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Gewalt

Gewalt

Titel: Gewalt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steven Pinker
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Pistolenduellen verteidigt, wir brauchen unsere Freundinnen am Strand nicht mehr mit Fausthieben zu beeindrucken, und wir brauchen keine Sorge zu haben, dass ein globaler Atomkrieg das Ende der Zivilisation oder des gesamten menschlichen Lebens mit sich bringt.

Kapitel 2 Der Befriedungsprozess
    Sieh mal, das Leben ist hart, brutal und kurz, aber das hast du gewusst, als du Höhlenmensch geworden bist.
    Karikatur im
New Yorker
[58]
    Thomas Hobbes und Charles Darwin waren nette Männer, aber von ihren Namen leiten sich unangenehme Adjektive ab. Niemand möchte in einer Hobbes’schen oder darwinistischen Welt leben (von einer malthusianischen, machiavellistischen oder Orwell’schen Welt ganz zu schweigen). Beide wurden wegen ihrer zynischen Sichtweise für das Leben im Naturzustand lexikalisch verewigt: Darwin mit dem »Überleben des Geeignetsten« (eine Formulierung, die er benutzte, aber nicht erfand) und Hobbes für das »Leben des Menschen, einsam, armselig, scheußlich, tierisch und kurz«. Aber beide Männer haben uns Erkenntnisse über die Gewalt verschafft, die tiefgründiger, subtiler und letztlich menschlicher sind, als die von ihren Namen abgeleiteten Adjektive vermuten lassen. Heute muss jede Untersuchung zur Gewalt der Menschen bei ihren Analysen beginnen.
    Dieses Kapitel handelt von den Ursprüngen der Gewalt, und zwar sowohl im logischen als auch im chronologischen Sinn. Mit Hilfe von Darwin und Hobbes werden wir untersuchen, welche anpassungsorientierte Logik hinter der Gewalt steht und welche Voraussagen man über die gewalttätigen Impulse machen kann, die im Laufe der Evolution als Teil der menschlichen Natur entstanden sind. Anschließend wenden wir uns der Gewalt in prähistorischer Zeit zu und untersuchen, wann sie in unserer entwicklungsgeschichtlichen Abstammungslinie auftauchte, wie verbreitet sie in den Jahrtausenden vor Beginn der Geschichtsschreibung war und welche historischen Entwicklungen sie zum ersten Mal zurückdrängten.

Die Logik der Gewalt
    Darwin erklärte mit seiner Theorie, warum die Lebewesen diese und keine anderen Eigenschaften haben; mit Eigenschaften sind dabei nicht nur körperliche Merkmale gemeint, sondern auch grundlegende Geisteshaltungen und Motive, die zur Triebkraft von Verhaltensweisen werden. Heute, 150  Jahre nach Erscheinen der
Entstehung der Arten
, ist die Theorie der natürlichen Selektion sowohl im Labor als auch im Freiland überreichlich bestätigt, und ergänzt wurde sie durch Gedanken aus neuen Teilgebieten von Naturwissenschaft und Mathematik, so dass wir heute über ein zusammenhängendes Verständnis für die Welt des Lebendigen verfügen. Zu diesen Teilgebieten gehören die Genetik, die erklärt, wie Replikatoren die natürliche Selektion möglich machen, und die Spieltheorie mit ihren Erkenntnissen über das Schicksal von Handelnden, die in einer Welt mit anderen zielgerichtet Handelnden ihre Ziele verfolgen. [59]
    Warum entwickeln sich Organismen in der Evolution überhaupt so, dass sie anderen Lebewesen Schaden zufügen? Die Antwort ist nicht so einfach, wie man es aufgrund der Formulierung »Überleben des Geeignetsten« vermuten könnte. In seinem Buch
Das egoistische Gen
, in dem die moderne Synthese aus Evolutionsbiologie, Genetik und Spieltheorie erläutert wird, bemüht sich Richard Dawkins darum, bei seinen Lesern eine Distanz zu einer unreflektierten Vertrautheit mit der Welt des Lebendigen zu schaffen. Wir sollen uns die Tiere als »Überlebensmaschinen« vorstellen, die von ihren Genen (den einzigen Gebilden, die im Laufe der Evolution originalgetreu weitergegeben werden) gestaltet werden, und dann sollen wir überlegen, welche Evolution diese Überlebensmaschinen durchmachen.
    Für eine Überlebensmaschine stellt eine andere Überlebensmaschine (die nicht ihr eigenes Kind oder ein enger Verwandter ist) einen Teil ihrer Umwelt dar, wie ein Felsen oder ein Fluss oder ein Brocken Nahrung. Sie ist etwas, das ihr in den Weg gerät, oder etwas, das ausgebeutet werden kann. Von einem Felsen oder einem Fluss unterscheidet sie sich in einem wichtigen Aspekt: Sie neigt dazu, zurückzuschlagen. Auch sie ist nämlich eine Maschine, die ihre unsterblichen Gene für die Zukunft verwaltet und vor nichts zurückschreckt, um deren Fortbestand zu sichern. Die natürliche Auslese begünstigt Gene, die ihre Überlebensmaschinen so steuern, dass sie den besten Nutzen aus ihrer Umwelt ziehen. Dies schließt die bestmögliche Nutzung anderer

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