Gezähmt von sanfter Hand
ganz anderes.«
Mit einem frustrierten Knurren schleuderte Richard die Bürste beiseite, trat um die Stute herum – und fing Catriona dicht an der Boxenwand ein. Ihren Blick fest auf Richards zornige blaue Augen gerichtet, widerstand Catriona dem drängenden Impuls, zu der in der Nähe stehenden Tränke hinüberzuschielen.
» Sag mir in Zukunft, wohin du gehst. Und verschwinde nicht einfach.«
Standhaft und mit schmal werdenden Lippen erwiderte Catriona Richards wütenden Blick. »Wenn ich dich morgens wecke, um dir zu sagen, wohin ich gehe, dann komme ich dort nicht mehr hin.«
Er blickte sie durchbohrend an, während sie ihn schweigend warnte, dies nicht abzustreiten.
Nachdem ein bedeutungsschwangerer Moment verstrichen war, nickte Richard einmal knapp und trat einen Schritt zurück. »Sag mir einfach am Abend zuvor, was du vorhast.«
Damit packte er Catrionas Ellenbogen und führte sie, wesentlich weniger sanft, als er eigentlich vorgehabt hatte, aus dem Stall hinaus. Gezwungen, im Laufschritt neben ihm herzueilen, starrte Catriona ihn an und versuchte angestrengt, in dem dämmrigen Licht des Stalles seinen Gesichtsausdruck zu entziffern.
»Na schön, in Ordnung«, sagte sie schließlich, als sie an der Stalltür angekommen waren. »Aber wenn ich mich im Kreis aufhalte, brauche ich trotz alledem keinen Schutz.«
Sie traten auf den Hof hinaus; das Morgenlicht fiel auf Richards Gesicht und erhellte seine grimmige Miene. »Darüber muss ich erst noch nachdenken.«
Schweigend führte er sie weiter über den Hof auf das Haupt-haus zu. Seine Anspannung, die auch auf Catriona übersprang, war ihr einfach unbegreiflich.
»Was ist denn bloß mit dir los?« An der Hintertür angekommen, wirbelte sie herum und blickte Richard forschend an. »Ich habe doch schon zugestimmt, dir künftig zu sagen, wohin ich gehe – was also soll das hier noch?« Vorsichtig drückte sie mit einem Finger auf Richards Bizeps, der angespannt und hart wie Stahl war.
Seine Brust schwoll förmlich an. »Das hier«, erwiderte Richard mit leiser Stimme, »bedeutet, dass ich hungrig bin.«
»Na ja, das Frühstück müsste ja auch bald fertig sein …«
» Den Hunger meine ich nicht.«
Catriona blickte Richard in die Augen und erkannte die Wahrheit, die darin schimmerte. »Gütiger Himmel! Aber …« Sie starrte ihn stirnrunzelnd an. »Du kannst doch gar nicht mehr hungrig sein. Was ist denn mit letzter Nacht?«
»Das war letzte Nacht. Und weil du heute einfach verschwunden bist, habe ich meine morgendliche Nascherei nicht bekommen.«
»Morgendliche …?« Catriona spürte, wie sie erbleichte, und hörte den ungläubigen Ton, der in ihrer Stimme mitschwang, als sie gepresst hervorstieß: »Jeden Morgen?«
Richard grinste. »Sagen wir einfach, dass das bis auf weiteres helfen würde. Aber jetzt im Augenblick« – Richard zog die Tür auf und winkte Catriona hinein – »lass uns doch mal sehen, ob ich mich heute nicht mit einem gewöhnlichen Frühstück zufrieden geben kann. Außer natürlich, du möchtest den Tag lieber mit einer kleinen Nascherei beginnen?«
Für einen Moment konnte Catriona Richard nur stumm anstarren, dann funkelte sie ihn giftig an und warf den Kopf in den Nacken – und ignorierte die prickelnden Schauer der Erregung, die über ihren Rücken liefen. »Frühstück«, entschied sie und marschierte ins Haus hinein.
Richard folgte ihr mit steinerner Miene.
Catriona und Richard nahmen ihr Frühstück gemeinsam ein; und während sie sich gegenseitig Teegebäck und Marmelade reichten, Toast aßen und Kaffee einschenkten, ließ die Spannung zwischen ihnen allmählich wieder nach. Von denjenigen, die ihre Mahlzeiten am Haupttisch einzunehmen pflegten, waren sie die Ersten, die sich zum Frühstück eingefunden hatten. Mrs. Broom eilte geschäftig hin und her. McArdle kam erst spät hereingehumpelt. Algaria, die vergleichsweise früh erschien, nahm am entgegengesetzten Ende des Tisches Platz und behielt ihre düsteren Gedanken für sich.
Richard lehnte sich in dem geschnitzten Stuhl zurück, der nun ihm gehörte, nippte müßig an seinem Kaffee und beobachtete, wie seine Ehefrau ihren Tag begann. Algarias anhaltende Missbilligung erstaunte ihn; er hoffte, dass sie sie schließlich überwinden und ihre Heirat doch noch akzeptieren würde, und zwar nicht um seiner selbst, sondern um Catrionas willen. Ihm entging nicht der hoffnungsvolle Blick, den Catriona Algaria zuwarf, und er hörte ihren gedämpften Seufzer, als
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