerade besonders in. Teeblätter oder Kaffeesatz benutze ich nicht.«
    »Nehmen wir das Ching-Ding.«
    »Na schön. Wirf die gelben Stäbchen hier in die Luft!«
    Keli kam der Aufforderung nach und beobachtete zusammen mit Schneidgut, welches Muster sich ergab.
    »Hmmm«, machte der Zauberer nach einer Weile. »Tja, eins im Kamin, eins im Kakaobecher, eins auf der Straße – ich hätte das Fenster schließen sollen –, eins auf dem Tisch und ein weiteres, nein, zwei hinter der Kommode. Ich schätze, Frau Thugent findet die übrigen.«
    »Du hast mir nicht gesagt, wie hoch und weit man die Stäbchen werfen muß. Soll ich's noch mal versuchen?«
    »Neiiin, lieber nicht.« Schneidgut blätterte in einem vergilbten Buch, das zuvor unter einem Tischbein gelegen hatte. »Nun, das Muster scheint einen gewissen Sinn zu ergeben. Ja, da haben wir's. Oktagramm acht Komma acht acht sieben: Illegalität, die Nicht-Büßende

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