Gewagt - Gewonnen
sehen, wenn Sie nicht plötzlich angefangen hätten, mich mit Gerda zu vergleichen. Sie wissen, daß Gerda, wenn sie sich etwas vornimmt, alles daransetzt, nicht? Und wenn sie Sie heiratet, wird sie auch alles daransetzen, Sie glücklich zu machen. Tun Sie bei Gerda dasselbe, Herr Mostvedt, und stoßen Sie sich nicht an Kleinigkeiten, die sich leicht darauf zurückführen lassen, daß Sie beide nicht das gleiche gesellschaftliche Niveau gewohnt sind. Sie sollten wirklich Ihrem Schicksal danken, Herr Mostvedt, weil es Ihnen die tüchtige und schöne Gerda Harder beschieden hat!“
Astrid war über ihre Beredsamkeit wieder erstaunt und zugleich ein ganz klein wenig stolz. Und sie fühlte sich erleichtert, nachdem sie ihrem Herzen Luft gemacht hatte.
Per Mostvedt war rot geworden. Er biß sich auf die Lippe. Es dauerte eine Weile, bis er etwas erwiderte. Dann aber sagte er: „Sie sind ein feiner Kerl, kleine Astrid!“
Astrid lachte. „Finden Sie das? - Aber hören Sie! Fahren Sie nicht zu weit! Mir scheint, Sie sind etwas zerstreut. Dies ist die Straße, in der ich wohne!“
Per Mostvedt verlangsamte die Fahrt und bog links um die Ecke.
„Und dann noch eins!“ fuhr Astrid fort. „Ich schlage vor, wir löschen unser Gespräch völlig aus unserem Gedächtnis. Wir haben uns über alles mögliche unterhalten, nur nicht über Gerda!“
„Selbstverständlich!“ lächelte Per. „Wer wird sich denn auch mit einem jungen Mädchen ausgerechnet über seine Verlobte unterhalten? Sie haben recht, wie immer – Fräulein Liberg!“
Astrid war so froh und so leicht ums Herz, als sie die Haustür aufmachte. Im Wohnzimmer brannte Licht, also war Mutti zu Hause. Sie machte die Tür schnell auf, nahm sich nicht die Zeit, den Mantel auszuziehen, sondern kam mit glühenden Wangen und locker hängendem Pelz ins Zimmer. „Mutti, du kannst dir nicht denken… oh, ich dachte…“
Gutsbesitzer Harder stand lächelnd von einem Sessel auf. „Nanu, kleine Astrid, habe ich Sie erschreckt?“ Er gab ihrer Hand einen herzlichen Druck. „Und Sie sind bummeln gewesen?“
„Bummeln – ach wo! Ich bin Hebamme gewesen, habe einem jungen Tausendkronenhund das Leben gerettet und bin von Ihrem Schwiegersohn sehr gelobt worden.“
„Sieh an! Sie gehen meiner Tochter ins Gehege…“ Astrid wußte nicht, was sie dazu brachte, so zu antworten, wie sie es tat. Sie fühlte sich so froh, so frei, so jung und zugleich so erwachsen. Sie lachte Harder ins Gesicht und antwortete mit einem neckenden Schimmer im Auge: „Ihrer anderen Tochter, meinen Sie?“ Da lachte auch Harder.
Astrid strich ihre Haare zurück und wandte sich an die Mutter. „Jemand angerufen, Mutti?“
„Ja, Jörgen Trahne war am Telefon.“
„Ach…“ Eine tiefe Röte färbte Astrids Wangen. Sie drehte sich langsam um. „Ich…ich werde nur den Mantel ausziehen…“ Sie glitt zur Tür hinaus, und ihre Wangen brannten.
Harder und Frau Liberg wechselten Blicke, Harder schmunzelte.
„Eine Schauspielerin ist die kleine Astrid nicht“, lächelte er. „Nein“, sagte Frau Liberg. „Es besteht kein Zweifel darüber, was los ist.“
Harder schwieg etwas, dann lächelte er.
„Übrigens ein feiner Kerl, der junge Trahne. Mein Freund, der Polizeipräsident, ist mit ihm sehr zufrieden. Ich habe neulich mit ihm gesprochen – mit dem Polizeipräsidenten, meine ich –, wir trafen uns in einer Gesellschaft. Trahne hat ja seine Examina mit Auszeichnung bestanden, ist ein hervorragender Jurist und ein sehr tüchtiger Polizeikommissar. Es hat mich gefreut, wie begeistert der Präsident war.“
Astrid kam wieder ins Zimmer. Es war etwas Stilles, Leuchtendes an ihr. Die weiche, zarte, weibliche Wärme war nie so ausgeprägt gewesen wie gerade jetzt.
Und wieder gingen Harders Augen von der Mutter zur Tochter, von der Tochter zur Mutter. Die erwachsene Astrid.
Reife, kluge, erfahrene Astrid. Die junge, schmächtige, erfahrene, fragende Astrid. Wie gut sie zusammenpaßten, wiedie beiden sich ergänzten.
Astrid sprach nicht viel. Aber sie fühlte sich glücklich, so unfaßbar glücklich.
Frau Liberg schaute die Tochter an.
Auch sie war glücklich.
Amor auf vier Beinen
Astrid war mit dem Trimmen des einzigen Hundes, der für diesen Tag angemeldet war, fertig. Sie ließ sich bequem im Kundenstuhl nieder, um sich auszuruhen. Sie blickte auf die Uhr. Sollte sie…?
Sie kam nicht dazu, sich über die Verwendung der freien Zeit Gedanken zu machen, denn die Tür ging
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