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Gewitter über Pluto: Roman

Gewitter über Pluto: Roman

Titel: Gewitter über Pluto: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinrich Steinfest
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Irgendwann tauchte zudem der Staatsanwalt
auf, reichte Spann die Hand, redete auf ihn ein. Spann hörte zu. Mehr tat er
nicht. Es war dann Stirlings Aufgabe, den Staatsanwalt über die Fakten zu
informieren.
    Â»Na gut, Stirling, Sie kriegen das sicher bestens hin«, sagte der
Jurist und war schon wieder verschwunden. Er hatte Lorenz nicht einmal
angesehen.
    Â»Haben Sie eine Ahnung«, richtete sich Stirling erneut an Lorenz,
»welchem Hobby in diesem Hobbyraum nachgegangen wurde?«
    Â»Das können Sie doch selbst sehen«, antwortete Lorenz. »Fossilien.
Ein gar harmloses Hobby.«
    Â»Was für Hobbys haben Sie eigentlich?«
fragte Stirling.
    Â»Keine. Mir war noch nie langweilig genug, um mich ablenken zu
müssen.«
    Â»Aber soweit ich gehört habe, wollen Sie hier ein
Strickwarengeschäft eröffnen. Stricken ist ja nun wohl das Hobby überhaupt.«
    Â»Irrtum. Frauen, die stricken, stricken an der Zukunft.«
    Â»Ein schönes Bild«, fand Stirling.
    Â»Mehr als ein Bild. Jedenfalls werde ich mit meinem Geschäft nicht
das Zubehör für irgendeinen blöden Zeitvertreib liefern, sondern für etwas
Wesentliches und Grundsätzliches.«
    Â»Das klingt, als wollten Sie die Welt retten.«
    Â»Ja, das wäre fein, wenn mir das ein wenig gelänge.«
    Â»Und was haben Sie bisher gemacht?« fragte Stirling.
    Â»Wieso? Hat das irgendeine Bedeutung?«
    Â»Das werde ich beurteilen, wenn ich es weiß.«
    Lorenz schwieg. Er hatte einfach keine Lust, hier und jetzt über das
Pornogeschäft zu sprechen. Wo man doch eben noch so nett über Strickwaren und
Weltrettung geplaudert hatte.
    Stirling zuckte mit den Schultern und sagte: »Lassen Sie uns aufs
Kommissariat fahren. Ich nehme Ihre Personalien auf, Sie geben mir Ihre Fingerabdrücke.
Und dann versuchen wir draufzukommen, wie da eine Leiche unter Ihr Bett kommen
konnte, während Sie hübsch brav geschlafen haben. – Wenn ich das glauben soll.«
    Als sie den Raum verließen, griff Lorenz in seine Hosentasche. Es
war ein Reflex, als überprüfe er, ob er die obligaten Taschentücher dabei habe.
Hatte er auch. Aber zwischen diesen Taschentüchern spürte er die scharfe Kante
eines Kartons. Die Karte mit dem Vogel. Beziehungsweise Urvogel.
    Er hätte sie herausnehmen und Stirling aushändigen müssen. So
harmlos sie ihm noch gestern abend erschienen war, jetzt war nichts mehr
harmlos. Man könnte sagen: Alles schwamm im Blut.
    Lorenz ließ die Karte jedoch, wo sie war, und zog dafür seine leere
Hand aus der Tasche. Man trat hinaus auf die Straße. Eine Gruppe Neugieriger
hatte sich um die Polizeiabsperrung versammelt.
    Â»Man wird mich für den Mörder halten«, sagte Lorenz.
    Â»Aber nicht doch. Mörder tragen Handschellen.«
    Â»Trotzdem. Es bleibt immer etwas hängen.«
    Â»Vielleicht bleibt ja etwas Gutes hängen«, meinte Stirling. Und
fügte an: »Zumindest der Nimbus des Außerordentlichen.«
    Ja, das stimmte wohl. Lorenz mußte damit rechnen, daß sein
Strickwarenladen eine Aura erhielt, die nicht nur vom Umstand geprägt wurde,
daß er, Lorenz Mohn, einst in Pornos aufgetreten war, sondern jetzt auch davon,
daß in Plutos Liebe eine Leiche gefunden worden war.
    War das Werbung für seinen Laden? Nun, es würde die Leute sicher
nicht kaltlassen.

8  |  Mann und Kaktus
    Nachdem er der Polizei seine Fingerabdrücke überlassen und
sodann – unbewacht! – eine Stunde auf dem Gang gewartet hatte, wurde Lorenz in
ein Büro geleitet, in welchem Spann und Stirling sowie eine Tasse Kaffee auf
ihn warteten.
    Â»Der Kaffee ist aus der Aida«, bemerkte Stirling und wies mit der
Hand aus dem Fenster. Solcherart unterstrich er den Umstand, keine berüchtigte
Wiener Polizeibrühe zu servieren, sondern vielmehr ein bekannt wohlschmeckendes
Erzeugnis aus der Konditorei auf der gegenüberliegenden Straßenseite. – Aida
also! Somit war klar, daß Stirling der gute Polizist sein würde. Während Spann
mittels seines Schweigens wohl den Part des bösen Polizisten übernahm. So war
das in Wien.
    Â»Wir befragen Sie zunächst als Zeugen, versteht sich«, erklärte
Stirling.
    Â»Wie meinen Sie das: zunächst ?«
    Â»Ich bin kein Meteorologe. Ich kann das Wetter nicht voraussagen.«
    Â»Na, ich hoffe, daß Sie nicht versuchen, das Wetter selbst

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