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Gewäsch und Gewimmel - Roman

Gewäsch und Gewimmel - Roman

Titel: Gewäsch und Gewimmel - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klett-Cotta Verlag
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aufwärts fahre und der Odem des Viehs hinab unter die Erde fahre?« War das nun Dillburg zu Frau Fendels schlafender Katze oder Herr Brück zu seinem lahm und fast blind wachenden Hund Rex?
Nur die Stimme
    Frau Fendel betrachtet jedesmal gedankenvoll die roten Haare ihrer Krankentherapeutin. Wie üppig diese Frau damit prunkt! Sie selbst, Frau Fendel, hat vor vielen Jahren ebenfalls so brennendes Haar gehabt, aber dessen Farbe durch ein mittleres Blond lieber unter Verschluß gehalten. Das reut sie jetzt, im Alter, während sie nach Anweisung die Fäuste rhythmisch um Hartgummibälle krampft. Zu spät!
    Gestern immerhin, als sie Brot kaufte und die Hand danach ausstreckte, fragte von hinten eine männliche Stimme: »Sehen Sie nur, Sie haben sich am Arm verletzt!« Es handelte sich lediglich um eine kleine Schramme, wer weiß woher, aber an den Klang dieses Satzes erinnert sie sich auch heute noch und wird es morgen und übermorgen tun. Seit langer Zeit war es die erste ihr widerfahrene Zärtlichkeit, und sie hat sich extra nicht umgedreht zu dem Mann, der sie sicher von hinten, der gewissen, von ihr ein Jahrtausend lang nicht gehörten Melodie seiner Frage nach zu schließen, für viel jünger hielt.
Drei junggeglühte Männlein
    Als die beiden Freunde kommen, sagt sich Fritzle noch schnell: Unser Problem besteht darin, daß wir akzeptieren müssen, Zeit zu haben. Wir dürfen diesen schönen, aber erschreckenden Umstand nicht als täglichen Sturz ins Bodenlose empfinden. Auch hier kommt es, wie beinahe immer im Leben, auf die mannhafte Interpretation an.
    Bevor Gadow bei ihnen eintrifft, beschweren sich Heinz (den sie bei guter Laune »Irrenarzt« nennen, weil er früher eine psychiatrische Klinik leitete), Hans (»Kerkermeister«, weil er Gefängnisdirektor war) und Franz Fritzle noch einmal über Frau Fendels Sohn, der ihnen den letzten Abend vermasselt hat. »Er soll uns nicht für blöd halten«, sagt Fritzle, der ihnen die geheime und wahre Identität des Mannes weiterhin verschweigt, »wenn er schon, um uns zu imponieren, den ›Prediger‹ zitiert, dann schreibe er sich gefälligst den folgenden Satz hinter die Ohren: ›Einer mag überwältigt werden, aber zwei können widerstehen, und eine dreifache Schnur reißt nicht leicht entzwei.‹«
    »Und wißt ihr denn noch«, schreit Heinz, »wie früher die Reklame für die Margarine Sanella hieß? ›Wer das Gute will, muß es beim Namen nennen.‹«
    »Und die für die Firma Vogeley?« ruft Fritzle.
    Hans (selig): »›Nach vielen gründlichen Versuchen, nehm ich nur Backfroh für den Kuchen‹«
    Fritzle: »Und dann gab es noch: ›Man sieht, wie alle sind bewegt, weil Mutter in die Stube trägt: Schram’s Pudding.‹ Mir kommen fast die Tränen.«
    »Und die Parole von Camelia?« brüllt wieder Heinz.
    »›Wen mag Ilse erwarten?‹« rufen alle drei im Chor.
    Nun sieht die Welt wieder viel, viel besser aus. Heinz erzählt, wie er in seiner Jugend zwei Wetten gewonnen hat: Erstens ist er in einem Tag von Aachen nach Köln marschiert, zweitens hater in einer Stunde einen Sack Zement quer durch Aachen geschleppt!
    Schach, Fendel! Matt, Fendel!
    Und was ruft Fritzle, aus dem die Lebenslust wieder mit grünen Blättern hervortreibt, sektbesäuselt spät in der Nacht den glücklich schwankenden Freunden nach? »›Ich bin Citrox, der vielgewandte Küchenhelfer! Ich mache Salat: delikat!‹«
    »›Ich mache alte Kartoffeln: neu!‹« kommt von den beiden wie aus der Pistole geschossen aus dem Dunkeln zurück.
Aprilnacht
    Riesige Überraschung für die Fotografin Babs, Babs Roeland! Während einer Party trat sie für eine Zigarettenlänge in den nächtlichen Garten der Gastgeber, in dem gerade ein Kirschbaum blühte und blendete. Durch die Dämpfe der Blüten hindurch sah sie den Vollmond, ein Mond, wie gerade auf die Welt gekommen. Diese Konstellation, das begriff sie sofort, gab es, und das nur mit Glück, bloß einmal pro Jahr, und sie glitt lautlos und nahezu unbemerkt vorbei. Sicher war Babs die einzige Person von all den Beschwipsten und Angetrunkenen drinnen (manche saßen auch in einem Extrazimmer vor Bildschirmen), die wußte, daß der Mond heute ganz rund war.
    Das Merkwürdige bestand aber darin, daß er plötzlich pulsierte. Zwischen vollkommener Helligkeit und vollkommenem Verlöschen ebbte er vor und zurück, für ein kurzes Intervall während seines Steigens eingefaßt von weißpelzigen Zweigen.
    Das liegt bestimmt an den Wolkenschleiern, die

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