Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Gewitterstille

Gewitterstille

Titel: Gewitterstille Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sandra Gladow
Vom Netzwerk:
nichts wegnehmen. Jens, sie ist meine Mutter. Ich mag sie. Ich will sie nicht enttäuschen.«
    »Aber mich, mich kannst du enttäuschen, ja?«
    »Bitte, Jens, ich kann das wirklich nicht.« Sophie griff nach seiner Hand, aber er entzog sie ihr.
    »Gut, wenn du mich nicht genug liebst …«
    »Ich liebe dich doch. Ich liebe dich sehr«, schluchzte Sophie. Sie blickte ihn flehend an. »Vielleicht solltest du dich stellen? Dann klärt sich bestimmt noch alles auf.«
    »Quatsch. Die sperren mich ein Leben lang ein, Sophie, verstehst du!« Er legte seine Hände erneut auf Sophies Schultern, diesmal aber sanfter, und kam mit seinem Gesicht ganz nah an sie heran. »Wenn du mir nicht hilfst, werde ich in einer Zelle verrotten.«
    Sophie dachte an Annas Worte. Was hatte sie noch gleich gesagt:
    Er wird nicht ewig auf der Flucht sein können. Was, wenn er ein weiteres Verbrechen begeht, das du hättest verhindern können?
    Sophie blickte Jens an. Vor ihren Augen verschwamm alles. Ihr Traum, Jens’ Gesicht, sein Kuss, ihre Mutter, Anna. Sie fühlte sich schwindelig.
    »Ich werde sehen, was ich für dich finde. Ich besorge dir auf jeden Fall was zu essen und schaue, ob ich Geld auftreiben kann, okay?«
    »Gut.«
    Sie küssten sich erneut, bevor Sophie sich von ihm helfen ließ, ihren Bademantel überzustreifen und sich in den Rollstuhl zu setzen.
    »Es tut mir alles so leid, alles, was du durchmachst.« Sophie lächelte ihm noch einmal traurig zu, ehe sie das Zimmer verließ.
    »Sieh an, noch mehr Kühlschrankräuber«, sagte Bendt, als er von der Terrasse in die Küche trat. Sophie fuhr vor Schreck derart zusammen, dass sie den Teller mit kaltem gegrilltem Lammfleisch, das vom Abendessen übrig geblieben war, um ein Haar hätte fallen lassen. »Du hast mich erschreckt«, fuhr sie ihn an.
    »Entschuldigung!«, sagte Bendt amüsiert und hob Zeige- und Mittelfinger zu einem Peace-Zeichen. Er schien bester Laune zu sein.
    »Ich wollte nur eine neue Flasche Wein holen.« Er streckte Sophie wie zum Beweis die leere Flasche entgegen und ging zum Kühlschrank hinüber. »Nicht, dass du denkst, wir hätten die schon gekillt. Das war nur der Rest vom Abendessen. Du kannst auch gern noch zu uns rauskommen. Ich sitze mit Anna im Garten. Wir würden uns freuen, wenn du uns Gesellschaft leistest.«
    Bendts Angebot klang nach Sophies Wahrnehmung eher halbherzig. Sie hatte allerdings im Moment keine Zeit, sich darüber Gedanken zu machen, ob dieser Mann versuchen würde, dem armen Georg den Rang abzulaufen.
    Bendt stutzte angesichts des Fleischbergs auf Sophies Teller.
    »Ich habe zu wenig gegessen«, sagte Sophie hastig.
    »Scheint so.«
    »Ich lese gerade ein so spannendes Buch, dass ich nicht aufhören kann, und jetzt knurrt mir der Magen.«
    Sophie blickte durch das Küchenfenster in den Garten und sah Anna, die ihr einladend zuwinkte. Für einen Moment spürte sie das Verlangen, zu ihr hinauszugehen und sich zu offenbaren. Bis heute hatte sie nie daran gezweifelt, dass es richtig war, Jens bei seiner Flucht zu unterstützen. Die Tatsache, dass er jetzt von ihr verlangte, ihre Mutter zu bestehlen, ließ sie erstmals schwanken. Sie wusste, dass es unmöglich für sie sein würde, Beate etwas zu entwenden.
    »Ich dachte immer, kaltes Lammfleisch sei nur etwas für Schwangere und Freaks?«, riss Bendt sie aus ihren Gedanken.
    »Kannst du mir das in die Mikrowelle stellen?« Sophie streckte Bendt den Teller entgegen.
    »Klar. Zwei Minuten oder so?«
    »Klingt gut.«
    »Kommst du jetzt mit raus? Dann helfe ich dir mit dem Rollstuhl.«
    Sophie zögerte einen Moment.
    »Bedrückt dich irgendwas?«
    »Nein, ich habe wirklich nur Hunger.«
    »Na, da kannst du aber von Glück sagen, dass du mich gerade getroffen hast.« Bendt nahm den Teller wieder aus der Mikrowelle, an die Sophie allein unmöglich herangereicht wäre.
    »Autsch, verdammt heiß. Du musst übrigens nicht rot werden, nur weil du mitten in der Nacht zu essen anfängst. Bei deiner Figur kannst du dir solche Portionen doch erlauben.«
    Sophie lächelte gequält und merkte erst jetzt, dass ihre Wangen tatsächlich brannten.
    »Kannst du mir noch ein Stück Baguette abschneiden?«
    »Klar.« Bendt lachte laut auf. »Du musst ja wirklich Hunger haben wie ein Wolf. Willst du wirklich nicht mit rauskommen?«
    »Nein. Du weißt doch, mein Buch ruft. Ich lese lieber noch ein bisschen.«
    Bendt sah Sophie für einen Moment lang prüfend an.
    »Es ist gut zu lesen, wenn man auf andere Gedanken

Weitere Kostenlose Bücher