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Gewaltfreie Kommunikation: Eine Sprache des Lebens (German Edition)

Gewaltfreie Kommunikation: Eine Sprache des Lebens (German Edition)

Titel: Gewaltfreie Kommunikation: Eine Sprache des Lebens (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marshall B. Rosenberg
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Gefühle und Bedürfnisse anderer Menschen unterstützen, erleben wir die Menschlichkeit, die wir gemeinsam haben. Wenn ich höre, daß er Angst hat und sich schützen möchte, dann merke ich, daß ich auch ein Schutzbedürfnis habe, und ich weiß auch, wie es ist, Angst zu haben. Wenn mein Bewußtsein auf die Gefühle und Bedürfnisse eines anderen menschlichen Wesens fokussiert ist, dann erkenne ich die Allgemeingültigkeit unserer Erfahrungen. Ich hatte einen großen Konflikt mit dem, was in seinem Kopf vorging, aber ich weiß bereits, daß ich mehr Freude an anderen Menschen habe, wenn ich nicht auf das höre, was sie denken. Besonders im Kontakt mit Leuten, die so denken wie er, kann ich das Leben viel besser genießen, wenn ich nur auf das höre, was in ihren Herzen vorgeht und mich nicht mit dem Zeug in ihren Köpfen verstricke.
    Wenn wir die Bedürfnisse und Gefühle des anderen hören, dann erkennen wir die Menschlichkeit, die wir gemeinsam haben.
    Dieser Mann ließ weiter seine Traurigkeit und seine Frustration heraus. Bevor ich mich versah, war er fertig mit den Juden und machte weiter mit den Schwarzen. Zu einer Reihe von Themen hatte er sehr schmerzliche Gefühle. Nach fast zehn Minuten, in denen ich nur zuhörte, hörte er auf zu sprechen: Er fühlte sich verstanden.
    Dann teilte ich ihm mit, was in mir vorging:
    MBR: „Wissen Sie, als Sie Ihre erste Bemerkung gemacht haben, habe ich viel Wut, Traurigkeit und Entmutigung gespürt, weil ich mit Juden ganz andere Erfahrungen gemacht habe als Sie, und ich wünschte mir, daß Sie mehr die Art Erfahrungen gemacht hätten, die ich habe. Können Sie mir bitte sagen, was Sie mich haben sagen hören?“
    Mann: „Na, ich sage doch nicht, daß sie alle ... “
    MBR: „Entschuldigen Sie, halt, halt. Können Sie mir sagen, was Sie mich haben sagen hören?“ 
    Mann: „Wovon reden Sie?“
    MBR: „Lassen Sie mich wiederholen, was ich sagen möchte. Ich möchte sehr gerne, daß Sie einfach den Schmerz hören, den ich gefühlt habe, als ich Ihre Worte hörte. Es ist wirklich wichtig für mich, daß Sie das hören. Ich habe gesagt, daß ich mich traurig gefühlt habe, weil meine Erfahrungen mit Juden ganz andere sind. Ich habe mir einfach gewünscht, daß Sie auch Erfahrungen gemacht hätten, die anders waren als die, die Sie beschrieben haben. Können Sie mir sagen, was Sie mich haben sagen hören?“
    Mann: „Sie sagten, daß ich nicht das Recht habe, das zu sagen, was ich gesagt habe.“
    MBR: „Nein, bitte hören Sie genau hin. Ich möchte Ihnen wirklich keine Vorwürfe machen. Ich habe nicht den geringsten Wunsch, Ihnen Vorwürfe zu machen.“
    Wir haben das Bedürfnis, daß der andere unseren Schmerz wirklich hört.
    Ich wollte das Gespräch langsamer werden lassen, denn nach meiner Erfahrung haben Leute, die Vorwürfe hören – wie stark auch immer –, unseren Schmerz nicht wahrgenommen. Wenn der Mann gesagt hätte: „Das war schrecklich, was ich da gesagt habe; das waren rassistische Äußerungen“, hätte er meinen Schmerz genauso nicht gehört. Sobald jemand denkt, er hätte etwas falsch gemacht, wird er unseren Schmerz nicht richtig aufnehmen können.
    Ich wollte nicht, daß er Vorwürfe hört, denn ich wollte gerne, daß er erfuhr, was in meinem Herzen los war, als er seine Bemerkung machte. Vorwürfe machen ist einfach. Die Leute sind es gewöhnt Vorwürfe zu hören; manchmal stimmen sie zu und hassen sich selbst – was sie nicht davon abhält, sich weiterhin so zu verhalten wie vorher – und manchmal hassen sie uns, weil wir sie Rassisten oder sonstwas schimpfen – was sie auch nicht von ihrem Verhalten abbringt. Wenn wir merken – so wie ich bei meinem Gesprächspartner –, daß sich Vorwürfe in den Kopf einschleichen, müssen wir vielleicht etwas langsamer werden, zurückgehen und dem Schmerz noch ein bißchen länger zuhören.
    Andere Menschen hören unseren Schmerz nicht, wenn sie glauben, sie hätten einen Fehler gemacht.

Wir nehmen uns Zeit
    Wenn wir lernen, den bislang beschriebenen Prozeß zu leben, dann ist vielleicht das Wichtigste daran, daß wir lernen, uns Zeit zu nehmen. Wir fühlen uns anfangs vielleicht ganz unbeholfen dabei, wenn wir die vertrauten Pfade unserer automatischen Verhaltensweisen und Ausdrucksformen verlassen. Wenn wir es jedoch tun, weil wir unser Leben im Einklang mit unseren Werten leben möchten, dann sind wir sicher bereit, uns Zeit für den Umwandlungsprozeß zu nehmen.
    Einer meiner Freunde, Sam

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