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Gevatter Tod

Gevatter Tod

Titel: Gevatter Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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was es mit diesen komischen Zeichen auf sich hat.«
    »Das eben waren magische Worte, nicht wahr?« fragte Mort. »Wie sie ein Zauberer verwendet, stimmt's?«
    »Zauberei und Magie! Hast du nichts anderes im Sinn? Ich weiß nichts von solchen Dingen. Und was dich betrifft… Konzentriere Intelligenz, Einfallsreichtum und Interpretationskraft auf das hier.«
    Mort betrachtete das komplizierte Linienmuster. Es sah aus, als habe eine trunkene Spinne versucht, das Blatt mit einem besonders raffinierten Netz zu schmücken – und offenbar hatte sie häufig eine Pause eingelegt, um hier und dort einige zierende Hieroglyphen hinzuzufügen. Mort wartete auf das helle Licht der Inspiration, doch hinter seiner Stirn blieb alles dunkel.
    »Erkennst du irgend etwas?«
    »Für mich ist das alles reinstes Klatschianisch«, erwiderte Mort. »Ich weiß nicht einmal, ob es von links nach rechts, diagonal oder von unten nach oben gelesen wird.«
    »Man beginnt in der Mitte und folgt den Spiralbahnen«, sagte Ysabell und schnaufte abfällig. Sie saß in einer Ecke.
    Morts Schläfe stieß an Alberts Nase, als sie sich beide vorbeugten, um die mittleren Bereiche der Seite zu betrachten. Sie runzelten die Stirn und sahen das Mädchen an. Ysabell hob die Schultern.
    »Ich habe hier oft genäht und dabei gelernt, wie man die Knotenkarte entziffert«, erklärte sie. »Vater las häufig laut aus ihr vor.«
    »Du kannst helfen?« vergewisserte sich Mort.
    »Nein«, widersprach Ysabell und putzte sich die Nase.
    »Was soll das heißen, ›nein‹?« knurrte Albert. »Diese Angelegenheit ist zu wichtig, um sich irgendwelche Scherze…«
    »Ich meine folgendes«, sagte Ysabell rasiermesserscharf. » Ich werde die Knoten berechnen, und ihr könnt mir dabei helfen.«
     
    Die Händlergilde von Ankh-Morpork hat es sich zur Angewohnheit gemacht, große Gruppen gewisser Männer in ihre Dienste zu nehmen. Die Betreffenden haben Ohren in den Ausmaßen von Fäusten und Fäuste, so groß wie mit Walnüssen gefüllte Beutel. Ihre Aufgabe besteht darin, alle jene Leute freundschaftlich eines Besseren zu belehren, die es sich in aller Öffentlichkeit erdreisten, die vielen Vorzüge der Stadt zu übersehen. Um nur ein Beispiel zu nennen: Der bekannte Philosoph Katzenröster schwamm mit dem Gesicht nach unten flußabwärts, nachdem er folgende berühmt gewordene Worte ausgesprochen hatte: »Wenn ein Mann Ankh-Morpork nicht mehr ausstehen kann, so hat er es satt, immerzu knöcheltief im Schlamm zu stehen.«
    Es erscheint daher angeraten, einen (unter vielen, wohlgemerkt) positiven Aspekt zu erwähnen, der Ankh-Morpork im Vergleich mit allen anderen großen Städten des Multiversums eine herausragende Stellung verleiht.
    Gemeint ist das Essen.
    Die Handelsrouten der halben Scheibenwelt führen entweder direkt durch die Metropole oder am breiten trägen Fluß entlang. Mehr als die Hälfte aller Stämme und Völker haben geruchsunempfindliche Repräsentanten geschickt, die sich irgendwo in dem verwirrenden Stadtlabyrinth niederließen, und dadurch wurde Ankh-Morpork zu einer Art kulinarischem Schmelztiegel. Auf den Speisekarten stehen: mehr als tausend Gemüsesorten, fünfzehnhundert Käsespezialitäten, zweitausend Gewürze, dreihundert Fleisch-, zweihundert Geflügel- und fünfhundert Fischarten; hinzu kommen hundert leckere Nudelvariationen, siebzig verschiedene Vertreter der gastronomischen Gattung Ei, fünfzig unterschiedliche Insektenspezies, zwanzig Schlangen und andere Reptilien – und etwas Hellbraunes und Warziges, das als wandernder klatschianischer Sumpftrüffel bekannt ist.
    Das Spektrum der Restaurants, Imbißstuben und Mampfhöhlen reicht vom Opulenten – kleine Portionen auf großen Tellern aus massivem Silber – bis hin zum Diskreten. Die Etablissements der zuletzt genannten Kategorie werden von exotischeren Gästen besucht, von denen es heißt, sie verschlängen alles, was sich irgendwie hinunterwürgen läßt.
    Hargas Rippenhaus an den Docks gehört wahrscheinlich nicht zu den erlesensten Eßlokalen der Stadt, denn die Kundschaft besteht aus recht kräftig gebauten Leuten, die in erster Linie Wert auf Quantität legen und das Mobiliar zertrümmern, wenn man ihre Wünsche unberücksichtigt läßt. Ihnen steht nicht der Sinn nach dem Ausgefallenen und Speziellen. Sie ziehen konventionellere Speisen vor, wie zum Beispiel flugunfähige Vogelembryonen, zerhacktes Fleisch in Darmhäuten, einzelne Scheiben gewisser Muskelteile von Schweinen und aus

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