Gewitter der Liebe
bemerkte er, dass Julia ihn anlächelte – zaghaft, jedoch nicht entschuldigend. Sie holte tief Luft und unterbrach Lillys erneuten Redeschwall.
»Ross, ich möchte mich unter vier Augen mit dir unterhalten.« Sie sah ihn offen an. »Was ich dir zu sagen haben, ist nicht für fremde Ohren bestimmt.«
In der Zwischenzeit waren einige Kunden, obwohl sie mit ihren Einkäufen noch nicht fertig waren, neugierig stehen geblieben. »Was hätten wir beide denn zu bereden?« Selbstgefällig blickte sich Ross um. »Ich bin hier, um dich und meinen Sohn zu holen. Das ist doch sehr anständig von mir.«
»Mit wie vielen anderen Frauen hast du denn in der Zwischenzeit Kinder?«, zischte Lilly, doch Julias Geste brachte sie zum Schweigen.
»Seht euch dieses freche Ding an.« Er lachte lauthals. »Meines Erachtens hat eine Hure kein Recht, über andere Menschen zu urteilen.«
Ted musste Lilly zurückhalten, bevor sie sich auf Ross stürzen konnte. »Ich bin mittlerweile Saloonbesitzerin!«
»Oh, du hast es zu einem eigenen Bordell gebracht, sehr lobenswert.«
Bevor Lilly weitertoben konnte, winkte Julia ihn hinter den Vorhang und führte ihn ins Büro. Noch immer horchte sie in sich hinein, aber sein Anblick bewegte ihr Inneres nicht mehr. Mit einer Handbewegung bot sie ihm Platz an und setzte sich ihm mit reservierter Miene gegenüber.
»Also, worum geht es?« Lässig schlug er die langen Beine übereinander, sorgsam darauf bedacht, die Bügelfalte nicht zu ruinieren. »Du willst dir doch bestimmt keine Bedenkzeit erbitten?« Dabei lächelte er ihr augenzwinkernd zu. »Ich biete dir ein Leben in Saus und Braus, mit schönen Kleidern, Pelzen und Schmuck, so viel du tragen kannst.«
Tief sog sie die Luft ein, bevor sie sagte: »Ich komme nicht mit dir.«
Noch immer strahlte er. »Wieso nicht? Du bist mir doch nicht böse, weil ich damals einfach abgehauen bin? Jetzt bin ich doch wieder da.«
»Ich bin inzwischen verheiratet.«
Einen Augenblick war er verblüfft, dann fragte er: »Mit wem?«
»Mit Nathan …«
Ross lachte so laut auf, dass Julia erschrocken zusammenzuckte.
Er schien ihre Äußerung für einen gut gelungenen Witz zu halten, der ihm Tränen in die Augen trieb.
Mit gemischten Gefühlen musterte sie ihn, und es fiel ihr wie Schuppen von den Augen: Es war nie Liebe gewesen, was sie für Ross empfunden hatte – sie hatte ihn angehimmelt, ja sogar angebetet, und er hatte ihre Naivität schamlos ausgenutzt. Am liebsten wäre Julia aufgestanden und zu Nathan gelaufen, um sich in seine Arme zu werfen, doch zunächst musste diese absurde Unterhaltung zum Ende gebracht werden.
»Hast du dich jetzt genug amüsiert?«, fragte sie reserviert, als sein Lachanfall abgeebbt war. »Ich glaube kaum, dass es einen Grund zur Heiterkeit gibt.«
Er wischte sich die Tränen aus den Augenwinkeln. »Die Vorstellung, dass du und Nathan … also, ich bitte dich!«
»Er hat mich geheiratet, um mir und Joseph – um den du dich nie gekümmert hast – eine gesicherte Zukunft zu ermöglichen,« erwiderte sie zornig.
»Oh, das war sehr anständig von ihm.« Seine Stimme triefte vor Hohn. »Jetzt kannst du dich scheiden lassen, denn ich werde mich um dich kümmern.«
Ihre Hände verkrampften sich um die Sessellehnen, als sie hervorstieß: »Du hast noch immer nicht verstanden, Ross. Ich liebe Nathan und habe nicht vor, ihn zu verlassen.« Ganz leicht kamen ihr diese Worte über die Lippen.
Endlich schien er zu begreifen, sein hübsches Gesicht verzog sich vor Wut. »Ein schöner Freund ist das! Er wartet, bis ich fort bin, und macht sich dann an dich heran. Er hatte schon immer ein Auge auf dich geworfen, schon damals auf dem Treck.«
Sofort ergriff sie für Nathan Partei. »Er hat sich bis zum heutigen Tag immer anständig mir gegenüber verhalten – im Gegensatz zu dir. Du hast mich nicht nur ständig betrogen und belogen, sondern unseren Sohn und mich feige im Stich gelassen, um an der Ostküste ein feudales Leben zu führen. Du solltest dich schämen, weil du die Frechheit besitzt, einfach nach einer Ewigkeit wieder hier aufzutauchen, um deine zweifelhaften Rechte einzufordern. Du hast nichts mehr in meinem Leben zu verloren!«
»Immerhin haben wir ein gemeinsames Kind«, fauchte er und warf sein Taschentuch heftig zu Boden. »Ständig hast du mir in den Ohren gelegen, ich solle dich heiraten und dir ein gemütliches Zuhause schaffen … und nun, da ich dazu bereit bin, willst du nicht mehr. Ihr Weiber seid doch alle
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