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Gevatter Tod

Gevatter Tod

Titel: Gevatter Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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rauchen. Er hätte jemanden für eine Zigarre umbringen können, und für eine halbwegs brauchbare Zigarettenkippe wäre er immerhin noch bereit gewesen, eine oberflächliche Fleischwunde in Erwägung zu ziehen. Er seufzte und riß sich zusammen. Entschlossenheit stärkt den Charakter, so hieß es. Das Problem bestand nur darin, daß eben jener Charakter die Opfer bedauerte, die man für ihn darbrachte. Jeder Zauberer, der etwas auf sich hielt, sollte unter dauernder Anspannung stehen. Nun, Schneidgut erfüllte diese Voraussetzungen – man hätte ihn als Bogensehne verwenden können.
    Er wandte sich von der eintönigen Kohlkopflandschaft ab und kehrte über die Treppe in die zentralen Bereiche des Schlosses zurück.
    Glücklicherweise schienen seine Vorbereitungen den angestrebten Erfolg zu erzielen. Die Bevölkerung nahm es hin, daß eine Krönung anstand – obgleich sie nicht genau wußte, wem der Thron gebührte. In den Straßen und Gassen sollten bunte Fähnchen und Wimpel wehen, und außerdem plante Schneidgut, im Stadtbrunnen aus Kohl gebrautes Bier sprudeln zu lassen (Wein war zu teuer). Auf dem Programm standen muntere Volkstänze (die Palastsoldaten würden nötigenfalls mit gezückten Schwertern für angemessene Feststimmung sorgen). Hinzu kamen Wettläufe und Sackhüpfen für Kinder. Der Zauberer stellte sich einen am Spieß röstenden Ochsen vor und leckte sich aus reiner Vorfreude die Lippen. Er dachte an die mit neuem Blattgold versehene königliche Kutsche: Bestimmt konnten die Bürger der Stadt dazu veranlaßt werden, von ihr Kenntnis zu nehmen.
    In bezug auf den Hohepriester im Tempel des Blinden Io mußte man jedoch mit gewissen Schwierigkeiten rechnen. Schneidgut sah in ihm einen gutmütigen alten Mann, der mit dem Messer so schlecht umzugehen verstand, daß viele rituelle Opfer die Geduld verloren und fortgingen. Als er zum letztenmal versucht hatte, eine Ziege zu opfern, blieb ihr genug Zeit, Zwillinge zur Welt zu bringen, einen ausgeprägten Mutterinstinkt zu entwickeln und die ganze Priesterschaft aus dem Tempel zu jagen. Der Kerl brauchte einfach zu lange, um die Konturen seiner Umgebung zu entwirren.
    Die Chance, daß es ihm tatsächlich gelang, der richtigen Person die Krone aufs Haupt zu setzen, waren selbst unter normalen Umständen nur durchschnittlich. Schneidgut wußte, daß ihm wahrscheinlich nichts anderes übrigblieb, als neben dem alten Priester zu stehen und mit diskretem Takt seine zitternden Hände zu führen.
    Aber es gab noch ein anderes Problem, das ihm weitaus kritischer erschien. Gewissermaßen das Problem der Probleme. Voller Unbehagen entsann er sich an das morgendliche Gespräch mit dem Kanzler.
    »Ein Feuerwerk?« wiederholte Schneidgut.
    »Das ist doch die spezielle Spezialität von Zauberern, nicht wahr?« fragte der Kanzler. Seine Stimme klang so, als breche jemand einen zwei Wochen alten Brotlaib. »Blitze und Geballer und was weiß ich. Als kleiner Junge habe ich einmal einen Magier gesehen, der…«
    »Ich fürchte, ich muß dich enttäuschen«, erwiderte Schneidgut. »Was Feuerwerke betrifft, sind meine thaumaturgischen Kenntnisse recht begrenzt.« Sein Tonfall machte deutlich, daß er diese Art von Unwissenheit keineswegs bedauerte.
    »Jede Menge Raketen«, erinnerte ihn der Kanzler fröhlich. »Ankhianische Kerzen. Donnerblitze. Und irgendwelche Dinger, die man in der Hand halten kann. Eine Krönung ohne Feuerwerk ist wie – wie eine Suppe mit zuviel Salz drin.«
    Schneidgut ahnte, daß bei diesem Vergleich irgend etwas nicht stimmte, erhob jedoch keine Einwände dagegen. Zucker war ihm ohnehin lieber.
    »Ja, sicher, aber…«
    »Guter Mann«, unterbrach ihn der Kanzler und rieb sich glücklich die Hände. »Ich wußte doch, daß man sich auf dich verlassen kann. Um es noch einmal zu betonen: Raketen, je mehr, desto besser. Und als krönender Abschluß – ha-ha – etwas ganz Besonderes, etwas, das an Großartigkeit kaum mehr zu überbieten ist. Etwas wahrhaft Atemberaubendes, zum Beispiel ein Bild von… von…« Der Kanzler runzelte verwirrt die Stirn, und seine Augen trübten sich auf eine Weise, die der Zauberer nur zu gut kannte.
    »Von Prinzessin Keli«, sagte er und seufzte.
    »Äh ja«, bestätigte der Kanzler. »Ein Porträt von – von ihr – in Form eines Feuerwerks. Nun, für euch Zauberer sind derartige Sachen sicher ein Kinderspiel, aber die Leute mögen so etwas eben. Ein ordentliches Geknalle, auf daß die Balkons erzittern – um die

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