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Gewitterstille

Gewitterstille

Titel: Gewitterstille Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sandra Gladow
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noch weiterführende Hinweise von der Frau, deren zerbrechlicher Körper in ihrem Morgenrock zu versinken schien.
    »Wenn Sie ihn doch bloß gefasst hätten! Ich werde keine Sekunde meines Lebens mehr Schlaf finden, bis Sie das Ungeheuer hinter Schloss und Riegel gebracht haben.« Braun reichte der alten Frau ein Glas Wasser, an dem sie sich dankbar festhielt.
    »Ich bin sicher, dass er nicht zurückkommen wird«, versuchte er sie zu beruhigen.
    Welch ein Jammer, dachte Braun, dass der Täter aus einem Fenster hatte flüchten können, obwohl seine Verfolger ihm bereits dicht auf den Fersen gewesen waren und ihn um ein Haar erwischt hätten. Er konnte nur hoffen, dass sein junger Kollege bei der Vernehmung der Nachtschwes ter etwas mehr über den Täter erfahren würde als er hier.
    »Können Sie vielleicht die Bekleidung des Mannes beschreiben?«
    Braun zog seinen Stuhl zu der alten Dame heran und legte ihr seine Hand auf die Schulter, als sie erneut zu weinen begann.
    »Ich weiß es wirklich nicht.«
    »Jeans, T-Shirt, ein Taucheranzug?« Braun lächelte der Frau aufmunternd zu. »Ein Taucheranzug wäre Ihnen doch bestimmt im Gedächtnis geblieben, oder?«
    Sie lächelte schwach, schüttelte jedoch den Kopf.
    Braun blickte auf, als Bendt den Raum betrat. Des sen Gesichtsausdruck machte ihm allerdings auch wenig Hoffnung.
    »Frau Kramer versucht sich gerade daran zu erinnern, was der Täter angehabt haben könnte, aber wir kommen nicht weiter. Hast du etwas für uns?«
    »Jeans, T-Shirt und Turnschuhe«, fasste Bendt die wenig spektakulären Neuigkeiten zusammen, die er in Erfahrung gebracht hatte. »Wir vermuten, dass es sich bei dem Täter der Statur nach vermutlich um einen Mann zwischen zwanzig und vierzig Jahren handelt, dessen Gesicht bedauerlicherweise weder die Nachtschwester noch der Pfleger, der ihn beinahe hätte packen können, beschreiben kann. Er soll eine Basecap getragen haben.«
    Braun gab Bendt mit einem Blick zu verstehen, dass auch seine Vernehmung in diesem Punkt nichts ergeben hatte.
    »Ich weiß es wirklich nicht«, brach es abermals aus der alten Dame hervor. »Es war so schrecklich und so dunkel. Ich habe plötzlich nur dieses Scheppern gehört, weil etwas zu Boden fiel, und dann habe ich gesehen, dass jemand über mir stand – ein Monster, das mit seinen Pranken nach mir gegriffen hat.« Ihre Finger fuhren über ihren Mund, als könne sie seine Hand dort noch immer spüren. »Es tut mir so leid, dass ich Ihnen nicht mehr sagen kann. Ich habe mein rechtes Augenlicht schon ganz verloren, und auch auf dem linken Auge sehe ich nicht mehr gut.«
    »Sie haben uns schon sehr geholfen«, sagte Braun. Welchen Sinn machte es überhaupt, die arme Frau so zu quälen, wo sie die Ermittlungen doch ohnehin keinen Deut voranbrachte? »Es war ja immerhin auch dunkel in Ihrem Zimmer. Und wer kann schon jemanden beschreiben, wenn er gerade aus dem Schlaf gerissen wurde?« Braun zwinkerte, um sie ein wenig aufzumuntern, und blätterte in seinen Notizen.
    »Ich würde allerdings gern noch ein letztes Mal auf den Angriff des Täters zurückkommen. Sie haben gesagt, der Mann habe versucht, Sie umzubringen, und Ihnen den Mund und die Nase zugepresst, richtig? Versuchen Sie doch bitte noch einmal zu schildern, wie genau er das getan hat.«
    »Ich sagte doch, er hat sich auf mich gestürzt, und ich konnte kaum mehr atmen.«
    »Hat er Ihnen einen Gegenstand auf das Gesicht gepresst? Ein Kissen vielleicht?«, fragte Braun.
    »Nein, die Hände.«
    »Die Hände.« Braun sah die Frau eindringlich an. »Was genau hat er mit seinen Händen gemacht – oder war es vielleicht nur eine Hand?«
    »Es war, als würde mir eine Pranke die Luft abschnüren. Seine Hände waren überall.«
    »Aber gewürgt hat er Sie nicht?« Braun hatte diese Frage zwar bereits gestellt, bevor sein Kollege hinzugekommen war, wollte aber, dass auch Bendt sich ein besseres Bild vom Geschehen machen konnte.
    »Ich glaube nicht.«
    »Was waren das für Hände?«, schaltete sich Bendt ein. »Wie fühlten sie sich an?« Als sie nicht antwortete, führte er seine Frage weiter aus. »Waren die Hände rau oder weich, groß oder eher klein? Hatten sie vielleicht einen besonderen Geruch, der Ihnen in Erinnerung geblieben ist?«
    »Er hat Gummihandschuhe getragen, glaube ich.« Die Frau wirkte plötzlich aufgeregt und ein wenig munterer. Endlich, so schien es, konnte sie sich an ein vielleicht wich tiges Detail erinnern. Die Kommissare brauchten eine Weile,

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