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Gewitter über Pluto: Roman

Gewitter über Pluto: Roman

Titel: Gewitter über Pluto: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinrich Steinfest
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Sexspur?«
    Â»Niemand verlangt, daß Sie sich drehen. Bleiben Sie gerade stehen,
und sagen Sie einfach die Wahrheit.«
    Â»Das tue ich.«
    Â»Würden Sie das wirklich tun, dann hätten Sie erwähnt, den Abend bei
Frau Bilten verbracht zu haben.«
    Lorenz zuckte. Doch er hatte sich rasch unter Kontrolle, bemühte
sich um eine gleichzeitig aufrechte wie lockere Haltung, gleich diesen
Turmspringern vom Zehnmeter, und sagte: »Das geht Sie sowenig an wie mein alter
Beruf. Wo sind wir denn? Wollen Sie meine Unterwäsche kontrollieren?«
    Â»Wir wollen uns ein Bild machen, das vollständig ist«, erklärte
Stirling. »Wenn wir aber nur die Hälfte wissen, kommt auch nur ein halbes Bild
zustande. – Also, Sie waren bei Frau Bilten.«
    Â»Sie war so freundlich, mich unter ihre Dusche zu lassen. Ich war
durchnäßt. Sie erinnern sich vielleicht an das Gewitter gestern.«
    Â»Wir erinnern uns«, sagte Stirling und blickte hinüber zu
Hauptkommissar Spann, der jedoch einen derart leeren Ausdruck im Gesicht trug,
als könnte er sich zwar an seine Kindheit in Seebühl am Bühlsee erinnern, aber
sicher nicht an ein blödes Gewitter vom Vortag.
    Lorenz Mohn erzählte davon, Sera Bilten und den kleinen Paul von der
Straßenbahn abgeholt zu haben. Während des Gewitters. »Danach ging’s unter die
Dusche. Und dort hatte ich Verkehr. So, Herr Stirling, sind Sie jetzt
glücklich?«
    Â»Sie verkennen mein Bemühen«, meinte der schöne Grieche gelassen.
»Na, macht nichts. Hauptsache, wir kommen weiter. Sie hatten also Sex mit Frau
Bilten. Warum sind Sie nicht bei ihr geblieben?«
    Â»Weil sie es nicht wollte.«
    Â»Das wundert mich«, meinte Stirling.
    Â»Sie können sie gerne fragen.«
    Â»Gut. Und warum sind Sie danach nicht nach Hause gefahren?«
    Â»Ich war einfach zu müde.«
    Â»Im Ernst? Aber scheinbar nicht müde genug, um darauf zu verzichten,
eine Metalltüre aus der Wand zu reißen.«
    Verdammt! Das war wirklich ein Argument. Lorenz mußte erst
nachdenken. In seinem Kopf war ein Stein. So ein Scheißstein. Ein fossiliertes
Exkrement, das man mit viel gutem Willen für ein Hirn halten konnte. Der Stein
machte ihn ganz wirr. Wie war das bloß gewesen? Richtig, er hatte genau unter
Sera schlafen wollen. Unter ihrem Schlafzimmer. So war es gewesen. Das sagte er
jetzt auch, obgleich es ziemlich unglaubwürdig klang.
    Folgerichtig meinte Stirling: »Das klingt unglaubwürdig.«
    Â»Na sicher«, erwiderte Lorenz. Er griff nach dem Kaffee und trank.
Der beste Kaffee der Stadt. Wenigstens das.
    Nachdem er die Tasse wieder abgestellt hatte, nahm er erneut seine
Position auf dem imaginären Zehnmeterturm ein und sagte: »Ich habe eine Warnung
erhalten.«
    Â»Was für eine Warnung?«
    Â»Man hat gedroht, mir die Fresse zu polieren, wenn ich das Geschäft
anmiete. Und wenn ich die Finger nicht von Sera lasse. Wobei ich da meine
Finger noch gar nicht an ihr dran hatte.«
    Â»In welcher Form erfolgte diese Warnung?«
    Â»Ein Brief.«
    Â»Wo ist er?«
    Â»Liegt bei mir zu Hause.«
    Â»Sie haben sich davon offensichtlich nicht beeindrucken lassen«,
stellte Stirling fest.
    Â»Ein bißchen schon«, entgegnete Lorenz. »Ich bin kein Held. Wenn
mich jemand anbellt, dann ängstigt mich das. Andererseits kann ich mich nicht
in Luft auflösen, nur weil einer mich nicht mag. Dieser Laden ist meine
Zukunft. Basta! Und Frau Bilten ist meine Zukunft.«
    Â»Dann darf man also gratulieren?«
    Â»So weit sind wir noch nicht. Aber wenn Gott will, wird alles gut
werden.«
    Â»Und wer, denken Sie, hat Ihnen diese Drohung zukommen lassen?«
    Â»Dieselbe Person, die sich die Freiheit nahm, mir eine Leiche unters
Bett zu schieben«, sagte Lorenz, dem diese Idee erst jetzt gekommen war.
Gewissermaßen um von der eigenen Person abzulenken. Und es hatte ja auch etwas
für sich, daß die schriftliche Androhung eines »Hängekiefers« und der Umstand
einer Leiche unter seinem Bett in irgendeinem Zusammenhang standen.
    Ein Zusammenhang, den Stirling sich gerne von Lorenz erklären lassen
wollte. Doch Lorenz meinte: »Da kann ich Ihnen nicht helfen. Ich sehe nur das
Atom, nicht die Teilchen, die es zusammenhalten.«
    Â»Na gut. Ich lasse Sie von einem Kollegen nach Hause fahren, und Sie
geben ihm den Brief. Hat jemand außer Ihnen das Papier in der Hand

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