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Gewäsch und Gewimmel - Roman

Gewäsch und Gewimmel - Roman

Titel: Gewäsch und Gewimmel - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klett-Cotta Verlag
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über Anlageschwindler, über den grauen Kapitalmarkt und die unzureichendeGesetzgebung in unserer Bundesrepublik. Da konnte sie natürlich stolz die Führung übernehmen. Herr Hans wußte über die Warenterminszene bestimmt nicht mehr als ich. Bittere Spiele wie das Spekulationsgeschäft liegen unserem Herrn Hans vom Hochmoor doch nie und nimmer! Ich vermute, obschon sich Sabine in ihrer Diskretion nichts von mir entlocken ließ, daß er auf einen Kriminellen hereingefallen und ein – wenn auch nicht erheblich – Geschädigter aus Harmlosigkeit war. Ich kenne sie doch. Sie wirkte entsetzt über das, was er ihr plaudernd gestand. Doch kurz darauf fühlte er sich schon wieder obenauf, rief: »Aha, den anderen ist es auch passiert? Macht nichts, trara. ›Tand, Tand ist das Gebilde von Menschenhand!‹ Von wem? Ihr wißt es nicht?«, und Sabine ließ das Wasserglas fallen und vergaß, darauf könnte ich schwören, über dem Anblick von Hans in der weißen Sommerjacke, als er ihr zum Abschied zerstreut in die Augen sah und die Taschen nach außen stülpte, sogar das Wort »Kapitalanlagebetrug«, das sie so oft gebraucht hatte. Das liebe, ungeschlachte Kind, wie reizend ihr das Gefühl zu Gesicht stand, mit dem sie allmählich Bekanntschaft machte.
    »Ob Anada wirklich hier auftauchen wird?« fragte er zum Schluß, wie mir schien, etwas bange. »Aber sagen Sie, von wem? Von wem stammt die Zeile!« »Fontane« flüsterte Sabine. Warum sagte sie das so verschwörerisch? Es war doch kein Geheimnis. Das Gedicht hat womöglich schon ihre schöne Urgroßmutter Anna Hornberg in der Schule gelernt.
    Bald kam er wieder, obwohl doch alles, was das Mädchen betraf, abgesprochen war. Niemand ahnte, als Sabine sich so übermäßig freute, daß ich es, im verborgenen, mindestens genauso tat. Wir erzählten Hans vom Zusammenbruch des Metzgers. Sein Gesicht wurde für einen Moment traurig und schuldbewußt. Er hatte sich wohl seit seiner Wiederkehr noch nicht richtig um den Freund gekümmert? Doch, das schon, aber die Auskunft der beiden zur Gesundheit von Hehe ließ ihn im Unklaren.Vielleicht hatte der ökologische Fleischer, unser guter Wursthersteller Wilhelm Hehe, da schon mehrere Operationen hinter sich und niemandem davon erzählt, der tapfere Mann. Sein spezieller Liebling, sagte Hans, die süße Ilona, habe in der Ecke gesessen, eine Zeitung in kleine Stücke gerissen und dazu dauernd mit ihrem unwiderstehlichen Akzent gesagt: »Weg damit. Wer hält das aus? Schrecken auf Schrecken, rund um die Erde, rund um die Uhr, und dann ein Kind kriegen!« Steckte denn nicht schon alles, was Ilona durch die Zeitungen und anderswoher erfuhr, längst in ihr drin? Hehe aber habe mit ihm Pläne für eine schöne Zechtour geschmiedet. Insofern sehe es prima aus.
    Plötzlich fragte unser liebend gern gesehener Gast, wobei er sich räusperte, aber schon wieder mit dem erst kürzlich gehörten wehrlosen Unterton: »Ob sie wirklich kommt? Ich bin froh, der kleinen Verwandten das hier anbieten zu können, praktisch direkt neben meinem externen Arbeitsplatz. Aber hält sie Wort? Was ist eure Meinung? Heraus damit! Mal klingt es nach Ja, dann wieder nach Nein. Wie versteht man das, ihr Frauen und holden Damen?«
    Sabine und ich, wir senkten unsere Köpfe und schielten uns von unten verstohlen an. Nun mußte unser Herr Scheffer, der sich selber so gern rar machte, das Hin und Her endlich auch einmal erleiden und ein wenig zappeln! Wir waren uns wohl beide nicht ganz sicher, ob wir es ihm nicht ein bißchen gönnten, riefen aber jedesmal: »Natürlich kommt sie, Herr Scheffer. Die Zocks, Iris Steinert, die Herzers, die Hehes, Finnland, Bäder und wir beide: Niemand zweifelt daran. Wir alle warten auf sie.«
    Warum behaupteten wir das? Uns war doch dieses Goldstückchen aus Alaska, ob mit Schlitzaugen oder nicht, völlig gleichgültig. Wir wollten nur sehen, wie unsere Sonne vor unseren Augen rotglänzend aufging. Auch wenn für uns beide ein winziger Schmerz damit verbunden war. Sabine wußte nur von dem, der sie betraf.
    Was stößt da, lautlos herangeschlichen, gegen meinen Rücken? Es ist der schwarze Dobermann der schwarzen Frau. Was will er, der Affe? Er steht da riesig und stiert aus mordlustigen Augen. Die Frau lacht in der Ferne. Sehr träge wahrscheinlich verzieht sie die Lippen: »Nicht alle Leute sind Hundebesitzer«, ruft sie ihm zu. Ob sich das zweite Tier von einer anderen Seite nähert? Zu mir sagt sie kein Wort. Ich rühre mich lieber

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