Gewalt ist eine Loesung
Partien Deutschland gegen Holland oder gegen England.
Ein weiterer wichtiger Arbeitsbereich eines SKB ist die Strafverfolgung. Hierbei muss er versuchen, einzelne Hooligans aus der anonymen Masse herauszuholen, die Personalien festzustellen und die gesammelten Daten zu erfassen. Sollte eine Schlägerei im Stadionbereich von einer der zahllosen Überwachungskameras aufgezeichnet worden sein, ist es die Aufgabe eines SKB, die beteiligten Personen auf den Videobändern zu identifizieren, um etwaige Strafanzeigen wegen Landfriedensbruch und Körperverletzung anfertigen zu können. Einfach gesagt: Ein SKB muss seine Klienten kennen, um sie zur Strecke bringen zu können.
In aller Regel sind es auch die verantwortlichen SKBs, die Vereine dazu bewegen, für besonders auffällige Personen Stadionverbote auszusprechen. Ein gern gesehenes Druckmittel, denn schließlich raubt man mit so einem Verbot den Hooligans, die ja bis auf wenige Ausnahmen echte Hardcore-Fans sind, gleichsam die Existenzgrundlage. Vor allem dann, wenn ein solches Stadionverbot bundesweit ausgesprochen wird.
Um es kurz zu machen: Die Aufgabe eines SKB besteht in der Zerschlagung der Hooligan-Szene in seinem Zuständigkeitsbereich und genau das hatte auch der neue SKB von Bielefeld, Gerd Volkerts, im Sinn. Und dafür waren ihm viele Mittel recht.
Dummerweise sah er in mir einen seiner Hauptansprechpartner. Ständig versuchte er, mit mir ins Gespräch zu kommen. »Und, bleibt heute alles friedlich?« Oder auch: »Wo geht ihr denn nach dem Spiel noch alle hin?« Gern gehört: » Fahrt ihr auch in drei Wochen mit den Hamburgern nach Schalke?« Nette Versuche, die ich freundlich-reserviert stets abzuwehren wusste. Ich beschränkte mich in seiner Gegenwart auf belanglosen Smalltalk und wies natürlich jegliches Insiderwissen energisch von mir: »Die Jungs sprechen doch nicht mit mir über so was. Wir reden über Arminias Mannschaftsaufstellung, über Fußball, über Frauen oder über Sex. Aber sicher nicht über Krawalle.«
Ich denke, er hatte bemerkt, dass ich ihn nicht besonders gut leiden konnte. Auf der anderen Seite konnte ich es mir aber auch nicht leisten, ihn gegen mich zu haben. Ein paar Handgriffe hätten zu jener Zeit genügt und ich wäre beruflich erledigt gewesen. Ein kleiner Bericht an meine neue Dienststelle in Dortmund, nur ein paar Sätze über meine enge Verbundenheit zur Führungsschicht der Bielefelder Hooligan-Szene – und die Sache wäre aus gewesen. Aber Volkerts war lästig. Im Grunde hing er ständig wie eine Zecke auf einem Laubblatt. Wann immer ich vorbeiging, ließ er sich fallen und biss sich fest. Versuchte, mich anzuzapfen, mich auszusaugen, und ich musste ihn immer ganz behutsam wieder rausdrehen. So, dass er es nicht bemerkte. Und so, dass er seine Meinung über mich nicht maßgeblich änderte. Was er offenkundig auch nicht tat. Ich weiß letztlich bis heute nicht, warum seine Meldung über meine Freizeitaktivitäten über so viele Jahre hinweg ausgeblieben ist.
Vielleicht war ich für ihn eine Erblast, als er die Dienststellenleitung übertragen bekam. Immerhin fuhr ich damals schon vier Jahre zum Fußball und kam mit seinen Vorgängern ganz gut aus. Bis zu meinem Auftauchen in der Blue Army waren SKBs in dieser Szene geächtet. Niemand sprach mit ihnen – und wenn, dann nur, um sie zu beleidigen. Das änderte sich mit mir. Mit dem Vorgänger von Volkerts kam ich gut aus, weil er menschlich ein einwandfreier Typ war. Ich sprach mit ihm, auch wenn es skeptische Blicke der Jungs hagelte. Nach und nach unterhielten sich auch Frank und Paul mit dem Beamten. Wir durchbrachen das Schweigegebot und erhöhten so die Akzeptanz der SKBs in der Szene.
Ein Großteil der Jungs lehnte diese Gespräche kategorisch ab, die anderen hielten es wie wir. Höchst umstritten und lebhaft diskutiert blieb es aber immer. Einmal waren die beiden Beamten sogar zu einer Hochzeit aus Blue-Army-Kreisen eingeladen. Aber irgendwie lag den ganzen Abend Zoff in der Luft und solche Dinge blieben dann doch eher die Ausnahme. Sie waren letztlich Füchse im Hühnerstall – wohl fühlte man sich in der Gegenwart dieser Beamten nicht. SKBs waren Spaßverderber, Spitzel, Schnüffler, die folgenschwere Anzeigen auf den Weg bringen konnten. Für mich waren es aber auch Polizisten, die einen Auftrag hatten. Menschen, die ihren Job erledigen mussten. So wie ich. So wie die meisten meiner Kumpels. Aber dies war schwer zu vermitteln. Ein paar Heißsporne hätten
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