Gewäsch und Gewimmel - Roman
wieder im Pfeffer-und-Salz-Sakko der Herr Holterhoff! Nicht zu glauben, der verliebte Holterhoff und seine Terbenzel, seine mollige Miezel von gestern! Und was treiben die beiden hier so leisetreterisch und machen sich geheime Zeichen?
Da, nun erkenne ich es. Sie stöbern die grünen Frösche auf, die sich am Teichrand im Sonnenlicht wärmen. Immer neue springen zu zweit, einzeln, zu dritt mit gestreckten Gliedmaßen ins Wasser, sobald das neckische Paar sich auf einen Meter genähert hat. Dann warten die beiden, bis sie nicht nur vorüberfliegende Vögel auf dem Grund des Sees erkennen, sondern die zwei kleinen Glubschaugen der auftauchenden Tierchen, die sie vorsichtig anstarren. Nett ist ja doch, wie sich die beiden Narren dann freuen, aber sie müssen es lautlos tun, nur mit den lächerlichsten stummen Gesten, um nicht die nächsten, noch seelenruhig am Teichrand sich sonnenden Frösche vorzeitig in die Flucht zu jagen. »Was machen Sie da, Herr Holterhoff!« rufe ich, »Spielen Sie etwa Frösche-Erschrecken?«
Das ist nun das kindische Vergnügen meinerseits, an diesem trostlosen Tag: Holterhoff ein bißchen in Verlegenheit zu bringen. Man sieht ihm sein Glück sogar von hinten an, es wundert mich nicht. Daß Miezel seinen Unsinn mitmacht, bedeutet Gutes. Er sagt: »Stellen Sie sich doch nicht so dumm. Die 2000 Jahre sind um, widibum! 2000 Jahre Hochkultur, die uns zustehen, meine ich. Man muß die Zeit bis zum Untergang nutzen.« Dann beschwert er sich scheinheilig: »Miezel will die Bäume in meinem Garten abends von unten anstrahlen lassen. Kein Mitleid mit den Nachtgreifen hat die hartherzige Person. Ich habe sie bei der Wassergymnastik kennengelernt. Sie will, wie als Kind, Miezel genannt werden. Miezel Terbenzel! Ist das nicht Musik?« Und so weiter. Es reicht nun aber, ich lasse die Turteltauben schnell zurück.
Auch ich habe hier einmal beobachtet, Ende Juni wahrscheinlich, wie die feurig-grünen Frösche in hohem Bogen in die Baumkronen des jenseitigen Ufers sprangen, ich meine, in deren Spiegelbild im Weiher, als wären es die Samen des Springkrauts, und habe sehr über diese Ähnlichkeit für mich allein gelacht.
Der arme Mann Hans aber! Wir hörten in den nächsten Tagen nichts von ihm, niemand erfuhr etwas. Bei Hehe nach ihm zu forschen, das traute sich keiner. »Der holt sich Trost bei einer richtigen Frau!« meldete sich die Galeristin, als könnte das sehr gut sie selbst sein. Vielleicht rührte in Wahrheit sein düsteres Gesicht nicht nur von Anada, sondern von der Sorge um den Metzger her, der nur noch Wochen zu leben hatte. Wie sehr traf ihn das beängstigende Wahlergebnis? Wir wußten eigentlich gar nichts über ihn, nicht einmal ich, die so oft mit ihm und dem Mädchen durch die Gegend gelaufen war. Man riskierte nie, ihn etwas Wichtiges zu fragen, so war es schon immer gewesen. Nur Hehe hätte helfen können, aber es war ja zu spät. Er befand sich, sagte Ilona, die sich nicht mehr auf ihr Kind zu freuen schien, nur noch zeitweise bei Bewußtsein. Von allen Seiten kam das Unheil und kreiste unseren Herrn Hans, der sich irgendwo verborgen hielt, ein.
Ich werde jetzt ohne Umweg nach Hause gehen. Kein Blick mehr auf die Landschaft also. Ist das dort bei den Kiefern nicht die schwarze Frau mit den frei laufenden Hunden? Sofort beginnen mir die Knie zu zittern. Aber nein, da ist nichts, ein größerer Baum mit zwei kleinen nur. Die Kleider wollen nicht recht trocken werden, und das Hütchen ist wohl aus dem Leim gegangen und verdorben, wenn es sich nicht über Nacht auf der Heizung noch einmal erholt. Ich hänge doch dran, hänge an dir, du löwenzahnfarbiges Hütchen.
Um diese Zeit wird das Brautpaar mit dem Frühstücken fertig sein, wenn mir die nicht unbescheidene Hoffnung erlaubt ist, der vergnügte Ehemann und seine selige Frau. Meine ehemalsmürrische Sabine, mein verdammt gutaussehender Herr Hans. Ich muß es mir noch oft vorsprechen, um daran zu glauben. Unbesehen aber wünsche ich ihnen alles Glück, aus Leibeskräften und von Herzen. Wenn es nur möglich wäre! Es muß! Vergnügt und selig, selig und vergnügt.
12. Wanderung
Mit dem Strohhütchen wird es nichts mehr. Dann muß ich mit dem fahrlässig gefüllten Rucksack reden. Ich kann es so einrichten, daß in meinem Schlafzimmerfenster der gesamte Himmelsausschnitt aus Apfelblüten besteht. Von so einem rauschenden Fest möchte man nie mehr zurück. Dazu schon frühmorgens zusammen mit den Vögeln das Kraftmeiern der
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