Gezaehmt im Bett einer Lady
bestellte Dain ein Dinner.
Als das Essen kam, war der Junge aus dem Zuber gestiegen, Dain hatte ihn trocken gerubbelt, ihn in den altmodischen einteiligen Anzug, den Jessica gefunden hatte, gesteckt und ihm das widerspenstige Haar gekämmt.
Dann wurde Dominick der begehrte Guckkasten übergeben, und während er damit spielte, setzte sich Dain mit seinem Kutscher zum Essen.
Er nahm Messer und Gabel und wollte gerade seinen Hammelbraten zerschneiden, als ihm auffiel, dass er Messer und Gabel genommen hatte.
Er blickte zu Phelps, der Butter auf eine gewaltige Brotscheibe strich.
„Phelps, mein Arm funktioniert wieder“, stellte er fest.
„So sieht es aus“, bemerkte der Kutscher ausdruckslos.
Da erkannte Dain, dass sein Arm schon eine ganze Weile wieder seinen Dienst tat, auch wenn er es nicht bemerkt hatte. Wie sonst hatte er den Kopf seines Sohnes stützen können, während er ihm Tee einflößte? Wie sonst hätte er ihn tragen und ihm gleichzeitig den Rücken klopfen können? Wie sonst hätte er den versteiften Körper des Jungen hierhin und dorthin drehen können, während er ihn badete und ihm das Haar wusch? Wie sonst hatte er ihn in diesen grässlich unpraktischen Anzug stecken können mit den endlosen Knopfreihen?
„Er hat aufgehört zu funktionieren, ohne dass es dafür einen medizinischen Grund gab, und jetzt hat er ohne besonderen Anlass wieder angefangen zu arbeiten.“ Dain betrachtete stirnrunzelnd seine Hand. „Gerade so, als sei nie irgendetwas nicht damit in Ordnung gewesen.“
„Ihre Ladyschaft hat gesagt, es ist nichts kaputt gewesen. Sie hat gesagt - ohne beleidigen zu wollen, Mylord - es ist alles nur in Ihrem Kopf.“
Dain kniff die Augen zusammen. „Glauben Sie das? Dass ich mir alles nur eingebildet habe? Dass ich mit anderen Worten nicht ganz richtig im Kopf bin?“
„Ich habe nur wiederholt, was sie gesagt hat. Ich für meinen Teil, ich denke, da steckte irgendein Splitter von etwas, den die Quack-salber nicht gefunden haben. Vielleicht hat er sich wieder gelöst.“
Dain richtete seine Aufmerksamkeit wieder auf seinen Teller und begann, den Hammelbraten zu zerschneiden. „Genau. Es gab eine medizinische Erklärung, aber der französische Quacksalber wollte einfach nicht zugeben, dass er einen Fehler gemacht hat, und alle seine Freunde haben zu ihm gehalten. Es war etwas da, und es hat sich von alleine wieder gelöst.“
Er hatte gerade den ersten Bissen heruntergeschluckt, als er zu Dominick schaute, der auf dem Bauch auf dem Teppich vor dem Kamin lag und die Schlacht von Kopenhagen betrachtete.
Das Problem von kosmischen Ausmaßen war auf einen kleinen kranken und verängstigten Jungen geschrumpft. Und irgendwie hatte sich während des Schrumpfens etwas gelöst.
Während er seinen Sohn beobachtete, begriff Lord Dain, dass das „Etwas“ kein Metall- oder Knochensplitter gewesen war. Es war in seinem Kopf gewesen oder vielleicht auch in seinem Herzen. Jessica hatte links von seinem Herzen gezielt, oder etwa nicht? Vielleicht war ein Teil dieses Organs gelähmt worden ... am Ende sogar vor Angst, wunderte er sich.
Se mi lasci mi uccido, hatte er ihr gesagt.
Er war starr vor Schreck gewesen, jawohl, dass sie ihn verlassen könnte.
Jetzt erkannte er, dass er sich so gefühlt hatte seit dem Tag, an dem sie auf ihn geschossen hatte. Er hatte da schon gefürchtet, dass er das Unverzeihliche getan, dass er sie für immer verloren hatte. Und er hatte nicht aufgehört, Angst zu haben. Weil die einzige Frau, der vorher je etwas an ihm gelegen hatte, ihn verlassen hatte ... weil er ein Ungeheuer und unmöglich zu lieben war.
Aber Jessica sagte, das sei nicht wahr.
Dain stand vom Tisch auf und ging zum Feuer. Bei seinem Näherkommen schaute Dominick auf. In den emporgewandten argwöhnischen Zügen seines Sohnes erkannte Dain seine eigenen: die schwarzen besorgten Augen ... der verhasste Zinken ... der trotzige Mund. Nein, das Kind war nicht hübsch, wie fantasiereich man auch war. Sein Gesicht war nicht ansprechend und sein Körper ungelenk - dürre Glieder, übergroße Füße und Hände und breite knochige Schultern.
Und er hatte auch kein sonniges Wesen. Ebenso wenig steigerte sein schmutziges Vokabular seinen Reiz. Er war kein hübsches Kind, und er war auch bestimmt kein reizendes.
Er war einfach wie sein Vater.
Und so wie sein Vater brauchte er jemanden - irgendwen-, der ihn akzeptierte. Jemanden, der ihn liebevoll betrachtete und berührte.
Es war nicht viel
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