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Gewäsch und Gewimmel - Roman

Gewäsch und Gewimmel - Roman

Titel: Gewäsch und Gewimmel - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klett-Cotta Verlag
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Kleinkinder aus der Nachbarschaft. Sie schreien vor Begeisterung oder heulen vor Wut. Gleichzeitig aber ein selterswasserähnliches Zischen und Brausen in der Luft: Aus den aufgeblähten Dingen weicht das Körperliche, daher das Geräusch in meinem Ohr. Aber ist es nicht ein Widerspruch?
    Als ich gestern nach Hause kam, hieß es schon an der Tür mit Sabines Stimme: »Wien!« Sie war wild rumorend mit Koffern zugange. Die Entscheidung wegen der Hochzeitsreise, schon übermorgen solle es losgehen, sei für die hundsbeliebte Habsburgerstadt gefallen. »Flittertage!« rief sie und versuchte, es ein bißchen ironisch klingen zu lassen. Das schaffte sie aber nicht. Ganz aufgebracht war sie vor lauter Wonne, fast keine Furchen mehr. Doch, genug Hinweise, doch, doch, es muß das Glück sein! Es macht eben Menschen, die es nicht gewöhnt sind, etwas angespannt. Hans sei heute nicht hier. Man bleibe ja, so Hans, berichtete mir seine Frau, auf der Reise von morgens bis abends zusammen. Deshalb könne ein wenig Abstand und Absenz vorher nicht schaden. Hatte ich in meiner Überraschung unkontrolliert das Gesicht verzogen? Sofort holte Sabine aus zu einer gereizten, flammenden Lobrede auf ihren Mann, und ich, ich mußte mich,um ehrlich zu sein, sehr verstellen, um sie nicht noch zu überbieten dabei.
    Damals, in den Tagen nach Anadas Abreise, lebten wir beide, Sabine und ich, in einer unangenehmen Taubheit, weil Hans uns nach den vielen, regelmäßigen Besuchen im Stich ließ, als wären wir nie seine Vertrauten gewesen. Er nahm sich das Recht, wir kannten das ja, Freundschaften nach Gusto eine Weile auszusetzen.
    Manchmal kam eine der Frauen vorbei und saß dann, auf Neuigkeiten reflektierend, die wir nicht hatten, bei uns herum. Magdalena Zock wirkte auf mich anders als früher. Ich glaubte ihr das Fleischlich-Frohe nicht mehr so unbeirrbar wie einstmals. Plötzlich hatte ich den Verdacht, sie würde die Üppigkeit nur noch imitieren, damit ihr Mann Reife und schwellende Weiblichkeit an ihr weiterhin schätzte und dabei nicht erkannte, daß sie innerlich ausmergelte wie er selbst. Ob sie noch ihre herrlichen Essen zubereitete? Kaum denkbar. Für wen denn? An dieser immer prallen Person stellte ich auf einmal etwas Schlotterndes fest, sagte aber keine Silbe darüber zu Sabine, nein, lieber nicht. »Mit Jeanette und Detlef Herzer«, unkte Magdalena nicht unzufrieden, »mit denen sieht es nicht gut aus. Ich fürchte, es wird mit einer Trennung, vermutlich mit seiner zweiten Scheidung enden.«
    Und was behauptete die Galeristin, unsere ehemalige Libelle mit dem kapriziösen Silberblick? Sie wolle mit dem Grünschnabel Boris Schluß machen, wisse bloß noch nicht wie. Dafür erwog sie aber, während sie auf unserer Küchenbank mit kränkend-kritischer Miene Sabines Kaffee trank, ob es für Hans nun nicht das Beste sei, endlich zu heiraten, verwarf es dann aber wieder in ihrer bissigen Ausdrucksweise: »Soll er an der Seite einer Person leben – und jede Frau an der Seite charismatischer Männer wird zwangsläufig so –, die eifersüchtig über das Fortbestehen seiner Herzensbrecheraura wacht und es sich doch nichtverkneifen kann, den Leuten voll kiebiger Rachsucht aus dem Nähkästchen ihrer ehelichen Desillusionierungen zu erzählen?« Sie lachte richtig bösartig und ließ sich auch nicht durch die hochschwangere Ilona, die hinzukam, nichts sagte, nur immer wieder tapfer mit den Tränen kämpfte, weicher stimmen.
    Einen einzigen Satz äußerte die ehemals so niedliche kleine »Slawin« des Metzgers. An ihn erinnere ich mich genau, nicht nur ungefähr, wie an das meiste sonst: »Wäre Hans damals nicht so unverschämt weggefahren, dann wäre Hehe auch nicht so krank geworden.« Aber ist nicht gerade er, der Freund Hehe, es gewesen, der Hans Kraft und Gemütlichkeit des Lebens spendete, und mußte Hans nicht wanken ohne dieses Lachen, den Bart, die Würste, ohne Hehes donnernde Herzlichkeit? Trug der Fleischer mit seinem Sterben nicht die eigentliche Schuld am Untergang des Ganzen?
    Wir saßen, auch ich, das gutherzig jenseitige Mütterchen, um den Küchentisch herum, aber in Wirklichkeit um einen Ofen, der nicht mehr feuerte. Jeder spürte es, fröstelte und hoffte, ihn noch einmal anzünden zu können, jetzt, wo der arktische Störenfried verschwunden war. Man mußte nur etwas Geduld haben und warten, bis sich die herumsausenden Teilchen beruhigt hätten. Dabei konnte doch niemandem ernstlich entgehen, daß wir ja gar nicht

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