Gezähmt von sanfter Hand
Catriona zukommen zu lassen – dies war die leichteste der ihm noch bevorstehenden Aufgaben. Diesmal erging Richard sich in Details, die er in seiner ersten kurzen Nachricht an Devil ausgelassen hatte; er sah allerdings keine Notwendigkeit, sich allzu ausführlich über seine Empfindungen zu äußern oder über die wahren Gründe, warum er diesen Sprung gewagt hatte. Er war sich ziemlich sicher, dass Devil, der das Joch schon eher auf sich genommen hatte und bereits seit einem Jahr mit den Folgen leben musste, die Lücken, die Richard gelassen hatte, selbst ausfüllen konnte.
Und Honoria, Devils Herzogin, und Helena, Richards Stiefmutter, würden sich den Rest zweifellos ebenfalls denken können.
Richard versiegelte den Brief an Devil, nahm sich einen weiteren Bogen Papier – und verzog das Gesicht zu einer Grimasse.
Eine halbe Stunde lang starrte er unschlüssig auf das weiße Blatt. Am Ende schrieb er einen wohldurchdachten, geschickt strukturierten Bericht, der zwar noch weniger Informationen erhielt als der erste Brief an Devil, dafür aber jene Art von Neuigkeiten, die seine Stiefmutter liebte. Zum Beispiel, dass er das Grab seiner Mutter gefunden hatte. Und eine Beschreibung der Halskette, die ihm diese hinterlassen hatte. Die Tatsache, dass Catriona langes, rotes Haar und grüne Augen hatte. Und dass es am Tag ihrer Trauung geschneit hatte.
Richard schrieb sehr sorgfältig und betete, allerdings ohne große Hoffnung, dass seine Stiefmutter sich damit zufrieden geben würde. Zumindest fürs Erste.
Mit einem Seufzer setzte er schließlich seinen Namen unter den Brief. Er hatte Devil geschrieben, dass sie dieses Jahr nicht den Weihnachtsfeierlichkeiten in Somersham beiwohnen würden. Ohne zu fragen wusste er bereits, dass Catriona lieber hier bleiben würde, und er empfand nach nur einer einzigen Nacht in diesem Haus bereits genauso. Wenn sie ein wenig sesshafter geworden waren, würden sie vielleicht irgendwann einmal in den Süden reisen und die wenigen Tage zusammen verbringen – er, sie und die Kinder.
Diese Vorstellung hielt ihn noch eine ganze Weile gefangen; dann riss er sich schließlich aus seiner Gedankenverlorenheit, versiegelte das Schreiben an Helena und wandte sich dem letzten Brief zu – adressiert an Heathcote Montague, Geschäftsmann und eine Art Faktotum für alle Cynsters.
Dieser Brief war schon mehr nach Richards Geschmack: Entscheidungen fällen, diverse Pläne gegeneinander abwägen und Anweisungen erteilen, die es ihm ermöglichten, seine geschäftlichen Angelegenheiten vom Tal aus zu regeln – dies alles waren tatkräftige Unternehmungen, die ihn in seiner neuen Position bestärkten.
Richard unterzeichnete den Brief mit einer schwungvollen Geste, presste sein Siegel in das geschmolzene Wachs und wedelte schließlich mit dem Blatt, um das Wachs abzukühlen. Anschließend legte er die drei Briefe auf einen Stapel und machte sich auf den Weg, um in Erfahrung zu bringen, wer die Post entgegennahm.
Einen Butler gab es in Casphairn Manor nicht. Der alte McArdle war zwar noch immer der Verwalter, aber nach allem, was Richard bisher gehört hatte, nahm er an, dass Catriona den Löwenanteil der Arbeit selbst erledigte. Henderson, als Faktotum, würde also am ehesten in Frage kommen, die Auslieferung der Briefe und Pakete zu überwachen. Richard ging zum hinteren Teil des Hauses, schaute suchend in verschiedene kleine Arbeitsräume und fand sogar die Teeküche des Butlers – von Henderson jedoch weit und breit keine Spur.
Schließlich entschloss er sich, die ganze Angelegenheit – gemeinsam mit den Briefen – Worboys' tüchtigen Händen zu übergeben. Dann erinnerte er sich, dass Henderson gerade eine Verabredung mit dem Kammerdiener im Hauptschlafzimmer hatte, und er ging umgehend zur Treppe zurück.
Irgendwo im Haus läutete eine Glocke.
Richard befand sich gerade in dem langen Korridor, der zur Eingangshalle führte, als er Schritte über den gefliesten Boden eilen hörte und dann ein lautes Knarren, als die Vordertür geöffnet wurde.
»Guten Morgen, Henderson! Wo ist denn Eure Herrin? Bitte sagt ihr, dass ich sie sofort sprechen muss. Es handelt sich um eine, so fürchte ich, recht ernste Angelegenheit.«
Die Stimme hatte einen herzlichen Klang, jedoch war ein eindringlicher Unterton herauszuhören. Richard verlangsamte seine Schritte und blieb schließlich im Schatten des Türbogens stehen, der an die Eingangshalle grenzte. Von dort aus beobachtete er den großen,
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