Gewäsch und Gewimmel - Roman
Richtungen, während Hans nun mit einem, ich täusche mich nicht, entzückten Lächeln seine Augen senkte. Wenn er nicht zornig ist, ist er eben ein äußerst diskreter Mensch. Deshalb lenkte er auch, um alle Nachfragen, die Sabine Auftritt zerstört hätten, zuvorzukommen, schnell die Frage an den nächsten.
Ach, unser Herr Hans! Der vor lauter Überarbeitung finstere Frauenarzt verstand den liebenswürdigen Mann und seine Klugheiteinfach nicht, auch wenn er sich gewiß, schon Jeanettes wegen, Mühe gab. Als ich einmal so still in meinem Fernseheckchen saß, trat Herr Scheffer plötzlich zu mir und sah mir ins Gesicht. Es kam mir über die Lippen, ich konnte es nicht zurückhalten: »Ach Herr Hans, wozu bin ich hier eigentlich nütze!« Da hat er gelächelt und mir geantwortet: »Sie, Frau Wäns? Wozu Sie nütze sind? Sie, Frau Wäns, Sie lieben mich doch!«
Was mir wohl der Frauenarzt statt dessen geantwortet hätte?
Wer war der nächste mit den Tieren?
Da, das sind nicht Äste, die sich aneinander reiben, das ist der Specht, da, jetzt fliegt er in Schwüngen ein paar Bäume weiter. Ob sie eines Tages auch die Vogelstimmen und die Klopfgeräusche auslöschen werden?
Wer war der nächste mit den Tieren?
Tapir? Flamingo? Erdferkel? Der Fleischer Hehe, Boris Bäder? Finnland? Ich weiß es nicht mehr, die Stimmung war großartig. »Verhüllung und Entblößung durch das Wunschtier!« schrie die tolle Iris, vielleicht schon ein wenig berauscht. Nur Jeanette, die doch wohl ein bißchen humorlos ist, offenbarte uns: »Ich will überhaupt kein Tier sein, Herr Scheffer!« Ich spürte ganz genau, wie gut es ihr trotzdem tat, seinen Namen auszusprechen. Ein rührendes Lächeln unter patziger Miene! Hätte Herr Hans sie aber daraufhin so drohend, wie er es ja konnte, angeblitzt, dann wäre aus ihrem Mund unverzüglich irgendein Tiername aus unserem Zoo zu vernehmen gewesen. Hans kam ihr jedoch nicht in dieser Weise entgegen, es zuckte bloß über sein Gesicht, und ich fürchtete schon, er würde ihr etwas in der Art wie: »Wanze? Laus? Floh?« vorschlagen.
Denn so konnte er natürlich auch sein, unser Herr Hans.
Da fällt es mir ein: Die Galeristin Steinert war es, die, statt ein Tier zu nennen, »Atheistin« sagte, und das in einem Ton, als wollte sie Hans damit reizen. Der feixte in sich hinein und kommentierte: »Schon gut, Gnädigste. Nun haben Sie es also an diegroße Glocke gehängt.« Herzer meinte streng, als er, ich will mal sagen, eine unverfängliche Pferdesorte für sein zweites Leben genannt hatte, ohne Übergang: »Die neue Kriegsform ist jetzt also Cyberwar, den digitalen Kriegen gehört die Zukunft!« Er war eben immer ein bißchen um das Niveau besorgt. Und deshalb antwortete ihm Hans genauso streng, er interessiere sich, Cyberwar hin oder her, mehr für Modelleisenbahnen.
Ja, ich erinnere mich, daß sofort, ohne besonderen Grund, es war ja daraufhin etwas still geworden, der gutherzige Schlachter Hehe in sein krachendes Gelächter ausbrach. Er riß alle mit. Danach legte Hans kurz seine Hand auf Hehes Arm und drückte ihn wohl auch sacht.
Was waren sie damals für Kinder!
Gerade da klingelte Jeanettes Telefon. Sie gab es gleich an ihren Mann weiter: »Dein Sohn!« Der Frauenarzt Herzer ist der einzige, der in unserer Runde das Handy anlassen darf. Er ging mit dem Apparat in die Garderobe. Ich hörte, wie er sagte: »Dann nimm irgendeine Frau in den Arm, und mach dir einen schönen Abend.« Das hätte ich nicht gedacht, daß es bei Herzers einen Sohn gab. Es fragte auch niemand nach. Man lachte, als er zurückkam, gerade über einen Witz, der von Leidcreme oder Gleitcreme handelte. Er aber, Herzer, lachte der Einfachheit halber und aus Bequemlichkeit auf gut Glück mit, ein bißchen zerstreut allerdings und ohne zu wissen, um was es ging. Selbst in einem solch unechten Fall sah er lachend sofort viel jünger aus. Oder empfand ich das bloß so, weil ich ihm nicht nur den Sohn, der offenbar gar nicht von seiner Frau war, sondern auch so einen Garderobensatz nicht zugetraut hatte?
Cyberwar kenne ich nicht, aber in der versinkenden Stadt, nachdem die Luftminen alle Fenster zerstört hatten und so den Weg freimachten für die Wirkung der Brandbomben, die Flammen in den Häusern, den brennenden Asphalt mit den fliehenden Einwohnern und die lodernden Kirchtürme, das schon. Späterdie Panzerkolonnen, die über und unter uns die restliche Welt niederschlugen und einstürzen ließen, mit einem Donnern, das
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