Gewitter der Liebe
Klavierspieler mitgebracht hatte. Sie betraten händchenhaltend das Geschäft, und auch dem Einfältigsten wurde klar, dass die beiden ein Paar waren.
Julia begrüßte zuerst die Freundin mit der obligatorischen Umarmung, dann reichte die Ted lächelnd die Hand. »Seht euch ruhig um; es wurde alles geliefert, was wir bestellt hatten. Und die Porzellanfiguren sind wirklich ganz allerliebst.«
»Einige davon sollen auf dem Klavier stehen«, sagte Ted schmunzelnd. »Lilly möchte es gerne so haben.«
Lilly selbst war bereits zu dem Regal mit den begehrten Objekten geeilt und stieß einen Entzückungsschrei nach dem anderen aus. Sie konnte sich kaum entscheiden, welche Figuren sie nehmen sollte, kam zurück zum Verkaufstresen und verkündete, von jeder Sorte eine kaufen zu wollen.
»Virgil wird sie dir einpacken und nach Hause bringen«, sagte Julia und schrieb die Bestellung auf einen Lieferschein. »Wolltest du nicht auch noch nach neuen Spitzendeckchen sehen?«
»Unbedingt! Wenn ich weiterhin so viel kaufe, bin ich bald bankrott, aber ich habe nun mal eine Schwäche für diesen ganzen Schnickschnack.«
Julia beugte sich erneut über den Lieferschein, rechnete die Kaufsumme zusammen und sagte: »Bei unseren günstigen Preisen musst du schon das ganze Warenlager aufkaufen, um bankrott zu gehen.«
Es hatte sich längst herumgesprochen, dass die Waren in Nathans Geschäft günstig waren bei erstaunlich guter Qualität.
»Hallo, Julia!«
Ihr Kopf fuhr hoch, und um ein Haar hätte sie einen Schrei ausgestoßen. Vor ihr stand Ross – gekleidet in einen feinen Anzug wie ein Dandy. Seine Krawattennadel war mit Diamanten besetzt, und an seinen manikürten Händen glänzten schwere Goldringe.
Julia starrte den Mann, der sie mit einem gewinnenden Lächeln betrachtete, sekundenlang fassungslos an; sie glaubte, ihr Herz müsse jeden Augenblick stehen bleiben.
»Da bist du sprachlos, wie?« Noch immer grinste er. »Ich bin mit dem heutigen Schiff angekommen, um dich abzuholen. Hallo Lilly, was für eine Überraschung, dich hier zu sehen. Hast du dir jetzt einen … ›Beschützer‹ zugelegt?«
Auch Lilly war sprachlos, trotz der beleidigenden Anspielung auf ihre frühere Tätigkeit.
»Tja, ich bin zurückgekehrt.« Ross sah sich um. »Nicht schlecht für einen Krämer aus Missouri.«
Noch immer hatte sich Julia nicht vom Fleck gerührt. Nur allmählich erwachten wieder ihre Lebensgeister, und sie fragte sich, wo das Gefühl von überschäumendem Glück blieb, das sich doch längst hätte einstellen sollen. In ihr war alles leer; nichts von dem, was sie glaubte, noch für Ross zu empfinden, war ihr geblieben.
Aus den Augenwinkeln sah sie Nathan, der mit versteinerter Miene schräg neben ihr stand. Sein Blick war verletzt, und auch er bewegte sich nicht.
»Morgen legt die Seagull wieder ab«, fuhr Ross unbeirrt fort und polierte seine goldenen Manschettenknöpfe am Ärmel seiner Jacke. »Also fang gleich an zu packen, damit wir das Schiff pünktlich erreichen. Ich lebe jetzt in New York in einer riesigen Villa. Wie ich zu Reichtum gekommen bin, hast du sicherlich längst erfahren. Was ist? Bekomme ich keinen Begrüßungskuss?«
Julia starrte ihn weiterhin wortlos an, und in diesem Moment erkannte sie endlich, dass Ross ihr nichts mehr bedeutete … und dass sie Nathan liebte, wahrscheinlich schon seit Langem, ohne es zu bemerken! Dieses Gefühl war noch so neu und unbekannt, dass sie kaum fähig war zu atmen.
»Du hast ja Nerven«, erklang Lillys Stimme plötzlich. »Lässt Frau und Kind im Stich und tauchst eineinhalb Jahre später wieder auf, als wäre nichts geschehen.«
»Na und?« Ross hob die Schultern. »Julia wusste, worauf sie sich einließ, als sie sich zu mir bekannte. Was geht es dich an?«
Lilly blickte sich kurz um, und als sie merkte, dass niemand von den anderen Kunden die Szene beobachtete, schleuderte sie ihm entgegen: »Ich bin ihre Freundin! Und ich habe mit ansehen müssen, wie sie gelitten hat und wie sie versuchte, dich aus ihrem Leben zu verbannen. Wenn du ihr wenigstens geschrieben hättest!«
Wie durch Watte rauschten die Worte an Julia vorbei, dann wandte sie ihren Kopf vorsichtig zu Nathan, der mit bleicher Miene am anderen Ende des Verkaufstresens lehnte und dachte, dass nun alles vorbei sei. Julia würde mit Ross gehen, da machte er sich keine Illusionen. Sie würde sich scheiden lassen und mit Joseph nach New York gehen und aus seinem Leben sang- und klanglos verschwinden.
Doch da
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