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Gewalt ist eine Loesung

Gewalt ist eine Loesung

Titel: Gewalt ist eine Loesung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Schubert Stefan
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meinem Ausscheiden aus der Polizei die Bundeswehr zum Grundwehrdienst einziehen wollte, gab es für mich nur eine echte Alternative: zurück zur Polizei. Als BGS-Beamter wollte ich mir eine lächerliche Grundausbildung beim Militär ersparen. Außerdem war ich wegen meines Ausscheidens beim BGS mit einer Rückzahlungsforderung des Innenministeriums konfrontiert. Die Behörde wollte knapp 5000 Mark einfordern. Hierbei handelte es sich um die sogenannten Anwärtersonderzuschläge, die man zurückbezahlen musste, wenn man nach der Ausbildung nicht mindestens fünf Jahre beim Grenzschutz blieb. Viel Geld für einen Menschen Anfang 20. Die Bundeswehr akzeptierte meine gerade begonnene kaufmännische Lehre nicht als Rückstellungsgrund, da ich durch meine Ausbildung beim BGS bereits einen Beruf erlernt hätte. Ein Dilemma. Was sollte ich tun? Es blieb nur ein Ausweg: zurück in den Polizeidienst. Das ersparte mir die Zurückzahlung der 5000 Mark und den Wehrdienst bei der Bundeswehr. Ob ich es wollte oder nicht – ich war wieder ein Polizist. Hätte ich dafür mein aufregendes Privatleben ändern sollen? Liebesheiraten sehen anders aus …
    Kurz darauf startete ich in der 4. Stabshundertschaft Bereitschaftspolizei NW Abt. I. Ich erhielt eine sechswöchige Schulung zum Polizeigesetz Nordrhein-Westfalens. Das war fast identisch mit unserem Bundesgrenzschutzgesetz, wobei das BGSG noch etliche Zusätze enthielt – im Fall von bürgerkriegsähnlichen Zuständen oder Grenzverletzungen.
    Ein wenig mehr Provinz musste bei diesem Wechsel schon sein. Die polizeilichen Befugnisse auf Landesebene waren fast identisch mit dem, was ich beim BGS gelernt hatte. Die ganzen Dinge hatten andere Namen und andere Paragrafen zur Grundlage. Dazu ein bisschen Auffrischung im Verkehrsrecht – und fertig war der Landespolizist.
    Was mir vielleicht am schwersten fiel, war die neue Sprachregelung: Aus Kameraden wurden Kollegen. Das Thema Kameradschaft war also fortan beendet. Einer für alle – alle für einen? Vielleicht. Was hier auf sprachlicher Ebene verändert wurde, würde sich auch auf den Alltag auswirken – dessen war ich mir nach dem Wechsel zur Landespolizei bewusst. Einen Korpsgeist wie beim Grenzschutz würde es hier vielleicht nicht mehr geben. Verfehlungen würden jetzt nicht mehr gedeckt werden. Von nun an war der überkorrekte Polizist gefordert. Der Polizist also, den man privat mit Vorsicht genießen und im Zweifel eher meiden würde. Und der Polizist, der nur noch auf Befehl und in Uniform ins Stadion gehen würde. Oder?

7. Angriff –
Das Ende einer Rocker - Gang
    Frank und ich fuhren nun schon seit drei Jahren mit den Jungs von der Blue Army zum Fußball. Wie viele Knochenbrüche, Blutergüsse und posttraumatische Belastungsstörungen wir in dieser Zeit hinterlassen hatten, ließ sich kaum noch zählen. Es war ein Leben auf der Überholspur. Wo Macht ist, wird sie auch genutzt. Oder vielleicht sogar ausgenutzt. Schlägereien wurden in unserem Leben zur Routine. Ob beim Fußball, in Clubs oder Diskotheken, bei Jahrmärkten oder Feuerwehrfesten – gewisse Dinge wurden bei uns nicht diskutiert. Nicht dass das jedes Wochenende so gewesen wäre. Nein, es gab unzählige Partys, bei denen wir einfach nur ausgelassen feiern konnten. Es war nicht so, dass wir die Schlägereien gebraucht hätten, um Spaß zu haben. Aber wir hatten Spaß, wenn wir uns mit anderen messen konnten. Und wer auf einem Schützen- oder Feuerwehrfest einem Typen wie Frank gegenüberstand, musste nicht Soziologie studiert haben, um herauszufinden, wie er mit seinen knapp zwei Metern Körpergröße und mittlerweile 125 Kilo Lebendgewicht Probleme lösen würde.
    Wir starteten in ein typisches Wochenende: Samstagnachmittag zwei Stunden Boxtraining, danach Bier und Wodka zur Sportschau und dann ging es – wie so oft – in ein paar Kneipen rund um den Bielefelder Klosterplatz. Die ersten Stunden des Abends verbrachten wir meist in unserer Stammkneipe »Cobra«, wo in aller Regel auch die nächsten Spiele und gemeinsamen Auftritte geplant wurden. So auch an diesem Samstag.
    Gegen 2 Uhr steuerten wir unsere Stammdisko »Elfenbein« an. Eine etwas kleinere Clubdisko, die sich erst weit nach Mitternacht füllte. Zu jener Zeit schlossen sich etwa 30 Rockabillys zu einer neuen Gruppierung in Bielefeld zusammen. Wir hatten schon von ihnen gehört. Sie nannten sich »Rebel Roosters« oder so ähnlich. Witzfiguren in Jeans-Look mit Schmalztolle und tätowierten Armen,

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