Gewitter über Pluto: Roman
KuÃ. Ein VorkuÃ. Ein
Wetterleuchten. Ein Flüstern, in dem bereits alles steckte, was noch kommen
würde.
Was nun allerdings als nächstes kam, war eine Enttäuschung. Nachdem
man nämlich zu dritt jenen Platz erreicht hatte, auf welchem der Eissalon
stand, wandte sich Sera zu Lorenz hin, dankte ihm für die Begleitung und
meinte, daà man sich ja demnächst sicher wieder über den Weg laufen werde.
Das hatte nun in keiner Weise unfreundlich geklungen, dennoch fühlte
sich Lorenz, als hätte man ihn zurück ins Fegefeuer geschickt. (Es wäre
übrigens ganz grundsätzlich zu erwähnen, daà das Fegefeuer nicht die Strafe
ist, die auf den Fuà folgt, sondern die dem Fuà vorangestellt ist, also vor der
eigentlichen Sünde steht. Wir werden bestraft, bevor wir uns noch etwas
zuschulden kommen lassen. Das Diesseits dient nur dazu, eine kleine Pause vom
Höllenfeuer zu nehmen und zu überlegen, warum die Dinge so sind, wie sie sind.
Darum etwa schreiben wir Bücher, betrachten die Sterne und jagen Strom durch
Frösche und Menschen. Wir versuchen den Sinn des Flammenmeers zu begreifen, aus
dem wir kommen und in das wir gehen.)
Sera wollte also alleine mit Paul sein. Das war ihr gutes Recht. Und
vor allem war es Pauls gutes Recht. AuÃerdem brauchte eine Frau wie Sera nicht
mehr als einen Begleiter.
Lorenz verabschiedete sich von den beiden, wobei er sich um einen
gelassenen Ausdruck bemühte, auch wenn er mit seinen FüÃen bereits in der
glühenden Kohle stand. Er bewegte sich die StraÃe hinunter, betrat einen
Tabakladen und kaufte Zigaretten. Das beruhigte ihn augenblicklich, dieser
Zigarettenkauf. Er brauchte jetzt gar nicht zu rauchen. Bereits der Umstand,
die Packung in der eigenen Tasche zu wissen, gab ihm ein Gefühl der Sicherheit,
löschte ein wenig den Brand in seinen Beinen.
5Â | Â Ein
Witz?
Lorenz Mohn nutzte den Rest des Nachmittags, um zu einem
befreundeten Tischler zu fahren, mit welchem er die Frage nach der Art der
Regale erörterte, die er für sein Geschäft plante. Entscheidend erschien ihm
dabei weniger die Anordnung der Gestelle, sondern vor allem die Frage nach dem
richtigen Holz. Und Holz würde es sein müssen. Also betrachtete er die
Musterplatten, lieà sich die Vor- und Nachteile der Holzarten erklären und
begab sich am Abend mit den gesammelten Informationen nach Hause.
Mohns Wohnung war geschmackvoll gestaltet, zugleich aber ein wenig
lieblos und unpersönlich. Man sagt wohl »kalt« dazu, obwohl der rötliche
Parkettboden und das sanfte Licht aus mannshohen Stehleuchten eine wohnliche
Wärme suggerierten. Trotzdem, es handelte sich eben um eine kalte Wärme, wie ja
auch der ganze Lorenz etwas von dieser kalten Wärme in sich trug. Eingedenk
dessen, daÃ, wenn jemand gerade aus der Hölle kam, er innerlich ausgesprochen
kalt war. Wie anders sollte er gegen die äuÃere Hitze gewappnet sein. Nun jedoch,
ins Diesseits getreten, sehnte er sich nach Liebe. Und nach einem poetischen
Heroismus, der sich genau daraus ergab, ein Handarbeitsgeschäft zu eröffnen.
Die Kälte wärmte sich am Gedanken an eine bessere Zukunft.
Lorenz holte sich ein Flasche Bier und nahm auf einem wuchtigen
kubischen Lederfauteuil Platz, um mittels der Fernbedienung einen
Fernsehbildschirm in Betrieb zu setzen, wie man sich vielleicht vorstellt, daÃ
ein Drache durch bloÃes Ausatmen einen Kamin anfeuert. Eine lächelnde Dame
sprach gerade über den Aktienmarkt. Sehr nett, wie sie das tat. Ãberhaupt war
es diesen Leuten, die über Aktien redeten, gelungen, eine gewisse
Harmlosigkeit, ja Lustigkeit des Themas vorzutäuschen. Wozu es bestens paÃte,
daà Börsennachrichten gerne im Umfeld vom Sportnachrichten und dem Wetter
angesiedelt sind, wo ja gerne ein biÃchen geblödelt wird. (Allerdings wird der
Sport uns nicht umbringen. Das Wetter schon eher, aber ebenfalls nicht richtig.
Sehr wohl hingegen der Aktienmarkt. Es ist, als hätte ein Spielkasino die Macht
über die Welt übernommen, ein Kasino, in dem sich die Roulettekessel wie
verrückt drehen und die Spieler kaum mit dem Verlieren nachkommen. Und mit
Spielern sind klarerweise alle gemeint, auch â beziehungsweise erst recht â
jene, die gar nicht mitspielen. Der Aktienmarkt quillt aus unseren Klosetts und
unseren Waschbecken, aus den Waschmaschinen und Klimaanlagen und überflutet uns
mit der
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