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Gewäsch und Gewimmel - Roman

Gewäsch und Gewimmel - Roman

Titel: Gewäsch und Gewimmel - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klett-Cotta Verlag
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konnte, die faszinierende Jugend Anadas. Sie lief ihm in diesem Punkt objektiv den Rang ab, egal, ob man es ihr ansehen würde oder nicht. Hans erfreute diese Leidenschaft am sonst so hochnäsigen Bäder, und also hänselte er ihn: »Es hilft alles nichts. Im Vergleich zu uns ist sie fast noch ein Kind, sogar Sie, Bäder, werden zum Greis.«
    »Und Sie glauben wirklich, das Baby kommt her?« rächte sich der schlaue Bäder und hatte sogleich Erfolg. Hans, das große kleine Kind, zog den Mund schief, damit man ihm Bäders Treffer nicht anmerkte. Man tat es trotzdem. Sein schwacher Punkt: Würde sie kommen? Die reizende Iris kicherte in ihre Serviette und schielte gleichzeitig drüber hinweg. Das waren immer ihre Zeichen: Kichern und Schielen, als wäre beides verboten und sie täte es trotzdem. Normalerweise gefiel Hans dieses schulmädchenhafte Treiben. Im vorliegenden Fall aber nicht. Er mußte sich richtig Mühe geben, Spaß zu verstehen.
    Aber nein, nein. Alles ging einfach und heiter vor sich an diesem Abend, in dieser heiteren Belebung nach der ersehnten Wiederkehr, so möchte ich es einmal bei mir nennen. ErsehnteWiederkehr. Zum Beispiel sah Ilona, die sich nun doch zu runden begann, sehr wohl und kätzchenhaft aus, ein östliches Kätzchen, so lieblich und milde lächelte sie unter den bewundernden, wenn auch etwas abwesenden Blicken von Herrn Hans. Nur ist sie draußen zwischendurch, als sie aus dem Bad kam, mit mir beinahe zusammengestoßen und nahm mich unversehens in den Arm wie eine Vertraute.
    Hehe gehe es sehr schlecht, sehr ernst sei die Angelegenheit. Um Gottes willen aber nicht davon sprechen, nein, das dürfe man nicht. Das sei weder in Hehes noch in Scheffers Sinne. Aber sie wolle mir etwas gestehen, mir als einziger. In der Beziehung zu Hehe habe sie, die viel Jüngere, immer gedacht, es fehle ihr etwas, ein Schmerz vielleicht, der doch angeblich zur Leidenschaft gehöre. Die Liebe sei einfach zu bequem gewesen. Nun aber sei er da, ununterbrochen, nämlich als Angst, ihn zu verlieren, tagaus, tagein. Wie in dem Lied, wo es heiße: »Es gibt keine Liebe ohne Schmerz, kein Schmerz ist so stechend wie die Liebe« aus Spanien. Und dazu dieses Kind, das in ihr wachse.
    Hatte ich denn die ganze Zeit als alte Eule im Spinnwebwinkel gesessen, jenseits von den Dingen und Schwächen der Welt, so daß sie nun alle bei mir ihr Herz ausschütteten? Mir wurde trotz des Mitgefühls kalt. Ich war doch wie sie ein atmender Mensch. Zitterte ich nicht, wenn Herr Hans in meine Nähe kam? Müßte ich mir in den Finger schneiden, um zu beweisen, daß rotes Blut in mir fließt? Wie früh der Ausdruck »das Leben« fällt! Dann steht es da und verheißt und droht, man läuft ihm entgegen, immer entgegen, bis man merkt, daß man es schon überholt hat.
    Ilona gab noch keine Ruhe. Sie hielt mich fest für zwei. Ich hätte mich richtig losreißen müssen, um ihr zu entkommen. Herr Hans denke nur an diese Anada. Aha, ging mir durch den Kopf, nun ahnt das bisher so süße Geschöpf, wie andererseits Bäder auf seine Weise, daß ihre Rolle der jüngsten Frau abgelaufenist. Daher die Schwermutsanfälle. Scheffer denke in Wirklichkeit an nichts als an diese Indianerin. Sie aber, Ilona, mit ihrer Befürchtung wegen des vielleicht todkranken Hehe und der Sorge um die möglicherweise zerbrechende Ehe ihres Chefs, habe sich außerdem um ihren Bruder zu kümmern, der sich am Fluß ein kleines Unternehmen aufgebaut habe, einen Kiosk, wo die Spaziergänger Kaffee und Eis kaufen könnten, auch dort sitzen und im Freien dann ja ohne weiteres, ohne Klage, rauchen, notfalls unter Wärmelampen. Seit zwei Jahren gehe es ganz gut und immer besser. Er habe erweitern können, ein richtiges, winziges Gartenrestaurant sei daraus geworden, florierend wegen seines freundlichen Wesens, nachdem er im Leben bisher immer Pech gehabt habe und nun aber auch Bodybuilding mache und glücklich geworden sei.
    Drinnen, dachte ich, sitzen die anderen bei meinem Herrn Hans und dürfen ihn ansehen und schwätzen mit ihm. Warum gönnt sie mir nicht, dabeizusein?
    Sogar eine Freundin, die ihm in ihrer Freizeit helfe, habe sich eingefunden. Der Liebling älterer Kaffeetrinkerinnen mit kleinen Hunden sei er geworden. Man könne sich kaum vorstellen, wie geschickt er seine Sache mache. Auch steuere Hehe die ökologischen Würstchen bei. Nur sei dem Bruder, der sich nach mancherlei Schiffbruch so schön gefangen habe, Neid erwachsen von einem Café in der

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