Gewitter über Emilienlund: Mittsommerglück (German Edition)
hoffentlich nicht ernstlich verletzt?”
“Nein. Wie es aussieht, hat sie Glück im Unglück gehabt und sich lediglich den Knöchel verstaucht. Im Grunde ein echtes Wunder, denn sie ist im vollen Galopp vom Pferd gestürzt. Jedenfalls möchte ich, dass Dr. Arnulfson sie sich sicherheitshalber einmal anschaut.” Er zögerte kurz. “Allerdings bereitet mir im Augenblick weniger ihre mögliche Verletzung Sorge als vielmehr die Tatsache, dass Cardassian bei ihr ist.”
“Du hast diesen Widerling bei ihr gelassen?” Fassungslos starrte Henrik ihn an. “Bist du denn völlig verrückt geworden?”
Grey schnaubte ärgerlich. “Was sollte ich denn deiner Meinung nach tun? Annie allein auf dem Feld zurücklassen?”
“Nein”, lenkte Henrik sofort ein. “Natürlich nicht. Trotzdem. Es gefällt mir nicht, dass dieser arrogante Kerl bei ihr ist. Ich trau ihm nicht über den Weg.”
“Ich ebenso wenig”, erwiderte Grey düster. “Also, was ist jetzt? Alarmierst du Arnulfson für mich? Je weniger Zeit Annie allein in Marks Gesellschaft verbringen muss, desto besser.”
Kurz erklärte er seinem Freund, wo sich die Unfallstelle befand – im nächsten Moment saß er bereits hinter dem Lenkrad seines Wagens und raste in irrsinnigem Tempo durch die Landschaft.
“Endlich allein.” Genüsslich seufzend ließ Mark Cardassian sich neben Annie ins weiche Gras sinken. “Wurde aber auch Zeit, dass O’Brannagh, dieser Langweiler, sich endlich mal rar macht, findest du nicht?”
Annie warf ihm einen missbilligenden Blick zu. Mark führte sich auf, als wäre dies ein romantischer Ausflug zweier Verliebter. Dass sie gerade einmal vor ein paar Minuten vom Pferd gestürzt war und sich vermutlich den Knöchel verstaucht oder gar gebrochen hatte, schien er völlig verdrängt zu haben. Und dass er im Grunde für das ganze Malheur verantwortlich war, interessierte ihn schon gar nicht.
“Ich kann mich nicht erinnern, Ihnen das Du angeboten zu haben”, wies sie ihn zurecht. “Und ehrlich gesagt wäre es mir sehr lieb, wenn Sie ein wenig mehr Abstand halten würden.”
Kurz wirkte Cardassian irritiert, dann brach er in schallendes Gelächter aus. “Hat dir schon mal jemand gesagt, dass du geradezu unwiderstehlich bist, wenn du dich aufregst? Nein, ehrlich, deine Augen blitzen wie funkelnde Edelsteine. Und dann dieser verkniffene Gesichtsausdruck – wirklich einmalig!”
Empörung stieg in Annie auf. Dieser Mann war unverschämt! Nein, mehr als das, er war respektlos. “Sparen Sie sich dieses Süßholzraspeln”, fuhr sie ihn an. “Bei mir können Sie diese billige Masche jedenfalls vergessen, hören Sie? So etwas zieht bei mir nicht.”
Cardassians Gesichtsausdruck verfinsterte sich. “Treib es lieber nicht zu weit, kleine Annie”, sagte er drohend. “Ich kann auch andere Saiten aufziehen, wenn du es weiterhin vorziehst, die Spröde zu spielen.”
“Ich spiele keineswegs die Spröde”, widersprach sie heftig und versuchte verzweifelt, Abstand zwischen sich und Cardassian zu bringen. Vergeblich. Bei jeder Bewegung war der Schmerz in ihrem Knöchel so heftig, dass ihr die Tränen in die Augen stiegen. “Bitte, warum lassen Sie mich nicht einfach in Ruhe? Ich habe kein Interesse an Ihnen – ebenso wenig wie Sie an mir. Ich bin doch gar nicht Ihr Typ.”
“Du hast recht”, erwiderte er mit einem süffisanten Lächeln. “Im Grunde gefällst du mir nicht einmal sonderlich. Aber der Gedanke, O’Brannagh zur Weißglut zu treiben, macht dieses Spiel ungemein reizvoll für mich, verstehst du?” Er lachte. “Oh, jetzt tu doch nicht so unschuldig. Es ist offensichtlich, dass er dich für sich haben will. Und ich kenne doch den lieben Grey. Wenn er erst mal begreift, dass ich ihm zuvorgekommen bin, dreht er völlig durch, der Gute.”
“Wie kommen Sie auf den lächerlichen Gedanken, dass ich mich zu Ihnen hingezogen fühlen könnte?” Trotz der Schmerzen gelang es Annie, ein Stück weit von ihm abzurücken. Sie fühlte sich wie ein Kaninchen in der Falle. Wenn Cardassian es darauf anlegte, hatte sie nicht die geringste Chance, sich gegen ihn zur Wehr zu setzen. Ihr brach kalter Schweiß aus.
“Ach, komm schon, du kannst mir nicht erzählen, dass du dich nicht nach mir verzehrst. Du spielst die Unnahbare, aber ich habe dich durchschaut. Du kannst also damit aufhören und anfangen, dich zu entspannen.”
Cardassian rückte zu Annie auf, so dicht, dass ihr der aufdringliche Geruch seines Aftershaves in die Nase
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