Gewitter über Emilienlund: Mittsommerglück (German Edition)
Kindes infrage kam: Grey.
Annie zwang sich zur Ruhe. Ihre Hände zitterten, und ihr wurde immer wieder schwarz vor Augen. Es durfte einfach nicht wahr sein. Vielleicht war es ja nur der viele Stress. Sie hatte einmal irgendwo gelesen, dass der Körper auf große Anspannung und Nervosität oft mit einem Ausbleiben der Periode reagierte.
Doch es gab nur einen Weg, das herauszufinden. Annie schluckte hart. Dann nahm sie ihre Handtasche und verließ überstürzt das Haus.
12. KAPITEL
K euchend atmete Annie aus. Sie hielt den Schwangerschaftstest in der Hand, den sie in der kleinen Drogerie im Ort gekauft hatte. Jetzt begannen ihre Finger so heftig zu zittern, dass sie ihn beinahe fallen ließ.
Zwei blaue Streifen.
Schwanger.
Ein Stöhnen entrang sich ihrer Kehle. Um Himmels willen, nein, das durfte einfach nicht wahr sein! Sie stützte sich auf den Waschtisch, Sterne tanzten vor ihren Augen, und das Blut rauschte ihr in den Ohren. Was sollte sie denn jetzt bloß tun?
Es klopfte an der Tür. “Dauert das noch lange? Es gibt hier noch andere Leute, die mal dringend auf die Toilette müssen.”
“Nein, ich …” Sie räusperte sich. “Ich bin sofort fertig. Einen winzigen Moment noch, bitte.”
Hastig stopfte sie den Schwangerschaftstest in ihre Handtasche, die Verpackung ließ sie in den Papierkorb fallen. Dann reinigte sie ihr Gesicht mit einem Taschentuch notdürftig von den Spuren ihrer Tränen und atmete noch einmal tief durch, ehe sie die Tür aufschloss.
Eine junge Blondine seufzte erleichtert und drängte sich an ihr vorbei in den Waschraum. “Das war aber auch höchste Zeit”, hörte Annie sie noch murmeln.
Das kleine Lokal war bis auf den letzten Platz besetzt. Der Geruch von gebratenem Fleisch hing in der Luft. Annie zwang sich, durch den Mund zu atmen, denn sie spürte schon wieder Übelkeit in sich aufsteigen.
“
God dag!
Kann ich Ihnen irgendwie helfen?”
Annie zuckte zusammen, als die Kellnerin sie ansprach. Plötzlich hatte sie das Gefühl, nicht mehr atmen zu können. Schluchzend stürzte sie aus dem Restaurant und blieb erst stehen, als sie bei ihrem Wagen angelangt war. Sie rutschte auf den Fahrersitz und ließ den Kopf aufs Lenkrad sinken.
Was nun?
Es konnte kein Zweifel mehr daran bestehen, dass sie schwanger war. Eigentlich hatte sie es schon gewusst, ehe der Test es ihr bestätigt hatte. Die Frage war jetzt, welche Alternativen ihr blieben. Das Leben, von dem sie geträumt hatte, als sie nach Schweden gekommen war, konnte sie endgültig vergessen. Sie erwartete ein Kind. Ein Kind von einem Mann, der sie nicht liebte …
Die Frage, ob sie sich für oder gegen ihr Baby entscheiden würde, stellte sich für Annie nicht. Sie würde es auf jeden Fall bekommen, ganz egal, was passierte. Sie hatte mit Grey geschlafen, ohne an die Konsequenzen zu denken – dafür konnte sie keinen anderen Menschen verantwortlich machen. Schon gar nicht das ungeborene Kind, das in ihrem Leib heranwuchs.
Wie Grey wohl darauf reagierte, wenn sie es ihm sagte? Sollte sie es ihm überhaupt sagen? Oder war es besser für alle Beteiligten, wenn sie einfach ihre Koffer packte und davonlief? Sie kannte Grey noch nicht allzu lange, doch sie wusste, dass er ein sehr verantwortungsvoller Mensch war. Es war ihm durchaus zuzutrauen, dass er sie aus purem Verantwortungsbewusstsein bitten würde, seine Frau zu werden.
Und wollte sie das?
Nein, auf keinen Fall. Es gab nichts, was sie sich mehr wünschte als eine gemeinsame Zukunft mit ihm. Doch nicht unter diesen Bedingungen. Sie wusste, dass er sie nicht liebte. Und es war ihre feste Überzeugung, dass eine Ehe, die nur aus Pflichtbewusstsein geschlossen wurde, niemals glücklich sein konnte.
Vielleicht war es einfach ihr Schicksal, sich immer wieder für andere Menschen aufzuopfern. Immerhin hatte sie bereits ihr halbes Leben damit verbracht, ihre schwer kranke Mutter zu pflegen und später ihre jüngeren Geschwister zu versorgen. Eine Aufgabe, für die sie nur wenig Respekt oder gar Anerkennung erhalten hatte.
Doch dann schüttelte sie den Kopf. Nein, dieses Mal war es etwas anderes. Sie wollte dieses Baby, und sie würde es lieben, mit all der Kraft, die in ihr steckte.
Schweren Herzens traf sie eine Entscheidung.
“Verdammt, das hätten Sie mir sagen müssen, Gunnarsson!” Grey schüttelte fassungslos den Kopf. “Sie sind mein Anwalt, Mann! Haben Sie denn tatsächlich geglaubt, ich würde es nicht früher oder später selbst
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