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Gewalt

Gewalt

Titel: Gewalt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steven Pinker
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war. Dazu bedient er sich an einer Stelle einer Reihe von Zeichnungen aus dem
Mittelalterlichen Hausbuch
, einem deutschen Manuskript aus dem 15 . Jahrhundert. Dort wird das Leben aus der Sicht eines Ritters wiedergegeben. [150]
    Abbildung  3 - 5 :
    Ausschnitt aus »Saturn«,
Das Mittelalterliche Hausbuch
( 1475 – 80 )
    In einem Ausschnitt dieser Abbildung wird ein Pferd von einem Bauern ausgeweidet, an dessen nacktem Gesäß ein Schwein schnüffelt. In einer Höhle nicht weit davon sitzen ein Mann und eine Frau im Schandstock. Darüber wird ein junger Mann zum Galgen geführt, an dem bereits eine Leiche hängt; neben dem Galgen wurde ein Mann aufs Rad geflochten, und an seinem zerschmetterten Körper pickt eine Krähe. Rad und Galgen bilden nicht den Mittelpunkt des Bildes, sondern sind wie Bäume und Hügel ein Teil der Landschaft.
    Abbildung  3 - 6 :
    Ausschnitt aus »Mars«,
Das Mittelalterliche Hausbuch
( 1475 – 80 )
    In dem Ausschnitt aus Abbildung  3 - 6 überfallen Ritter ein Dorf. Links unten wird ein Bauer von einem Soldaten erstochen; darüber wird ein anderer am Hemdzipfel festgehalten, während eine Frau die Hände in die Luft wirft und schreit. Rechts unten wird ein Bauer in der Kapelle erstochen, seine Besitztümer werden geplündert, und nicht weit davon verprügelt ein Ritter einen weiteren Bauern, dessen Hände gefesselt sind. Darüber setzt eine Gruppe Berittener ein Bauernhaus in Brand, während einer von ihnen die Kühe des Bauern heraustreibt und die Bauersfrau schlägt.
    Die Ritter der europäischen Feudalzeit waren das, was wir heute als Kriegsherren oder Warlords bezeichnen würden. Die Staaten waren ineffizient, und der König war nur der profilierteste unter den Adligen; er verfügte nicht über eine stehende Armee und hatte im Land nur wenig Einfluss. Die Regierungsgeschäfte waren an Barone, Ritter und andere Adlige ausgelagert, die über unterschiedlich große Lehen herrschten und von den Bauern, die in diesen Gebieten wohnten, sowohl Getreide als auch militärische Dienstleistungen einforderten. Sie überfielen sich gegenseitig nach der üblichen Hobbes’schen Dynamik mit Eroberung, Präventivschlägen und Racheakten, und wie die Abbildungen im
Hausbuch
nahelegen, beschränkten sie ihre Morde nicht auf andere Ritter. Ihre Lebensweise beschrieb die Historikerin Barbara Tuchman in ihrem Werk
Der ferne Spiegel. Das dramatische 14 . Jahrhundert
so:
    Diese Privatkriege wurden von den Rittern mit wilder Kampfeslust geführt, sie kannten nur eine einzige Strategie: den Feind dadurch zu bezwingen, dass man so viele Untertanen wie möglich entweder tötete oder verstümmelte, die Ernte vernichtete und Weinberge, Werkzeuge, Scheunen und anderen Besitz zerstörte, um die Einnahmen aus dem Lande zu reduzieren. Aus diesem Grund war die Bauernschaft das Hauptopfer der kriegführenden Parteien. [151]
    Damit ihre Abschreckungsdrohung glaubhaft blieb, veranstalteten die Ritter blutige Turniere und andere Vorführungen ihrer Macho-Männlichkeit, die mit Begriffen wie »Ehre«, »Heldenmut«, »Ritterlichkeit«, »Ruhm« und »Tapferkeit« aufgepeppt wurde. Darüber vergaßen spätere Generationen, dass sie in Wirklichkeit blutrünstige Plünderer waren.
    Die Privatkriege und Turniere bildeten den Hintergrund für ein Leben, das auch in anderer Hinsicht gewalttätig war. Religiöse Werte wurden, wie wir gesehen haben, mit blutigen Kruzifixen, der Androhung ewiger Folter in der Hölle und lasziven Darstellungen verstümmelter Heiliger vermittelt. Handwerker verwandten ihren Erfindungsreichtum auf immer sadistischere Bestrafungs- und Hinrichtungsapparate. Die Wegelagerer machten das Reisen zu einer Gefahr für Leib und Leben, und Gefangene gegen Lösegeld freizulassen war ein großes Geschäft. Oder, wie Elias es formulierte: »Auch die kleinen Leute, Mützenmacher, Schneider, Hirten, sie alle hatten schnell das Messer in der Hand.« [152] Selbst die Geistlichen mischten mit. Die Historikerin Barbara Hanawalt beschreibt einen Fall aus dem England des 14 . Jahrhunderts:
    Es geschah in Ylvertoft am Samstag vor dem Martinstag im fünften Jahr des Königs Edward, dass ein gewisser William von Wellington, ein Kaplan im Kirchspiel von Ylvertoft, seinen Knecht John zum Haus von John Cobbler schickte, damit er ihm für einen Penny eine Kerze kaufte. Aber John wollte sie ihm nicht ohne das Geld schicken, woraufhin William in Wut geriet, und nachdem er bei ihm an die Tür geklopft hatte, schlug er John

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