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Gevatter Tod

Gevatter Tod

Titel: Gevatter Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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nicht leugnen und kicherte spöttisch, als er den Tonfall des Jungen vernahm. Es klang so, als strichen Fingernägel über grobes Sandpapier.
    »Ja«, bestätigte er. »Fie fienen ef fiemlich eilig fu haben, wenn du mich fragft.«
    Mort saß bereits wieder im Sattel.
    »He!« rief ihm der Türklopfer nach. »Hab Mitleid mit mir. Fei fo nett und befrei mich von dem Plakat, Junge!«
    Mort zog die Zügel so hart an, daß sich das Pferd aufbäumte und laut schnaubte. Er zwang Binky herum, kehrte zum kleinen Haus zurück, beugte sich vor und schloß die Hand um den Griff des Türklopfers, der plötzlich recht verunsichert wirkte. Morts Augen glühten wie Schmelztiegel, und der Gesichtsausdruck ähnelte dem eines Schmelzofens. Seine Stimme brachte genug Hitze zum Ausdruck, um Eisen verdampfen zu lassen. Der Klopfer wußte nicht genau, was er davon halten sollte, doch der Instinkt riet ihm zur Vorsicht.
    »Wie hast du mich genannt?« fragte Mort.
    Der Türklopfer dachte rasch nach. »Herr?« erwiderte er.
    »Und um was hast du mich gebeten?«
    »Mich von dem Plakat fu befreien?«
    »Wozu ich nicht die geringste Absicht habe.«
    »Na fön«, sagte der Türklopfer. »Ift in Ordnung für mich. Ich behalte den Mund voller Kleifter. Fmeckt eigentlich gar nicht flecht, wenn man fich'f genau überlegt.«
    Er beobachtete, wie Mort davonritt, schauderte erleichtert und klopfte in seiner Nervosität leise an die Tür. »Daaas war seeehr knapp«, sagte eine der Angeln.
    »Fei ftill!«
     
    Mort kam an Nachtwächtern vorbei, deren Aufgabe jetzt offenbar darin bestand, kleine Glocken zu läuten und – ein wenig verlegen – den Namen der Prinzessin zu rufen. Sie schienen Mühe zu haben, sich an ihn zu erinnern. Mort schenkte ihnen keine Beachtung und lauschte Stimmen, die nur in seinem Innern erklangen. Sie führten folgendes Gespräch:
    Sie hat dich nur einmal gesehen, du Narr. Warum sollte sie irgendwelche Gedanken an dich verschwenden?
    Ich weiß, ich weiß. Aber immerhin habe ich ihr das Leben gerettet.
    Glaubst du etwa, sie sei dir deshalb zu ewiger Dankbarkeit verpflichtet? Das Leben der Prinzessin gehört nicht etwa dir, sondern einzig und allein Keli. Sie kann damit anfangen, was sie will. Und außerdem: Schneidgut ist Zauberer.
    Na und? Zauberern steht es nicht zu, mit – mit Mädchen anzubändeln. Die Tradition verlangt, daß sie koisch sind…
    Koisch?
    Sie dürfen nicht duweißtschon…
    Ach, überhaupt kein Duweißtschon? fragte die mentale Stimme und schien zu grinsen.
    Es soll schlecht für die Magie sein, erwiderte Mort bitter.
    Komischer Ort, um Magie aufzubewahren.
    Mort war schockiert. Wer bist du?
    Ich bin du, Mort, dein inneres Selbst.
    Mir wäre lieber, du verschwändest aus meinem Kopf. Es ist schon so ziemlich eng darin.
    Mag sein, entgegnete die Stimme. Nun, ich wollte dir nur helfen, Denk immer daran: Wenn du dich brauchst – du bist immer in der Nähe.
    Kurz darauf herrschte wieder Stille.
    Es muß wirklich die Stimme meines inneren Selbst gewesen sein, dachte Mort niedergeschlagen. Ich bin der einzige, der mich Mort nennt.
    Diese überraschende Erkenntnis beanspruchte seine ganze Aufmerksamkeit, und deshalb nahm er nur geistesabwesend zur Kenntnis, daß er während seines stummen Monologs durchs Schloßtor geritten war. Natürlich reiten tagaus, tagein viele Leute durchs Tor, aber für die meisten von ihnen muß es erst geöffnet werden.
    Die Wächter zu beiden Seiten rissen voller Furcht die Augen auf und glaubten, einen Geist gesehen zu haben. Wahrscheinlich hätten sie sich noch weitaus mehr gefürchtet, wenn ihnen klar gewesen wäre, daß ihre Vermutung zumindest in groben Zügen zutraf.
    Der vor dem Zugang des großen Saals stehende Soldat hatte ebenfalls alles beobachtet, aber als Binky über den Hof trabte, blieb ihm noch Zeit genug, sich wieder einigermaßen zusammenzureißen.
    »Halt!« krächzte er unsicher. »Halt, wer da?«
    Mort bemerkte ihn erst jetzt.
    »Was?« fragte er, noch immer in Gedanken versunken.
    Der Wächter befeuchtete sich die trockenen Lippen und wich einen Schritt zurück. Mort stieg ab und trat näher.
    Der Soldat nahm seinen ganzen Mut zusammen und besann sich auf jene Art von beharrlicher Sturheit, die eine baldige Beförderung begünstigte. »Ich wollte nur fragen… Was, äh, wer bist du?«
    Mort griff nach der Lanze, die ihm den Weg zur Tür versperrte, und schob sie gleichmütig beiseite.
    »Mort«, sagte er leise.
    Ein gewöhnlicher Soldat hätte sich bestimmt damit

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