Gezaehmt im Bett einer Lady
bearbeiten zu lassen. Direkt und ohne Umschweife auf den Punkt zu kommen war jetzt angesagt. Auf den Punkt, für den sie sich entschieden hatte, als sie seinen Gesichtsausdruck bemerkt hatte, nachdem sie ihn ihren bemerkenswerten Fund hatte ansehen lassen.
„Ich überlasse sie Ihnen gerne, Mylord“, erklärte sie.
„Niemand überlässt mir irgendetwas“, antwortete er kühl. „Spielen Sie Ihr Spiel - was auch immer das sein soll - mit jemand anderem. Fünfzehnhundert lautet mein Angebot. Mein einziges Angebot.“
„Wenn Sie Bertie nach Hause schicken, gehört die Ikone Ihnen“, sagte sie. „Wenn nicht, geht sie zu Christie’s , in die Auktion.“
Wenn Jessica Trent verstanden hätte, in welchem Zustand sich Dain befand, hätte sie nach dem ersten Satz aufgehört. Nein, wenn sie ihn wirklich verstanden hätte, wäre sie aufgesprungen und davongelaufen, so schnell und so weit, wie es ihr nur möglich gewesen wäre. Aber sie konnte nicht verstehen, was Lord Dain selbst kaum begriff. Er wollte die sanfte russische Madonna mit ihrem halb lächelnden, halb wehmütigen Gesichtsausdruck und dem mürrisch blickenden Jesukindlein an ihrer Brust haben, wie er noch nie in seinem Leben etwas hatte haben wollen. Als er sie gesehen hatte, hätte er am liebsten geweint, ohne zu wissen warum.
Die Arbeit war erlesen - überragende Kunst und zugleich menschlich und er war schon zuvor von Kunst ergriffen gewesen. Was er im Augenblick empfand, glich nicht im Entferntesten diesen angenehmen Empfindungen. Was er spürte, war das alte Ungeheuer, das in ihm jaulte. Er konnte die Gefühle in sich jetzt nicht besser beschreiben, als er es als achtjähriger Junge gekonnt hatte. Er hatte sich nie die Mühe gemacht, sie zu benennen, sondern sie einfach zurückgedrängt und aus dem Weg geprügelt, immer wieder, bis sie, wie seine Schulkameraden von früher, aufgehört hatten, ihn zu plagen.
Da ihnen nie erlaubt worden war zu reifen, waren diese Gefühle auf dem unterentwickelten kindischen Niveau verharrt. Jetzt, da er sich unerwartet in ihrem Griff wiederfand, konnte Dain nicht vernünftig wie ein Erwachsener damit umgehen. Er konnte sich nicht sagen, dass Bertie Trent ein teuflisches Ärgernis war, das er schon längst seiner Wege hätte schicken sollen. Es kam dem Marquess nicht einmal in den Sinn, dass er sich freuen müsste, weil die Schwester des Nichtsnutzes bereit war, ihn zu bezahlen - oder genauer zu bestechen - und zwar großzügig, damit er das tat.
Alles, was Dain sehen konnte, war ein außerordentlich hübsches kleines Mädchen, das ihn mit einem Spielzeug aufzog, das er unbedingt haben wollte. Er hatte ihr sein größtes und schönstes Spielzeug im Gegenzug angeboten. Aber sie hatte nur gelacht und gedroht, ihr Spielzeug in den Abort zu werfen, bloß um ihn betteln zu sehen.
Viel später würde Lord Dain begreifen, dass dies - oder etwas ähnlich Idiotisches - in seinem Verstand gewütet hatte.
Aber das würde eben erst sehr viel später passieren, wenn es längst zu spät war.
In diesem Augenblick war er innerlich etwa acht Jahre alt und beinahe dreiunddreißig äußerlich. Und zudem war er völlig außer sich.
Er beugte sich zu ihr vor. „Miss Trent, es gibt keine anderen Bedingungen“, erklärte er mit gefährlich leiser Stimme. „Ich zahle Ihnen fünfzehnhundert Pfund und Sie sagen ,einverstanden, und alle sind glücklich und zufrieden.“
„Nein, sind sie nicht.“ Sie reckte trotzig ihr Kinn. „Wenn Sie Bertie nicht heimschicken, gibt es kein Geschäft auf der Erde, das ich mit Ihnen abschließen würde. Sie zerstören sein Leben. Kein Geld auf der Welt wird das wiedergutmachen können. Ich würde Ihnen selbst dann nicht die Ikone verkaufen, wenn ich kurz vor dem Verhungern stünde.“
„Das sagt sich leicht genug, wenn der Magen voll ist“, erwiderte er. Dann zitierte er spöttisch Publilius Syrus auf Latein: „Auf ruhiger See kann ein jeder Steuermann sein. “
In derselben Sprache antwortete sie mit einem Zitat desselben Weisen: „Der gleiche Schuh passt nicht an jeden Fuß.“
Seine Miene verriet durch nichts seine Überraschung. „Es scheint, als hätten Sie Ihre Nase kurz in Publilius gesteckt“, bemerkte er. „Wie überaus seltsam ist es da, dass eine so kluge Frau nicht erkennen kann, was sich genau vor ihrer Nase befindet. Ich bin keine tote Sprache, mit der man herumspielt, Miss Trent. Sie wagen sich gefährlich weit ins tiefe Wasser vor.“
„Weil mein Bruder gerade darin
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