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Gewagt - Gewonnen

Gewagt - Gewonnen

Titel: Gewagt - Gewonnen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Berte Bratt
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matt.
    „Sie sehen müde aus, Fräulein Astrid“, sagte Harder, als er sie zum nächsten Tanz aufforderte. „Wollen Sie lieber diesen Tanz auslassen und sich mit mir in einen stillen Winkel setzen? Ich bringe Ihnen etwas Fruchtsalat…“
    Im Gartenzimmer fanden sie eine warme Ecke. Sie wechselten nicht viele Worte; aber Harder blickte Astrid unverwandt an.
    „Wissen Sie, Fräulein Astrid, wie ich mich fühle, wenn ich still neben Ihnen sitze? Als ruhte ich nach einer langen Wanderung über staubige Landstraßen auf einer grünen Wiese aus.“ Astrid lachte. „Sie wollen Ihre Gesellschaft doch wohl nicht mit einer staubigen Landstraße vergleichen?“
    „So weit habe ich nicht gedacht, aber eigentlich ist der Vergleich gar nicht einmal so unpassend. Sie glauben gar nicht, wie wohl es mir tut, Sie hier bei mir zu sehen.“
    Harders Stimme klang so aufrichtig, und sein Blick ruhte so ehrlich bewundernd auf ihr, daß es Astrid warm ums Herz wurde. Sie blieben sitzen, bis der Tanz zu Ende war und nach kurzer Pause ein neuer begann.
    „Wollen Sie tanzen, Fräulein Astrid?“
    „Ich denke, ich werde wohl erst mein Haar etwas in Ordnung bringen müssen. Mir scheint, es ist etwas wirr, und mir ist auch sehr warm…“
    Vor dem großen Toilettenspiegel blieb Astrid stehen. Sie strich das Haar glatt, puderte sich und rückte die Mandelblüten auf der Schulter zurecht. Ihr Kleid war gar zu hellblau, und der Aquamarin war so klein und farblos, und ihr Haar hatte eine solche Durchschnittsfarbe… Und wo waren der Glanz in ihren Augen und die Röte auf ihren Wangen geblieben?
    Sie ging langsam die Treppe hinunter, stand einen Augenblick in der Halle. Dort tanzten Per und Gerda vorüber. Gerda lachte ihm direkt ins Gesicht, und er hielt sie dicht an sich gedrückt.
    Astrid wandte sich still ab. Sie mußte allein sein. Eine kurze Weile. Nur eine kurze Weile.
    Sie ging ins Rauchzimmer. Da war es halbdunkel und leer. Aber im Kamin glühten ein paar Kohlen. Es war warm und friedlich drinnen, und der Raum wirkte anheimelnd mit seinem schweren Teppich und den tiefen Sesseln.
    Im Halbdunkel rührte sich etwas. Astrid schrak zusammen. Aber dann ging sie schnell zum Kamin, wo Jeans mächtiger Körper sich aufrichtete.
    „Jean“, sagte Astrid, und zu ihrer eigenen Verwunderung merkte sie, daß ihre Stimme verschleiert klang.
    Sie setzte sich auf ein rundes Polster vor dem Kamin. Jean legte den Kopf an ihre Schulter. Da beugte sie sich zu dem Hund hinunter und streichelte ihn. Jean rührte sich nicht. Astrid legte ihm die Arme um den Hals, drückte ihren Kopf an den warmen Tierkörper und fand so Ruhe und Frieden. Sie dachte nicht, sie saß nur still im Halbdunkel, sie wollte nicht denken, wollte nicht fühlen, sie wollte nur ruhen – ruhen -
    Sie wußte nicht, wie lange sie so gesessen hatte, als sie plötzlich zusammenzuckte. Sie hatte die leichten Schritte auf dem Teppich des Nebenzimmers mehr geahnt als gehört. Eine kräftige, schlanke Hand mit rotlackierten Fingernägeln und einem glitzernden Ring griff nach dem Vorhang und zog ihn halb zur Seite. Dann folgte ein Lachen, und eine klare, aber gedämpfte Stimme sagte:
    „Nein, wirklich, Per. Ich muß mich einen Augenblick hinsetzen, ich bin etwas müde.“
    Eine weiche, einschmeichelnde Stimme antwortete:
    „Du… müde? O nein, Gerda. Du wirst nicht müde. Nur noch einen Tanz, Gerda! Du tanzt hinreißend!“
    Voller Panik drückte Astrid sich fester an Jean. Sie wollte nicht, daß sie sie hier fänden – allein, nur mit dem Hund zusammen –, sie wollte Frieden haben. Und außerdem war noch etwas in ihr, dem sie selber keinen Namen zu geben wußte, ein Gefühl, das noch kaum ein Gedanke geworden war: die Angst, gedemütigt zu werden.
    „Hörst du, Gerda, was sie spielen? Komm! Wenn du nicht tanzen willst, dann mußt du es wenigstens hören. Was sie da spielen, das bist ja du… Rhapsody in Blue…“
    Die Schritte entfernten sich über den weichen Fußbodenbelag.
    Jean rieb sich behutsam an Astrid. Sie lehnte ihren Kopf gegen seine Schulter. Er stand ganz still.
    „… das bist ja du! – Rhapsody in Blue!“
    „Wie wohltuend kühl ist diese Farbe! Sie sind… eine Symphonie in Blau!“
    Symphonie in Blau – Rhapsody in Blue – Symphonie in Blau -
    Per war auf der Heimfahrt stumm.
    Er legte das Plaid mit einem fernen und zerstreuten Blick über Astrids Knie und nahm selbst Platz, ohne sie zu fragen, ob sie gut säße. Er startete den Motor, beugte sich vor und winkte

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