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Gewalt ist eine Loesung

Gewalt ist eine Loesung

Titel: Gewalt ist eine Loesung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Schubert Stefan
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musste schnell nachsetzen: »Die Anzeigen sind doch Blödsinn. Sollen wir jetzt auch noch damit anfangen, dich und deine Freunde anzuzeigen? Sollen wir uns jetzt alle gegenseitig anzeigen? Das kostet doch nur einen Haufen Geld für Anwälte, Gerichtskosten und all das.« Von Mark war nichts zu hören.
    »Wir hätten alle eine Geldstrafe zu erwarten, was zusätzliche Kosten bedeuten würde. Man würde seine Zeit bei der Polizei verplempern, beim Anwalt und vor Gericht.« Mark sagte noch immer keinen Ton. Ich musste weitersprechen: »Verstehst du, Mark? Die Schlägerei ist nun mal passiert, das können wir doch nicht mehr ändern. Und es bringt doch keinem etwas, wenn jetzt noch zusätzlicher, neuer Ärger entstehen würde. Verstehst du, was ich meine? Dafür sehen wir uns alle doch viel zu oft. Da wollen wir doch nicht noch mehr Ärger?! Schließlich wohnen wir alle im selben Viertel.«
    Mark räusperte sich. Er habe diese Anzeige nicht allein gestellt, erklärte er. Da seien auch noch andere beteiligt gewesen. Ich blieb hartnäckig: »Die Anzeige ist doch Bockmist, Mark. Gut, wir sind auf die Party gekommen – obwohl wir nicht eingeladen waren. Aber die Engländer sind doch sofort durchgedreht und haben diese Schlägerei angefangen. Wir doch nicht! Die Engländer tragen die Schuld, dass alles so eskaliert ist.«
    Mark stimmte mir leise zu. Ja, die Engländer seien tatsächlich durchgedreht. Und er räumte ein, dass er sich über sich selbst geärgert habe, weil er ihnen erzählt hatte, dass fünf Hooligans uneingeladen zur Party kommen wollten. Dies habe die englischen Soldaten in eine latent aggressive Grundstimmung versetzt. Sie hätten an jenem Abend dieser möglichen Auseinandersetzung geradezu entgegengefiebert. Deutschen Hooligans eins auf die Fresse zu geben, darauf hätten die Soldaten an diesem Abend nur gewartet. Und deshalb seien sie bei unserem Erscheinen wild aus dem Zelt gestürzt. Das sei wohl in der Tat sein Fehler gewesen, sagte Mark endlich.
    »Siehst du? Dann haben wir an diesem Abend alle Fehler gemacht!«, warf ich versöhnlich ein. Mark wurde wieder trotzig: »Aber die Musikanlage ist Schrott. Und die war wirklich teuer!« Die Musikanlage. Das war ja nun wirklich eine Kleinigkeit. Ich setzte nach: »Aber das lässt sich doch irgendwie regeln. Entweder wir steuern etwas Geld dazu oder die Sache wird über die Haftpflichtversicherung eines Unbeteiligten abgewickelt. Mark! Da kann man doch sagen, dass jemand gestolpert ist und dabei den Tisch umgerissen hat. Das ist doch alles zu regeln. Aber diese Anzeigen müssen zurückgezogen werden.«
    Mark schien zu überlegen. Ein lange Pause, in der nichts zu hören war. Und dann, endlich, vernahm ich wieder seine Stimme. Er versprach mir, mit den anderen zu reden und sich bei mir zu melden. Hatte ich ihn? Vielleicht. Ein letzter Hinweis noch und dann sollte es genügen: »Lass uns den Ärger vergessen. Dafür ist Bielefeld doch zu klein. Wir laufen uns immer mal wieder irgendwo über den Weg. Es wäre doch blöd, wenn wir dann Ärger hätten.« Hatte Mark meine Botschaft zwischen den Zeilen verstanden? Wir würden es ja sehen!
    Mark meldete sich nicht. Das brauchte er auch gar nicht mehr. Zehn Tage nach unserem Telefongespräch war ich wieder beim Heimspiel der Arminia auf der Bielefelder Alm. Plötzlich, mitten im Gewühl, sah ich, wie der SKB Volkerts direkt auf mich zusteuerte. Er schien ganz aufgeregt zu sein: »Stefan, hast du es schon gehört?« Was wollte er? Die nächste Hiobsbotschaft überbringen? Das letzte Treffen mit Volkerts vor dem Würstchenstand hatte mir eigentlich gereicht. »Was soll ich gehört haben?« Seine Stimme klang noch immer erregt: »Sämtliche Anzeigen von Silvester wurden zurückgezogen!«
    Was sagte er da? Wollte der SBK mich auf die Probe stellen? »Ja! Und der Staatsanwalt tobt! Der Mann kann es nicht fassen. Die ganze Arbeit, die Vernehmungen und alles. Der ganze Vorgang war im Grunde aufgeklärt. Und dann ziehen plötzlich alle Beteiligten ihre Anzeigen zurück! Wieso tun die das, Stefan? Wieso?«
    Eine gute Frage, auf die ich eine Antwort gewusst hätte. Aber ich schwieg. Der SKB fragte mich, ob ich etwas über diese Sache gehört hätte. Das hatte ich natürlich nicht. »Keine Ahnung. Vielleicht haben sie sich ja überlegt, dass sie sich in dieser Nacht selbst auch nicht korrekt verhalten haben, und aus diesem Grund die Anzeigen zurückgezogen. Vielleicht …«
    Er schaute mir prüfend in die Augen: »Meinst du?«

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