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Gewalt ist eine Loesung

Gewalt ist eine Loesung

Titel: Gewalt ist eine Loesung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Schubert Stefan
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die auf Rocker-Gang machen wollten. Die wilden 50er-Jahre wollten diese Typen neu durchleben – mit schwarzen Maschinen, bösem Outfit und lockeren Fäusten. Man würde ja sehen. Wir von der Blue Army freuten uns schon auf etwas Frischfleisch.
    Der Laden war gestopft voll und irgendwann muss ich wohl einen von den Roosters versehentlich angerempelt haben. Ich hatte das nicht einmal bemerkt, da ging es auch schon los. Der Typ drehte sich zu mir um und blaffte mich blöd von der Seite an: »Hey, noch so eine Aktion und es passiert was, Freundchen!« Herrlich. Schon wieder musste ich meinem einigermaßen unscheinbaren Aussehen Tribut zollen. Ich war kein Riese wie Frank und mir quollen auch keine Knast-Tätowierungen aus dem Hemdkragen wie bei einigen anderen Blue-Army-Jungs. Ich sah wie leichte Beute aus und das verschaffte mir bei einigen Gelegenheiten erhöhten Handlungsbedarf. Auch an jenem Abend.
    »Halt die Klappe, Schmalzlocke, sonst muss ich dir draußen leider den Arsch aufreißen!« Das übliche Vorgeplänkel lief an. Die Roosters waren zu viert, Frank und ich alleine. Eigentlich eine klare Sache. Dennoch besprach sich mein Freizeit-Rocker zunächst mit den anderen Schmalztollen. Wild gestikulierend zeigte er mit dem Finger auf mich – seine drei Freunde schienen sofort Feuer und Flamme zu sein. Sie schauten bedrohlich zu mir rüber und nahmen eine aggressive Körperhaltung ein. »Na, los – gehen wir raus«, sagte die Schmalzlocke endlich. Die beiden Türsteher ließen uns gewähren, schließlich versuchten wir immerhin, den Ärger außerhalb des Ladens abzuwickeln.
    Wir gingen etwa fünf oder sechs Meter vom Eingang weg, dann drehte ich mich um. Die vier Rockabillys waren direkt hinter uns und ich schaute mir die Jungs nun richtig an. Drei von ihnen hatten in etwa meine Größe und Statur, der vierte war eher Franks Kaliber. Ein großer, breiter Klotz mit bulligem Gesicht. Die Schmalzlocke trat auf mich zu. Er hob seine Hände, kniff die Augen zusammen und schrie mich plötzlich an: »Wisst ihr eigentlich, mit wem ihr es hier zu tun habt, ihr Ärsche? Wir sind die Rebel Roosters. Und ihr zwei Flachwichser wollt euch mit uns anlegen?«
    Ich schlug sofort zu. Links, rechts, mitten auf seine vorlaute Klappe. Durch die Wucht der Schläge stolperte er nach hinten und prallte gegen einen Betonpfeiler. Dann gab ich ihm einen Drehkick hart unter die kurze Rippe. Ihm blieb augenblicklich die Luft weg. Er sackte auf die Knie und versuchte krampfhaft, zu atmen. Ich sehe noch heute seine panischen Augen. Er bekam keine Luft mehr und realisierte auch nicht, dass es innerhalb von ein paar Sekunden zu einer Schlägerei kommen sollte, die er bereits verloren hatte. Bei all seinen Rocker-Posen kannte er die wichtigste Straßenkämpferweisheit nicht: »Wer zuerst schlägt, gewinnt!«
    Frank nahm zwei Schritte Anlauf und knallte dem Riesen eine wuchtige Rechte ins Gesicht. Im Bruchteil von einer Sekunde lag der Typ beinah waagrecht in der Luft – wie in einem schlechten Bud-Spencer-Film. Ich schnappte mir den dritten Typ und gab ihm einen Fußtritt an den Kopf. Er zuckte instinktiv zurück, sodass ihn mein Schuh nicht voll erwischte. Frank wollte sich gerade den vierten Typ vorzuknöpfen, als plötzlich ein unbeteiligter Disko-Besucher eine komplette Flasche CS-Gas versprühte. Das Spiel war zu Ende. Die Augen brannten und der Widerstand der Rockabillys war gebrochen. Schlusspfiff.
    Die Schmalzlocke stand wieder auf den Füßen. Die Lippe war aufgeplatzt und er blutete stark. Er fasste sich mit der Hand immerzu an seinen Mund und jammerte wie ein kleines Kind: »Meine Zähne! Meine Zähne sind lose!« Wir besetzten wieder unsere Plätze an der Theke und ließen die Nacht gegen 6 Uhr ausklingen.
    Die Schlägerei hatte sich schnell herumgesprochen. Dabei war für uns die Sache längst abgeschlossen. Es war ja nicht viel passiert. Ein bisschen Ärger, ein paar Schläge, keine schweren Verletzungen – eine ganz normale Kneipenschlägerei unter Kerlen, mehr war das für uns damals nicht. Die Sache mit den Hilfsrockern war geklärt – und abgeschlossen. Das zumindest dachten wir.
    Die Rockabillys sahen das ganz anders. Sie zogen Erkundigungen ein und wussten mittlerweile, dass wir zur Bielefelder Hooligan-Szene gehörten. Was sie nicht wussten: Sie hatten im Grunde keine Chance. Die Rebel Roosters wollten Rache nehmen. Wie in den 50er-Jahren, als es jedes Wochenende Massenschlägereien und Revierkämpfe zwischen verfeindeten

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