Gezaehmt im Bett einer Lady
Regen, und es war süß, unendlich süß, auch nur einen Moment zu glauben, dass sie in seinen Armen liegen wollte.
Er hatte das in dem Augenblick geglaubt, und er wollte es immer noch glauben, und er hasste sich für das, was er wollte, und er hasste sie dafür, dass sie diese Wünsche in ihm weckte.
Und so biss Lord Dain die Zähne zusammen, richtete sich auf und ging weiter, ertrug es, während er sich sagte, sie würde dafür zahlen. Irgendwann.
Alle taten das. Irgendwann.
6. Kapitel
An dem Nachmittag, der auf Madame Vraisses’ Gesellschaft folgte, zahlte ein unglücklicher Roland Vawtry zweihundert Pfund an Francis Beaumont.
„Ich habe es selbst gesehen“, sagte Vawtry und schüttelte den Kopf. „Vom Fenster aus. Selbst dann hätte ich es nicht geglaubt, wenn es nicht auch alle anderen gesehen hätten. Er lief zur Tür hinaus und ihr über die Straße nach. Vermutlich um ihr Angst zu machen und sie zu verscheuchen. Vermutlich packt sie in diesem Moment ihre Taschen.“
„Sie war gestern bei der Enthüllungszeremonie“, erklärte Beaumont und lächelte. „Kühl und beherrscht und hielt mühelos souverän den Schwarm ihrer hechelnden Verehrer in Schach. Wenn Miss Trent sich wirklich entscheidet zu packen, dann wird es ihre Aussteuertruhe sein. Und die Wäsche wird mit einem D bestickt sein, D für Dain.“
„So ist es aber nicht“, verwahrte Vawtry sich dagegen. „Ich weiß, was geschehen ist. Dain mag keine Störungen. Und er mag auch keine ungebetenen Gäste. Und wenn er etwas nicht mag, dann sorgt er dafür, dass es verschwindet. Oder er zertrümmert es. Wenn sie ein Mann wäre, hätte er sie geschlagen. Da sie das nicht ist, hat er dafür gesorgt, dass sie verschwindet.“
„Dreihundert“, erwiderte Beaumont darauf. „Dreihundert, dass sie vor dem Geburtstag des Königs seine Marchioness ist.“
Vawtry verkniff sich seinerseits ein Lächeln. Was immer Dain mit Miss Jessica Trent anstellte oder nicht anstellte, er würde sie auf keinen Fall heiraten.
Was nicht heißen sollte, dass Dain niemals heiraten würde. Aber das würde nur geschehen, um seiner Familie - den Lebenden, einer Handvoll entfernt verwandter Cousins, sowie den zahlreichen Verstorbenen - noch mehr Scham, Entsetzen und Abscheu zu bereiten. Die Braut würde ohne Zweifel die Mätresse, Witwe oder Tochter eines berüchtigten Verräters oder Mörders sein. Sie würde darüber hinaus eine berühmte Prostituierte sein. Ideal wäre eine halbirische jüdische Mulattin und Bordellbetreiberin, deren letzter Liebhaber wegen Sodomie und des Erwürgens des einzigen legitimen Kindes des Herzogs von Kent, der neunjährigen Alexandrina Victoria, gehängt worden war. Eine Marchioness of Dain, die eine" wohlerzogene Jungfer war und einer vornehmen, wenn auch exzentrischen Familie entstammte, stand nicht zur Debatte.
Dass Dain heiraten sollte - irgendwen - binnen lediglich zweier Monate oder so, lag so weit außerhalb des Möglichen, dass es sich genauso gut in einer anderen Galaxie befinden konnte.
Vawtry nahm die Wette an.
Dies war nicht die einzige Wette, die in Paris in dieser Woche platziert wurde, und nicht die höchste, in der die Namen Dain und Trent miteinander verknüpft waren.
Die Prostituierten, die Miss Trents Auftritt in Dains Empfangssalon miterlebt hatten und dass er ihr danach nachgelaufen war, berichteten allen ihren Freundinnen und Kunden davon. Auch die männlichen Gäste verbreiteten die Geschichte, mit den gewohnten Ausschmückungen und bei jedem, der geneigt war, zuzuhören, und das waren alle.
Und jeder hatte natürlich eine Meinung dazu. Viele untermauerten diese Meinung mit Geld. Binnen einer Woche siedete die Gerüchteküche, und Paris war in ähnlichem Aufruhr wie der Mob in den Arenen des Alten Rom, in ungeduldiger Erwartung des Kampfes auf Leben und Tod seiner beiden bedeutendsten Gladiatoren.
Das Problem bestand darin, die beiden Gegner in dieselbe Arena zu bekommen. Miss Trent bewegte sich in der angesehenen Gesellschaft. Lord Dain durchstreifte die Halbwelt. Sie gingen sich aus dem Weg, was wenig rücksichtsvoll von ihnen war. Und keiner von beiden ließ sich überreden oder verleiten, über den anderen zu sprechen.
Lady Wallingdon, die seit achtzehn Monaten in Paris weilte und den Hauptteil dieser Zeit mit gemischtem Erfolg darauf verwandt hatte, die wichtigste Gastgeberin der Stadt zu werden, erkannte die Gelegenheit und griff sogleich zu.
Kühn setzte sie einen Ball für eben den Abend an, an dem
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